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Internet-Konzerne & NGOs: tricksen, tarnen, täuschen

Was hat es mit der Transparenz einiger Internet-Konzerne auf sich? Wo gibt es Zusammenhänge zwischen NGOs & Unternehmen? Wir klären auf.

Es ist kaum ein Zufall, dass seit einiger Zeit behauptet wird, dass das Internet kaputt ist. Was haben die Internet-Konzerne damit zu tun? Von den alten Idealen der Anfangszeit ist offensichtlich nicht mehr viel übrig. Was hat es mit der häufig beschworenen Transparenz einiger Digitalkonzerne auf sich? Wo gibt es Zusammenhänge zwischen NGOs und Unternehmen? Wer arbeitet für wen, wer lässt sich von wem bezahlen? Wir lüften den Vorhang ein Stück weit, um unseren Lesern ein paar interessante Einblicke zu gewähren.

Internet-Konzerne: Gelebte Transparenz von Facebook?

Internet-Konzerne wie Facebook lassen aufhorchen. Kaum wurde mit dem britischen ehemaligen Vizepremierminister Nick Clegg ein neuer Head of Global Affairs vorgestellt, da folgten die ersten interessanten Aussagen des neuen Facebook Managers. Regulierung sei eigentlich gar nicht so schlecht, sagte Clegg der Financial Times. Als ehemaliges ranghoher Regierungsmitglied kann er sich das vermutlich besser vorstellen, weil er es einfach aus seiner Arbeit kennt.

Eine weitere Aussage machte machte Sir Nick Clegg zum Thema Kampagnen. Immer noch im Licht der möglichen Beeinflussung von Wahlen durch Facebook-Werbung versprach Clegg, dass man zukünftig Kampagnen deutlich gekennzeichnen muss mit beispielsweise dem Hinweis „Paid By“.

Facebook kommt hier der EU etwas zuvor, die momentan große Anstrengungen unternimmt, etwas gegen Desinformation zu tun. Vor allem in Hinblick auf die EU-Wahl im Mai 2019. Dazu gehört, dass Brüssel monatliche Updates von Internet-Konzerne wie Google oder Facebook einfordert, in denen diese darstellen müssen, was sie konkret gegen die Verbreitung von Fake-News unternommen haben.

Ob diese neue Transparenz wirklich gelebt wird, wie Clegg & Co. behaupten, daran darf man Zweifel haben.

Der andere Weg von Saveyourinternet.eu

Einen ganz anderen Weg geht die Kampagne Saveyourinternet.euWie ausführlich dargestellt, spielte die Webseite eine zentrale Rolle bei der versuchten Manipulation von EU-Parlamentariern durch E-Mail-Lawinen und Twitter-Stürmen im Sommer 2018.

Die Webseite wurde seinerzeit durch das Lobby-Unternehmen N-Square aus Belgien registriert, welches unter anderem für Google tätig ist.  Wer sich die Registrierungsdaten der Webseite aktuell ansieht, wird feststellen, dass man den Domain-Eintrag mittlerweile anonymisiert hat. Dazu wird das französische Unternehmen Gandi SAS benutzt, welches praktischerweise die Daten des Registrierenden gleich effektiv verschleiert. Dank Cloudflare ist auch der Standort der Server nicht mehr einsehbar.

Screenshot: Eintrag der Webseite Saveyourinternet.eu am 30.01.2019 bei EURID

Es ist also nicht klar, wer für die Seite verantwortlich ist, denn auch ein Blick auf die Webseite selbst, ist alles andere als erhellend. Mittlerweile wird dort zwar ein Vermerk angegeben, dass die Organisation EDRi die Seite managet, aber nach der E-Commerce Directive ist das keineswegs ausreichend. Ein Impressum mit Verantwortlichen und einer ladungsfähigen Anschrift ist das eindeutig nicht (siehe Bild unten).

Screenshot: Hinweis auf das Management von SaveYourInternet.eu durch EDRi.

Family Business – finanziert von Internet-Konzernen

Man kann über die Gründe, warum die Bürgerrechts-Organisation EDRi hier in die Bresche springt, nur spekulieren. Vielleicht wollte man N-Square und deren Geschäftsführerin Caroline De Cock nach der Aktion gegen die EU Abgeordneten aus dem Sommer 2018 einfach etwas aus der Schusslinie befördern. Erstaunlich ist allerdings, dass weitere an der Kampagne gegen die EU-Urheberrechts-Reform beteiligten Webseiten nicht geändert wurden, obwohl sie dem Look & Feel der Saveyourinternet-Seite sehr stark ähneln. So hat z. B. Fixcopyright.eu nach wie vor Registrierungsdaten von Frau De Cock bzw. ihrem Mutterunternehmen KDC Group und es ist möglicherweise nur eine Frage der Zeit bis auch diese Seite anonymisiert werden wird. Was nur haben die Internet-Konzerne damit zu tun?

Screenshot: Noch nicht geänderte WhoIs-Daten von Fixcopyright.eu.

Impressum – alles anonym!

Auf der Seite Fixcopyright.eu selber findet man keine notwendigen Impressumsdaten. Lediglich der Hinweis auf eine Privacy Policy bringt eine Weiterleitung. Diese geht zu Create-Refresh, einer kommerziellen Kampagnenseite, die durch das Beratungs-Unternehmen Purpose Campaigns LLC aus den USA betrieben wird.

Müßig zu erwähnen, dass Create-Refresh seit dem Sommer massiv gegen die neue EU Urheberrechts-Richtline trommelt und fleißig Banner zum Beispiel bei Twitter schaltet. Und ebenso nicht unerwähnt sollte bleiben, dass die Partner von Purpose unter anderem die Unternehmen Google und die Ford Foundation sind.

Purpose Campaings LLC Internet-Konzerne
Abbildung: Partnerliste des Unternehmens Purpose Campaings LLC.

Fixcoypright.eu verstößt also ebenso gegen die E-Commerce Directive wie auch SaveYouInternet.eu. Zusätzlich fehlen jegliche Datenschutzhinweise entsprechend der seit Mai 2018 in der EU geltenden DSGVO. Besucher der Seite werden z. B. zu Twitter weitergeleitet. Sie erfahren davon aber nichts in irgendwelchen Datenschutzhinweisen, die natürlich auch für sogenannte Bürgerrechtsgruppen und kommerzielle Kampagnenseiten gelten.

Am Ende bleibt es aber eine Art Family Business unter Internet-Konzernen. Legt man die Finanziers von EDRi und die von Copyright4Creativity, die nach wie vor von Caroline de Cock gemanaget wird, oder auch Purpose übereinander, so ergeben sich interessante Schnittmengen, sei es die Open Society Foundation (von George Soros) oder die Ford Foundation. Alleine diese beiden Stiftungen sorgten für fast 37% der EDRi-Einnahmen im Jahre 2017.

Noch spannender ist die Liste der weiteren Spender von EDRi. Dazu gehört Mozilla, die mit der Finanzierung von Open Media für Schlagzeilen gesorgt haben. Jenem Unternehmen, dass über seine Tochter New/Mode die Tools für die Angriff auf die Büros der Abgeordneten im Sommer 2018 geliefert hat.

Macht auf die Geldbörsen!

Ein weiterer Spender ist Wikipedia Deutschland. Wer Wikipedia ab Oktober eines Jahres besucht, kommt an den Spendenaufrufen kaum vorbei. Das war natürlich auch im Vorjahr so.

wikipedia spendenaufruf
Spendenaufruf von Wikipedia Deutschland aus Herbst 2018 & die entsprechende Danksagung.

Wäre es in Zuge solcher Spendenaufrufe nicht ehrlicher zu sagen, dass man einen Großteil der in Deutschland eingesammelten Gelder auf den großen Haufen von Geld wirft, welches bereits bei Wikipedia in den USA liegt und aktuell mehr als 120 Millionen Dollar ausmacht? Ein Betrag für den man das Online Lexikon vermutlich jahrelang problemlos finanzieren könnte. Wie sich das mit der Gemeinnützigkeit in Deutschland verträgt, ist ohnehin eine andere Frage.

Und, dass man durch Unterstützung von EDRi, die ja allem Anschein nun die Webseite Saveyourinternet.eu „managen“, auch Kampagnen unterstützt.

Manchmal schwierig: Fakten von Fiktion unterscheiden

Vor diesem Hintergrund verdienen die Aussagen von John Weitzmann von Wikipedia Deutschland eine weitere Prüfung. Auf dem Urheber-Kongress im November 2018 erklärte Weitzmann vor rund 250 Personen, dass Wikipedia Saveyourinternet.eu nie unterstützt habe. Anscheinend hatte oder hat er es schwer, Fakten von Fiktion zu unterscheiden, da dies nach Lage der Dinge nicht stimmt. Oder vielleicht wurde er von Wikipedia und Saveyourinternets‘ eigener Desinformationskampagne irregeführt – eine Kampagne, die selbst tief in der Verdunkelung verwurzelt ist. Vielleicht wollte man aber auch nur Google, einen Wikipedia Großspender, bei Laune halten.

Es passt in das Bild, dass Julia Reda, die einzige Abgeordnete der Piratenpartei im EU-Parlament ausgerechnet jetzt auf Twitter für einen Meme-Generator wirbt. Vielleicht hat sich zu ihr noch nicht herumgesprochen, dass Memes nicht von der Direktive berührt sind. Jedes Meme wäre nach der Richtlinie „compliant„.

Internet-Konzerne – Eins kommt zum anderen…

Dreimal dürfen wir raten, wer dieses schöne Tool gebaut hat und zur Verfügung stellt: Create.Refresh, die wie beschrieben eine bezahlte Kampagne von Purpose Campaigns LLC ist und die Lobbying für Google betreiben.

Es schließen sich also auch hier die Kreise der Internet-Konzerne.

Man darf gespannt sein, wie die EU auf all diese Vorkommnisse reagiert.

Die EU-Kommissarin für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Mariya Iwanowa Gabriel, hat Anfang Dezember in Straßburg eine umfangreiche Dokumentation überreicht bekommen, die die Hintergründe der Kampagne gegen die EU darstellt und beweist. Änderungen wie die an der Webseite Saveyourinternet.eu deuten darauf hin, dass sich die Kampagnenbetreiber offenbar bewusst sind, auf welches Terrain sie sich begeben haben.

Beitragsbild von rawpixel, thx! (Unsplash Lizenz)

 

Über den Autor:

Volker Rieck ist Geschäftsführer des Content Protection Dienstleisters FDS File Defense Service, welcher für zahlreiche Rechteinhaber tätig ist. Das Unternehmen erstellt zudem Studien zum Thema Piraterie und unterstützt Strafverfolgungsunternehmen mittels seiner erhobenen Daten.

Rieck bloggt regelmäßig auf Webschauder und unregelmäßig auf dem US Blog The Trichordist zu verschiedenen Aspekten der unregulierten Inhalte-Distribution. Seine Artikel erscheinen auch bei Tarnkappe.info und in der FAZ.

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Volker Rieck ist Geschäftsführer des Content Protection Dienstleisters FDS File Defense Service, der für zahlreiche Rechteinhaber tätig ist. Das Unternehmen erstellt zudem Studien zum Thema Piraterie und unterstützt Strafverfolgungsbehörden mittels seiner erhobenen Daten. Volker Rieck bloggt regelmäßig auf Webschauder und unregelmäßig auf dem US-Blog The Trichordist zu verschiedenen Aspekten der unregulierten Inhalte-Distribution. Seine Artikel erscheinen auch in unregelmäßigen Abständen hier bei Tarnkappe.info.