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Warum ist TorBoox wirklich offline? It’s all about money!

Warum wurde das illegale Download-Portal für E-Books vom Netz genommen? Das mit TorBoox verdiente Geld sorgte zunehmend für Misstrauen.

Wir kommen dem Kern der Wahrheit immer näher. Taten Szenemitglieder in den 90er Jahren so, als wenn die Polizei bei ihnen zu Besuch war, so gibt man heute vor, dass man gehackt wurde. In Wahrheit musste TorBoox (TB) aus Sicherheitsgründen offline gehen. Dabei ist eine Geschichte immer dann am besten, wenn sie niemand überprüfen kann.

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Wie wollen Außenstehende nachvollziehen, ob einem Fremden wirklich ein Hack gelungen ist? Gar nicht, deswegen bietet sich diese Story ja auch geradezu an. Das angebliche Rätsel, welches der/die Hacker hinterlassen haben, war ebenso merkwürdig. Woher wusste der ehemalige TorBoox-Sprecher SpiegelBest, was der erste Teil der verschlüsselten Nachricht bedeuten soll? Und wieso veröffentlicht er wenige Tage nach der Tat der Real Warez Alliance einen Blogbeitrag mit dem Titel „Es ist Märchenzeit„? Der fingierte Name Real Warez Alliance spricht zumindest dafür, dass jemand dem nahezu uneingeschränkten Geld verdienen einen Riegel vorschieben wollte. Ich gehe davon aus, dass es einer der Betreiber selbst war.

Sind 10 Euro für 3 Monate ohne Downloadlimit Abzocke?

Johannes Haupt von lesen.net behauptet, es habe die große Abzocke gegeben. Doch abgezockt wurden vor allem die Verlage und die Autoren. Wenn all you can read für 3,33 Euro monatlich Abzocke sein soll, wie würde Herr Haupt dann den regulären Preis von E-Books bezeichnen? Wenn die Abonnenten nur ein einziges Buch darüber bezogen haben, hat sie der illegale Spaß schon weniger gekostet, als der legale Bezug des Werkes. Nun, Herr Haupt!? Natürlich hätte man die alten Abos fairerweise auslaufen können, dann hätte kein Abonnent weitere Paysafekarten gekauft. Doch machen wir uns bitte nichts vor. Wer auch immer Piraten Geld gibt, sollte wissen, dass es plötzlich ohne Gegenleistung verschwinden kann. Das war schon in den 80er Jahren so, als C64-Spiele über Postlagerkarten oder in den 90ern SNES-Games verkauft wurden, das ist auch heute nicht anders.

It’s all about money!

RWA-real-warez-allianceDoch gehen wir Schritt für Schritt vor. Im Oktober 2013 hat sich das System stark kommerzialisiert. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, weil das Portal im medialen Interesse angekommen war. Bei so vielen Downloadern und so wenigen Spendern konnte der Betrieb nicht weiter aufrecht erhalten werden. Das zumindest war schlüssig. Als dann das große Geld verdient wurde, bekam der ehemalige Torboox-Sprecher im Anbetracht der möglichen Strafe kalte Füße und sprang ab. Sicher auch, weil er zusehen musste, wie nahezu alle Einnahmen in Bitcoin-Wallets umgemünzt wurden. Die Paywall hat man kurz vor Weihnachten zur Abziehwall umfunktioniert. Hätte SB sich nicht vorher verabschiedet, wäre er jetzt einer der Verantwortlichen dieses Deals. Manchmal sollte man eben nicht warten, bis das selbst versenkte Schiff untergeht und die Steuermänner die Beiboote samt Beute bestiegen haben.

Hacker_by_Hashakgig1106Seinen Job Aufmerksamkeit zu generieren hatte SpiegelBest eh schon erledigt, von daher wurden die restlichen Tätigkeiten einfach auf die beiden verbliebenen Betreiber aufgeteilt. Doch damit musste man die Einnahmen auch nur noch durch zwei teilen. Ich kenne die Personen nicht und weiß nicht, ob sie einander vertraut haben. Doch das dürfte bei der Summe an monatlichen Einnahmen der Knackpunkt sein. Der Paysafecard-Exchanger hat 40% der Einnahmen für sich behalten. Es war auf jeden Fall so viel, dass die Summe für das Misstrauen untereinander sorgen konnte.

Wenn anfangs vom TorBoox-Team rund 60.000 Euro in Bitcoins angelegt wurden, wurde nach den Kurssprüngen ein Vielfaches daraus. Wer seine Bitcoins zum rechten Zeitpunkt verkauft hat, konnte über 350.000 Euro absahnen. Doch da auch Bitcoins beim Transfer auf eigene Girokonten Spuren hinterlassen, hätte man das Geld wahrscheinlich am ehesten in neue Projekte investiert. Das zumindest wäre sicherer gewesen. Das Geld auszugeben ist gefährlich, weil man die Herkunft ermitteln kann. Auch Bitcoins hinterlassen eindeutige Spuren.

Torboox-logo

Der Rest ist Geschichte. So auch die dauerhafte Ankündigung der Wartungsarbeiten. Um es abzukürzen: Man war sich nicht mehr grün, das Vertrauen war weg, das Projekt musste irgendwie sauber eingestellt werden. Als in den 90er Jahren der erste Original-Supplier von TRSI von Rushware mittels einer Prüfsumme im PC-Spiel überführt wurde, ging die Angst um. Doch statt das zuzugeben, bot es sich an, lieber innerhalb der Szene eine Textdatei zu veröffentlichen und anzukündigen, die „Grünen“ hätten angeblich alles mitgenommen. Auch das konnte niemand überprüfen. Damals kannten wir uns alle persönlich, wussten jedermanns Telefonnummer und echten Namen.

Das hat sich spätestens zur Jahrtausendwende geändert, als alle Aktiven nach den weltweit koordinierten FBI-Durchsuchungen von ftp-Siteops (Operation Fastlink etc.) unter kryptisch klingenden Pseudonymen verschlüsselt kommunizierten. Ob das Plugin Blowfish für mIRC beziehungsweise xchat noch immer die erste Wahl für Raubkopierer ist, weiß ich nicht, wahrscheinlich wird häufiger ein VPN oder Proxy in Anspruch genommen. Doch durch Fastlink und andere FBI-Aktionen bot es sich an, niemandem mehr die eigene Identität preiszugeben.

TorBoox ist offline

Und das, weil Geld plötzlich eine zu große Rolle einnahm. Ob Du einen Nachfolger von kino.to, einen Sharehoster oder sonst eine Seite betreiben willst, ist egal. Es spielt keine Rolle ob Du ihre Namen kennst. Doch stets brauchst Du Menschen, denen Du voll und ganz vertrauen kannst. Wenn das Vertrauen fort ist, ist es aus. Ganz einfach. Es obliegt mir nicht zu beurteilen, ob man daraus so eine Show machen musste. Vielleicht hat ja der eine Betreiber den anderen gehackt. Wer weiß, vielleicht wusste er dann, wer der andere war und setzte ihn damit unter Druck. “Heisst Du etwa Rumpelstilzchen?” Doch wer die Geschichte vom überraschenden Hack erzählt, erzählt ein Märchen. Doch die haben ja bekanntlich auch ihren Charme…

TorBoox Ex-Moderator Thommyffm vermerkte dazu sehr passend im Diaspora Stream:

„(Es) …. gingen alle Lichter aus! Der absolute Super-GAU! Schweißausbrüche,Panik und null Kommunikation mehr. Gerüchte, Mutmaßungen, Beschuldigungen kamen und gingen. Es gab Streit….bösen Streit und Erpressung! Neustart wurde versucht und verhindert und das Licht aus Selbstschutz ganz ausgemacht!

ENDE :(„

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.