BGH entscheidet – Kein Beweisverwertungsverbot bei einer Auskunft zum Filesharing und erweitert somit den Wirkungsbereich einer Richtergenehmigung.
Bei Verstößen gegen das Urheberrecht, wie dem illegalen Tausch von Musik, Filmen, Software oder E-Books über Tauschbörsen, müssen die Netzbetreiber die Nutzerdaten bzgl. der IP-Adresse herausgeben, wenn eine Richtergenehmigung vorliegt. Der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs erweiterte am Donnerstag in einem Urteil den Wirkungsbereich dieser Richtergenehmigungen auch auf Reseller, dem Nutzer einer Netzinfrastruktur als Wiederverkäufer. Bislang musste man in solchen Fällen eine weitere Richtergenehmigung beantragen. Inhalt der Klage war das Beweisverwertungsverbot.
Dead Island-Urteil – BGH gegen Beweisverwertungsverbot
Der Beklagten wurde zur Last gelegt, sie hätte in einer Internet-Tauschbörse das Computerspiel „Dead Island“ zum Herunterladen angeboten. Die Koch Media GmbH, vertreten durch die Abmahnkanzlei Reichelt Klute Assmann (RKA), machte ihre Rechte geltend, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel zu sein. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Abmahnkosten (859,80 €) und Schadensersatz (500 €). Der Auskunftsanspruch richtete sich gegen die Deutsche Telekom AG, ihr Provider jedoch war die „X AG“.
X AG statt Deutsche Telekom
Nach der Identifikation der IP-Adresse hatte ein Richter die Forderung auf Herausgabe der Nutzerdaten vom Netzbetreiber genehmigt. Dieser war allerdings die Deutsche Telekom, von welcher die „X AG“ die Netzinfrastruktur als Wiederverkäufer nutzt. Die „X AG“ hatte zwar auf Nachfrage der Telekom die Nutzerdaten der Frau herausgegeben. Name und Anschrift hatte man als Beweismittel in vorherigen Instanzen jedoch nicht anerkann. Die Richtergenehmigung bezog sich auf die Telekom als Netzbetreiber. Die vom Provider, der „X AG“, erteilten Auskünfte sollten einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Somit hätte man nicht feststellen können, ob das Computerspiel „Dead Island“ zum Herunterladen über den Anschluss der Beklagten erfolgt sei.
„Seien Netzbetreiber (Deutsche Telekom AG) und Endkundenanbieter (Provider „X AG“) nicht identisch, so müsse der als Vertragspartner des Anschlussinhabers in Erscheinung tretende Endkundenanbieter („X AG“) beteiligt werden“, so urteilte das Landgericht (LG) Frankenthal (Az. 6 S 149/15). Weil man die Auskunft der „X AG“ nicht gestattet hat, könne man ihre Auskünfte auch nicht verwerten, hieß es.
Urheberrechtsverletzung konnte Kläger nicht nachweisen
Bisher hat man also nach geltendem Recht geurteilt, dass bei einer solchen Konstellation Name und Adresse des jeweils Betroffenen überhaupt nicht hätten herausgegeben werden dürfen. Diese Daten unterlagen einem Beweisverwertungsverbot. Dieser Umstand macht ees dem Rechteinhaber unmöglich, eine Urheberrechtsverletzung überhaupt nachzuweisen.
Der BGH urteilte nun jedoch grundsätzlich anders, indem er ausführte, dass bei diesen Gegebenheiten kein Beweisverwertungsverbot bestehe. Somit wären die von Provider „X AG“ mitgeteilten Nutzerdaten auch als Beweismittel zulässig. Man begründete das damit, dass es sich dabei nicht um Internet-Verkehrsdaten wie IP-Adresse, Tag und Uhrzeit handelte, sondern um Bestandsdaten. Also um den Namen und die Adresse des Kunden. Hierzu ist kein weiterer Auskunftsanspruch notwendig, ein richterlicher Beschluss gemäß § 109 Abs. 9 Satz 1 UrhG wäre lediglich für Verkehrsdaten erforderlich.
Für diesen Fall bedeutet das, dass man aufgrund der neuen Beweislage eine weitere Verhandlung anberaumen wird. In dieser ist eine rechtskräftige Verurteilung der Beklagten sehr wahrscheinlich, da die Beweismittel ja bereits vorliegen und jetzt auch verwertet werden dürfen.
Fazit
Weil die Kanzleien nun die herausgegeben Kundendaten als Bestandsdaten verwerten dürfen, weil kein Beweisverwertungsverbot mehr besteht, erhöht das Risiko für Filesharer. Während sich einige Piraten vorher noch hinter Netzkunden der Deutschen Telekom verstecken konnten, ist seit diesem Urteil eine einmalig ausgestellte Richtergenehmigung automatisch auch für diese gültig. Somit sind die Auskünfte auch als Beweismittel zulässig.
Bildquelle: geralt, thx! (CC0 Public Domain)
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