Daten, Einkauf
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Chinas Behörden verkaufen offenbar persönliche Daten ihrer Bürger

Ist Orwells Dystopie bereits Realität? Chinesische Behörden verkaufen die persönlichen Daten ihrer Bürger zum Spitzenpreis.


Manchmal fühlt sich das Leben in China so an, als sei Orwells Dystopie bereits Realität. Chinesische Behörden bieten Unmengen an persönlichen Daten eines jeden Bürgers der Volksrepublik zum freien Kauf an – zum Spitzenpreis. Darüber berichtete die Washington Post.

Daten der eigenen Bevölkerung werden zu Schleuderpreisen angeboten

Nach einem Bericht der Dienstagausgabe der chinesischen Zeitung Southern Metropolis Daily kann Jedermann persönliche Daten eines jeden Bürgers der Volksrepublik China käuflich erwerben. Und das zu einem erschreckend kleinen Preis. Gegen eine Bezahlung von lediglich 700 Yuan, beziehungsweise 95€, gaben die Behörden riesige Mengen an persönlichen Daten einer Person heraus. Ein solcher Datensatz beinhaltet eine Liste von Hotel-Check-Ins, Fluggastdaten, besuchte Wangbas (chinesische Internetcafés), Überschreiten der Landesgrenze. Dazu kommen Details über etwaige Mietwohnungen beziehungsweise Immobilien, die der Person gehören. Um auf diese Daten zu gelangen, war lediglich die ID-Nummer des Personalausweises nötig.

Data is the new oil

Des Weiteren gelang es den Journalisten, den genauen Aufenthaltsort einer weiteren Person per Smartphone-GPS in Echtzeit zu überwachen oder detaillierte Informationen zu seinen Banktransaktionen, Verkehrsordnungswidrigkeiten und Zugfahrten zu erwerben. Sogar mit wem die Person ihre Zeit im Hotel verbracht hat, wurde dabei ersichtlich. Wer gerne in Besitz solcher Daten kommen möchte, wird fündig bei einer von Hunderten Tracking-Firmen der Volksrepublik. Einige Anbieter mögen veraltete oder unnütze Daten verkaufen, andere haben jedoch Informationen der örtlichen Polizei, der Banken oder sogar Datensätze der Behörden bzw. Regierung im Repertoire.

„Du bist nicht wertvoll genug, um hier mitfliegen zu dürfen!“

geralt via pixabay, Lizenz: Public Domain/gemeinfrei
Die ID-Nummer des Ausweises ermöglicht den Kauf

Wie genau die Tracking-Firmen an die privaten Daten kommen ist derzeit noch unklar. David Bandurski von der Universität Hong Kong geht davon aus, dass entweder Hacker oder, viel erschreckender, die eigenen Behörden die Daten zum Handel anbieten.

Als wäre das nicht genug, schmiedet China an einem der weltweit ambitioniertesten Pläne um in Massen Daten eines jeden Bürgers der Volksrepublik zu erfassen und auf einer Punkteskala nach einem „Sozialem Wert“ zu listen. Die Zeitung npr berichtet, dass Shanghai bereits ihre Version des Punktesystems „Honest Shanghai“ anwende. Eine Handy-App werte binnen 24 Stunden alle erfassten Daten aus und teilte den Anwender in die Kategorien „sehr gut“, „gut“ und „schlecht“ ein. Für ihr Ranking seien bis zu 3.000 Daten von Relevanz, um einen Bürger korrekt einzustufen. Shanghai plane die Datenerhebung weiter zu optimieren, um „guten“ Bürgern günstigere Flugtickets anzubieten. „Schlechte“ Bürger wiederum müssten künftig um ihren Platz im Zug oder Flugzeug bangen. Wer Pech hat, der darf nicht einsteigen.

Kritiker warnen vor Umsetzung von Orwells Zukunftsvisionen

Der Professor für Geisteswissenschaften Zhu Dake der Universität Tongji (Shanghai) warnt vor dystopischen Zuständen. „Es werden Technologien verwendet, um die Visionen aus Orwells 1984 zu erschaffen„. Dake zufolge beginnen die Behörden Menschen nach Ideologien oder Moral zu bewerten. Tatsächlich kümmere das die meisten Bürger scheinbar nicht. Jedoch gingen einige Nutzer der Sozialen Netzwerke davon aus, dass es „definitiv die Regierung“ sei, welche die Daten verkaufe. Andere halten das für unmöglich. Während weitere entsetzt von den mutmaßlichen Praktiken ihrer Behörden sind, verweisen andere Bürger darauf, dass Überwachung in China längst Alltag sei, sich jedoch keiner dafür interessiere.

Tarnkappe.info