Durch erneute Analyse des Quellcodes der beiden Betriebssysteme (CP/M und MS-DOS) soll der Beweis erbracht werden, dass MS-DOS von Microsoft geklaut wurde.
Robert „Bob“ Zeidman, ein US-amerikanischen Elektroingenieur und Erfinder der Software-Forensik regt nun jeden Interessierten erneut dazu an, sich mit einer ausführlichen Analyse des Quellcodes der beiden Betriebssysteme (CP/M und MS-DOS) auf Basis der aktuell vorliegenden Daten anzunehmen. Das Ziel sollte sein, solche Übereinstimmungen zu finden, die den ultimativen Beweis dafür erbringen, dass Microsoft MS-DOS kopiert hat. Als Anreiz wurde ein Preisgeld in Höhe von bis zu 200.000 Dollar ausgesetzt.
Gerüchte, denen zufolge Microsoft bei der Entwicklung von MS-DOS das Betriebssystem CP/M „kopiert“ haben soll, halten sich schon sehr lange – nur was ist dran? Diese Frage hat man nun erneut aufgeworfen.
Wie sehr basiert MS-DOS auf CP/M?
Bereits im Jahre 2012 hat Robert Zeidman mit Hilfe forensischer Werkzeuge zur Software-Analyse versucht, den Code der beiden Betriebssysteme auf Ähnlichkeiten zu prüfen, dabei aber keine konkreten Beweise für das Kopieren von Code finden können. Er verwendete die von ihm entwickelte Software CodeSuite, um den Code von CP/M und MS-DOS anhand von gemeinsamen Merkmalen zu vergleichen. Die Analyse förderte zwar zunächst einige Hinweise auf eine mögliche Übernahme von Code zutage, doch letztlich stellten sich die von Zeidman verfolgten Spuren als hinfällig heraus.
Er selbst meinte dazu, er „landete nicht bei Bill Gates, sondern in einer Sackgasse“. QDOS, das von Microsoft erworbene Betriebssystem, aus dem später MS-DOS hervorging, sei „absolut nicht“ von CP/M kopiert worden, so die Schlussfolgerung. Auch MS-DOS selbst weise keinerlei Anzeichen für das Kopieren von Code auf. Aufgrund seiner damaligen Analyse geht Zeidman deshalb davon aus, dass die Vorwürfe von Gary Kildall haltlos sind. Kildall hatte sein Leben lang behauptet, Microsoft-Gründer Gates habe mit QDOS gestohlenen Code erworben und zu MS-DOS weiterentwickelt.
Da aber Zeidman allerdings auf mindestens 22 sogenannte System Calls stieß, also Kommandos, mit denen eine bestimmte Aktion ausgelöst wird, die sowohl bei CP/M, als auch bei MS-DOS die gleiche Nummer tragen und die gleiche Aufgabe übernehmen, gibt nun doch Anlass für die Vermutung, dass CP/M-Erfinder Gary Kildall durchaus die Möglichkeit hätte haben können, rechtlich gegen Microsoft vorzugehen, weil das Unternehmen sich möglicherweise doch bei seinem Produkt bedient hat.
Letzte Zweifel
Es blieben also noch letzte Zweifel übrig, die nun ultimativ durch Auswertung völlig neuen Materials aus der Welt geräumt werden soll, denn Microsoft hat dem amerikanischen Computer History Museum bisher nicht verfügbaren Code von MS-DOS übergeben. Das Museum hat es außerdem geschafft, eine komplettere Version des Quellcodes von CP/M aufzutreiben.
Zeidman hat nun auch diese beiden neuen Code-Pakete abermals auf Belege für ein aktives Kopieren durch Microsoft untersucht, konnte aber einmal mehr keine direkten Beweise finden.
Nun hat Zeidman unter Aussetzung eines Preisgeldes die Öffentlichkeit dazu aufgerufen, sich an der Aufklärung des Rätsels zu beteiligen. Es sollen dabei die „üblichen forensischen Techniken“ angewendet werden, um ein Kopieren durch Microsoft nachzuweisen. Bei Erfolg werden 100.000 Dollar ausgezahlt an denjenigen, der beweisen kann, dass tatsächlich Code kopiert wurde.
Weitere 100.000 Dollar will man vergebena, sobald jemand in der Lage ist, ein seit Jahren durch die Gerüchteküche geisterndes geheimes Kommando zu finden, mit dem sich MS-DOS dazu bringen lässt, einen Urheberrechtshinweis im Namen von CP/M-Erfinder Gary Kildall auszuspucken. Damit wäre dann praktisch ultimativ bewiesen, dass Microsoft „den Kern“ von MS-DOS tatsächlich einfach kopiert hätte. Auf Neuigkeiten darf man also durchaus gespannt sein…
Der geschichtliche Hintergrund:
Mitte der 1970er waren Heimcomputer noch sehr abenteuerlich und nur etwas für experimentierfreudige Anwender. Wir befinden uns in der 8-Bit Welt von CPUs wie dem Intel 8080. Der Altair 8800 besaß zum Beispiel weder Tastatur noch Bildschirm und es gab dafür auch keine weitere Software. Software haben die Anwender meist selbst geschrieben. Programmiersprachen hatten daher einen hohen Stellenwert, insbesondere wenn diese auf vielen Plattformen verfügbar waren.
Basic war eine dieser Sprachen. Microsoft übertrug es auf zahlreiche Systeme. Es erschien auch eine Version für den Altair, die Diskettenlaufwerke ansprechen konnte. Der Altair selbst besaß kein Betriebssystem. Also brachte Basic eigene Routinen mit, insbesondere für die Datenträgerverwaltung. Das Dateisystem FAT (File Allocation Table) war geboren.
Für komplexere Anwendungen und andere Sprachen war aber der Weg über Basic schlecht nutzbar. Der Speicher war knapp und um das Rad nicht jedes Mal neu zu erfinden, war die Zeit reif dafür, ein Betriebssystem zu entwickeln. Der Marktführer wurde dabei CP/M (Control Program/Monitor), das von Gary Kildall geschrieben und von seiner Firma Digital Research vertrieben wurde. Bei Microsoft hat man an einem eigenen System namens M-DOS gebastelt, das allerdings durch zu viele Features zu viel Speicher benötigte (30 KB von 64 KB). Deswegen wurde es nie ein offizielles Produkt.
Wer hat es wirklich entwickelt?
Tim Paterson, ein US-amerikanischer Unternehmer und Programmierer, lernte auf einer Messe von Microsoft im Jahre 1978 M-DOS und die Dateiverwaltung FAT kennen. Als im April 1980 CP/M immer noch nicht verfügbar war, begann er, ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln. Dieses sollte eine gewisse Kompatibilität zu CP/M aufweisen, aber FAT verwenden sollte. Das alte System von CP/M machte den Umgang mit „großen“ Dateien sehr umständlich. Intern hat man das Produkt QDOS (Quick and Dirty Operating System) genannt. Nach vier Monaten war es fertig und in 86-DOS umbenannt. Im Jahre 1981 erwarb Microsoft für einen Pauschalbetrag von 50.000 US-Dollar die exklusiven Rechte an QDOS. Und so wurde das Betriebssystem als MS-DOS weltbekannt.
MS-DOS, kurz für Microsoft Disk Operating System, ist also Microsofts erstes Betriebssystem für x86-PCs und das Referenzsystem für PC-kompatible DOS-Betriebssysteme. Das von IBM für den IBM-PC vertriebene PC DOS entspricht bis Version 6 dem MS-DOS in derselben Version. Es wurde ursprünglich für den Intel-Prozessor 8086/8088 entwickelt. Es war in den späten 1980er und frühen 1990er-Jahren das dominierende Betriebssystem für Einzelplatzrechner.
MS-DOS, das man immer wieder erweitert hat (u. a. durch grafische Benutzeroberflächen), für zeitkritische Anwendungen, Startmedien (Boot-Disketten) oder für Anwendungen, die direkten Zugriff auf die Hardware erfordern, setzt man nun vor allem in Embedded Systems ein.
Fazit
Für Microsoft waren der Kauf von QDOS und die folgende Lizenzierung des daraus hervorgegangenen MS-DOS an den damaligen Marktführer im PC-Geschäft IBM die wohl wichtigste Entscheidung in der Firmengeschichte. Der Softwarekonzern schuf in der Zusammenarbeit mit IBM die Voraussetzungen für Milliarden-Einnahmen. Und letztlich auch für seine führende Position im Bereich der PC-Betriebssysteme in der heutigen Zeit.
Gary Kildall gilt als eine der tragischsten Figuren der Computergeschichte. Er starb schon 1994 im Alter von nur 52 Jahren unter fragwürdigen Umständen. Er schuf mit CP/M das erste Betriebssystem für frühe Personal Computer (PC), konnte damit aber nie zu anhaltendem Wohlstand gelangen. Seit vielen Jahren ranken sich allerhand Geschichten um die Umstände, unter denen Bill Gates und Microsoft Kildall um seine größte Chance betrogen haben sollen.
Bildquelle: OpenIcons, Jacob Farnsworth, Brian R. Lueck, thx! (CC0 Public Domain)
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