Unter dem Radar: Der satirische Monatsrückblick (Mai/2018)

Unter dem Radar: Der satirische Monatsrückblick (Mai/2018)

Der satirische Monatsrückblick von Annika Kremer im Mai 2018. Diesmal über Gesichtserkennung, Whistleblower und vieles mehr.

Was fällt euch ein, wenn ihr an den Mai denkt? Wahrscheinlich, wie den meisten Leuten, lange Wochenenden, Sonne, Unternehmungen im Freien und Romantik. Wären doch nur alle Leute so. Leider sind einige unserer Entscheider deutlich anders. Ihre Denkweise: „Endlich Mai, Zeit, wieder so richtig die Sau rauszulassen!“ Glaubt ihr nicht? Seht selbst – im Monatsrückblick.

Monatsrückblick Mai 2018 – Gehe nicht über Los

Procrastination - it's exhausting
Procrastination – it’s exhausting, by ffalumni@Flickr unter CC-BY-ND

Manchmal will man bestimmte unangenehme Dinge – etwa Hausaufgaben, Klassenarbeiten oder später die Steuererklärung – so unbedingt vermeiden, dass man beim Ausweichen und Prokrastinieren so richtig kreativ wird. Mitunter ist das sogar eine gute Sache. Wahrscheinlich säße die Menschheit ohne Faulheit und den Versuch, unangenehmes aufzuschieben, noch auf Bäumen und würde sich mit Bananen bewerfen, denn häufig ist die Faulheit der Motor des Erfindungsreichtums und der Innovation.

Mitunter allerdings kann dergleichen auch übel nach hinten losgehen. Richtig schlimm wird das, wenn das Schicksal in geradezu mythologischer Gewalt zuschlägt – wir alle kennen ja die Sagen und Märchen, in denen der Versuch, einen Fluch oder eine Prophezeihung zu umgehen, letztendlich zu deren Erfüllung führte – und genau die Sache heraufbeschwört, gegen die man eigentlich mit aller Mühe vorgehen wollte. Ein solches Schicksal traf jüngst einen Mann aus dem US-Bundesstaat Michigan. Der hackte im vergangenen Jahr ein Gefängnis, um den Insassen zur Flucht zu verhelfen. Leider ließ er sich dabei erwischen. Das Ende vom Lied? Er darf jetzt selbst die Gastfreundlichkeit des Justizvollzugs genießen. So hatte er sich das wohl nicht vorgestellt.

Der große Bruder ist manchmal nicht der Hellste

Kommen wir von einem Fall, in dem Inkompetenz zum schlechtestmöglichen Ausgang führte, zu einem, in dem wir für die Unfähigkeit der maßgeblich Beteiligten eher dankbar sind. Eine der beunruhigendsten gesellschaftlichen Tendenzen der letzten beiden Jahrzehnte in Europa ist die Tendenz zu immer Überwachung. Kaum etwas aus unserem privaten Leben soll nach dem Willen der Mächtigen noch privat bleiben. Das hatten wir schon häufiger in der Glosse, sagt ihr? Stimmt, doch bitte noch abwarten!

Da ist es kein Wunder, dass viele tapfere Aktivistinnen und Aktivisten gegen diese problematischen Bemühungen zu Felde ziehen. Mitunter allerdings bekommen sie dabei unerwartete Hilfe – nämlich von den Überwachern selbst, die, in bester Slapstick-Manier, einfach über die eigenen Füße stolpern.

Jüngstes Beispiel dafür. Eine Auswertung diverser Tests automatischer Gesichtserkennungssysteme der Waliser Polizei. Bei diesen soll die Software in Menschenmengen bis zu 92% der Personen falsch identifiziert haben. 92% Fehlerquote – das muss man sich einmal vorstellen! In unserem oben genannten Klassenarbeits-Beispiel könnten mit dieser Menge an falschen Antworten je nach Strenge des Lehrers glatt zwei Schüler durchfallen. Anscheinend wird es mit der beängstigend effizienten Totalüberwachung doch noch ein bisschen dauern – zumindest, bis die Fehlerquote der Überwachungs-Software bei unter neun von zehn liegt.

Pfeifenbläserschutzgesetz

Unverzichtbar im Kampf gegen Überwachung wie gegen andere gesellschaftliche Übel sind zweifellos Whistleblower. Obwohl wir für diese Heldinnen und Helden noch weder eine vernünftige deutsche Bezeichnung noch entsprechende Schutzmaßnahmen haben, setzen sie immer wieder ihre eigene Bequemlichkeit und Sicherheit auf’s Spiel, um Missstände aufzudecken. Um so begrüßenswerter und wichtiger ist das neueste Vorhaben der EU-Kommissarin für Justiz und Verbraucherschutz, Vera Jourová. Jourová wirbt derzeit für EU-weite verbesserte Maßnahmen zum Whistleblower-Schutz. Drücken wir ihr die Daumen und hoffen wir, dass hier der Mai tatsächlich mal etwas neu macht.

Peinliches aus dem Netzwerk

Manchmal hat man auch ohne Monatsrückblick einfach einen richtig schlechten Tag. Das kennt wohl jeder. Nicht immer allerdings endet dies in solcher Peinlichkeit wie jüngst für das Netzwerktechnologie-Unternehmen Cisco Systems. Nicht weniger als drei ernsthafte Sicherheitslücken musste das Unternehmen seinen Kunden kürzlich beichten und zur dringenden Behebung mittels Software-Patch nahelegen.

Noch befinden wir uns im Bereich eines durchschnittlichen Microsoft-Patchdays. Die Art einer der gefundenen Lücken allerdings lässt selbst die in Sicherheitsdingen notorisch überforderten Unternehmer aus Redmont wie Zero Cool persönlich wirken. Es stellte sich nämlich heraus, dass in der Router-Software kurzerhand ein Standard-Passwort übersehen worden war, über das Angreifer dann Zugriff erlangen konnten. Wie es früher in der Bravo hieß: Nicht so wild, Tüte über den Kopf und weiter geht’s…

Monatsrückblick Mai – Der Segen der Normalität

Mit diesem Kabinett der Fehlentscheidungen, Kuriositäten und Peinlichkeiten entlassen wir euch in den sommerlichen Juni. Macht es gut und denkt daran. Kaum ein Tag ist so schlecht wie jüngst der der Cisco-Entwickler – oder der Waliser Überwacher. So spektakulär können wir Normalsterblichen uns zum Glück gar nicht blamieren. In diesem Sinne – bleibt gesund und viel Spaß im Netz, bis zum nächsten Monatsrückblick!

Eure Annika Kremer.

Tarnkappe.info