E-Book Piraterie, spiegelbest
E-Book Piraterie, spiegelbest

Rezension: E-Book-Piraterie im deutsch- und englischsprachigen Raum

Rezension des Sachbuches "E-Book-Piraterie im deutsch und englischsprachigen Raum" von Melina Tsiamos. Lohnt sich der Kauf?

Sachbücher über E-Book-Piraterie sind die absolute Ausnahme. Von daher ist es wenig überraschend, dass Autorin Melina Tsiamos ihr Sachbuch beim weniger bekannten Wiener Verlag danzig & unfried veröffentlicht hat. Wir haben uns den Titel aus dem Jahr 2014 näher angeschaut. Lohnt sich der Kauf?

Rezension E-Book-Piraterie im deutsch- und englischsprachigen Raum

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels beobachtet die deutschen Verkaufszahlen für E-Books und bringt vierteljährlich einen neuen Quartalsbericht heraus. Das Ergebnis ihrer Beobachtungen ist immer wieder ernüchternd. Im Vergleich zum gedruckten Buch dümpelt der Markt für digitale Werke seit jeher vor sich hin. Obwohl beinahe jeder Deutsche ein tragbares Gerät in Form eines Smartphones mit sich herumträgt, mit dem man E-Books lesen könnte, will der Durchbruch einfach nicht gelingen.

Melina Tsiamos hat einige Faktoren für den fehlenden Erfolg von E-Books in ihrem Buch E-Book-Piraterie im deutsch- und englischsprachigen Raum zusammengetragen. So mangelt es beispielsweise an der Verfügbarkeit digitaler Werke. Es wurden viele ältere Bücher nicht nachträglich als E-Book veröffentlicht, sie gibt es nur als gedrucktes Werk.

E-Books: der Preis ist heiß?

Zwar gibt es hierzulande ausreichend viele Online-Shops. Tsiamos beklagt allerdings deren mangelnde Usability. Wenn der Kaufvorgang zu kompliziert ist, springen viele potenzielle Konsumenten ab, statt diesen abzuschließen. Ein springender Punkt ist auch die Preisgestaltung. Während der Wettkampf der Anbieter in den USA den Preis gedrückt hat, wurde dieser hierzulande künstlich hoch gehalten. Für manche Verleger und Autoren mag dies von Vorteil sein, für die Käufer nicht. Man greift lieber zu Angeboten der E-Book-Piraterie.

Auch der Wegfall des Kostenapparates für Transport, Druck und Lagerung wirkt sich nicht sonderlich stark auf die Preisgestaltung für E-Books aus. Während beispielsweise das Paperback des Verkaufsschlagers „Darker“, der Fortsetzung von „Fifty Stades of Grey“, ab dem 8.12. für knapp 15 Euro angeboten wird, soll das E-Book fast 13 und das Hörbuch beinahe 16 Euro kosten. Und das ist keine Ausnahme, E-Books kosten im Schnitt drei Viertel des Preises der gedruckten Ware. Diese Preisgestaltung kann und will kaum jemand mitmachen.

Denn dazu kommen weitere Hürden, die die Verlage aufgestellt haben. Laut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der meisten Online-Shops dürfen E-Books weder gebraucht verkauft, kommerziell genutzt oder gefahrlos verliehen werden. Sollte meine Kopie, die für ein Familienmitglied oder Freund angefertigt wurde, bei einer P2P-Tauschbörse landen, kann ich aufgrund des digitalen Wasserzeichens für die illegale Verbreitung zivil- und strafrechtlich in Haftung genommen werden. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat zwar versucht, juristisch gegen derartige Klauseln vorzugehen.

Er ist dabei allerdings komplett gescheitert. Andere Online-Händler, wie Amazon, benutzen einen derart harten Kopierschutz, damit Laien überhaupt keine Chance haben, physisch an die gekaufte Datei zu gelangen. Zwar kaufe ich das Recht, auf einem der Kindle-Reader das Buch lesen zu dürfen. Viel mehr kann und darf ich aber als Käufer nicht tun. Leider schlägt sich das nicht mindernd auf den Verkaufspreis aus, wohl aber auf die Umsatzzahlen.

Keine hohen Umsatzzahlen, kein Durchbruch

Und so warten die elektronischen Bücher in Deutschland noch immer auf ihren Durchbruch. An guten E-Book-Readern, Tablet-PCs oder Smartphones, mit denen die Werke komfortabel konsumiert werden könnten, mangelt es nicht. Doch die Hardware hat den Umsatz der E-Books nie wirklich ankurbeln können. Kein Wunder also, wenn Hersteller, wie Sony, ihre Sparte für E-Book-Reader schon wieder eingestellt haben. Die PRS-Modelle kann man zwar nach wie vor gebraucht kaufen, neue Reader von Sony wird es für den Heimgebrauch aber keine mehr geben. Und das, obwohl das japanische Unternehmen in Deutschland in Sachen E-Book-Reader eine Vorreiterrolle eingenommen hatte.

Guter Überblick fürs Geld

€ 27,90 für das Paperback sind absolut marktüblich, aber trotzdem eine Menge Geld für das vergleichsweise dünne Buch. Melina Tsiamos fasst dennoch auf 119 Seiten (die ganzen Anhänge abgerechnet) viel Wissenswertes zum Thema E-Book-Piraterie zusammen. Sie vergleicht die Urheberrechtsproblematik der Verlage häufig mit der der Musikwirtschaft und den Filmstudios. Auch Vergleiche mit ausländischen Märkten, wo vieles anders läuft, fehlen nicht. Von daher erhält man für sein Geld einen guten Überblick. Melina Tsiamos hat im Vorfeld recht tief recherchiert, ihre Aussagen werden mit zahlreichen Verweisen zu weiterführender Literatur oder Links zu Artikeln belegt.

Fazit

Wer eine kritische und leicht verständliche Betrachtung sucht, wird hier gut bedient. Was fehlt, ist eine Analyse, wie die Angebote der Online-Piraten im Detail aufgestellt sind. In diesem Punkt unterscheidet Tsiamos lediglich zwischen P2P-Indexern und illegalen Anbietern, die ihre Besucher auf Sharehoster leiten, um dort den eigentlichen Download durchführen zu lassen. Da hätte man weit tiefer in die Materie eintauchen können und müssen. Wo bitte ist das Usenet, die Releaser-Szene, die ganzen Börsen, Schattenbiliotheken oder die LuLs, die das geistige Eigentum Dritter in bare Münze verwandelt haben!?

Neuauflage wäre sinnvoll

Eine Neuauflage dieses Sachbuches über E-Book-Piraterie wäre sinnvoll, weil manche Fakten mittlerweile überholt sind. Doch wir dürfen nicht vergessen: E-Books fristen seit jeher ein Nischendasein. Somit ist fraglich, ob sich bei der wahrscheinlich eher geringen Nachfrage für den Verlag danzig & unfried die Überarbeitung der Inhalte und der Druck einer neuen Auflage rentieren würde. Es ist auf jeden Fall befriedigend zu sehen, dass man für den mangelnden Durchbruch der E-Books nicht alleine die bösen Piraten, sondern auch die Strategie der Verlage und ihres Dachverbandes verantwortlich macht. Wen wir neugierig machen konnten, weitere Infos zu diesem Buch sind hier verfügbar.

E-Book-Piraterie im deutsch und englischsprachigen Raum
Cover von E-Book-Piraterie

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.