Feine Kost für Science Fiction Fans. Rezension der Romane "Wer stielt schon Unterschenkel" und "Der Samenbankraub" von Gert Prokop.
Gert Prokop (* 11. Juni 1932 in Richtenberg, Vorpommern; † 1. März 1994 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller. Er lebte und schrieb auch in der damaligen DDR und war besonders bekannt durch seine Kinder- und Jugendbücher. Daneben verfasste er noch Hörspiele, Science Fiction- und Kriminalromane. 1971 brachte Prokop anlässlich eines Wettbewerbes für utopische Erzählungen eine Geschichte namens „Der Tod der Unsterblichen“ zu Papier über einen zwergenhaften Privatdetektiv, den er danach weitere Abenteuer erleben ließ. Diese Science-Fiction-Erzählungen wurden später gesammelt in „Wer stiehlt schon Unterschenkel“ und „Der Samenbankraub„.
Die Handlung dieser beiden Fortsetzungsromane hat Gert Prokop in die USA verlegt, die im 21. Jahrhundert vom Rest der Welt „DRAUSSEN“ in eine „ISOLATION“ gesperrt werden. Das wurde notwendig, da sie sich schwerwiegender Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben. Sie sind nun durch eine technisch errichtete Barriere von der Außenwelt abgeschnitten. Zwar gibt es noch Kontakt mit „DRAUSSEN“, aber der ist entweder illegal oder streng überwacht. Dort wurde nun ein totalitäres Regime errichtet, uneingeschränkt beherrscht von den Bigbossen und unterstützt durch eine allmächtig erscheinende Geheimpolizei.
Nur oberhalb des Smogs kann man es aushalten
In dieser kontrollierten, lebensfeindlichen, düsteren Welt ist das Dasein nur zu ertragen, wenn man hoch über einer alles einhüllenden Smogschicht wohnt. So wie Timothy Truckle. Durch seine Arbeit als Star-Privatdetektiv der Upper Ten des 21. Jahrhunderts, also für einige allmächtige Konzernchefs, den sogenannten „Bigbossen“, genießt er doch von ihm sehr geschätzte Privilegien, die der Durchschnittsbürger jener Tage nicht kennt. Er lässt sich von seinen einflussreichen Klienten meist in ausgewählten Spirituosen oder dem Zugang zu nichtsynthetischen, frischen Lebensmitteln bezahlen, da auch das Kochen zu seinen großen Leidenschaften zählt. Nach getaner Arbeit hält er sich gerne in der Stardust-Bar des 1112. Stockwerks seines heimatlichen Wolkenkratzers Nebraska auf und genießt jene einzigartigen Sonnenuntergänge weit über dieser Dunstglocke. Er liebt einen guten Wein genauso wie einen edlen Whisky und er ist ein Gourmet.
Aber er ist eben auch ein begnadeter Detektiv. Für ihn ist kein Rätsel zu kompliziert und kein Fall zu mysteriös oder zu außergewöhnlich, um am Ende die richtige Lösung präsentieren zu können. Gemeinsam mit seinem Computer Napoleon, der sich sogar mit philosophischen Fragen befasst und Prokop ihm so eher menschliche Züge verleiht, werden ungeklärte Fragen zum Teil spektakulären Lösungen zugeführt, schließlich gilt Truckle nicht von ungefähr als der erfolgreichste Detektiv des 21. Jahrhunderts. Seine Klientel, die oberen Zehntausend, schätzen seinen Spürsinn.
Er wird von ihnen vor allem dann beauftragt, wenn die Polizei besser nichts davon erfahren sollte. Seine Arbeit als Detektiv verschafft ihm oftmals innere Einblicke in die Welt der Mächtigen. Er nutzt dieses Wissen, um damit gleichzeitig die Untergrundbewegung als Agent zu unterstützen. Truckle sagt über sich selbst: „I’m just a truckle, but I don’t like to truckle, – Ich bin nur ein Rädchen, aber ich mag nicht zu Kreuze kriechen.“ Und so wächst er auch im Laufe der Handlung über sich selbst hinaus und leistet fast Unmögliches.
Gert Prokop versteckte seine DDR-Vergleiche
Natürlich sind im Roman zahlreiche Parallelen gegeben zu einer Kritik an der damaligen DDR, wobei es Gert Prokop gelang, es nicht zu offensichtlich werden zu lassen, so dass seine Bücher veröffentlicht wurden und sich auch großer Beliebtheit erfreuten. Hinweise auf eine „Zweiklassengesellschaft“, wie sie ja in der DDR üblich war, schon durch das Vorhandensein von Forumschecks, die ein Einkaufen in Intershops ermöglichten und in deren Besitz nicht jeder gelangen konnte, sind darin genauso zu finden wie Missbilligung an den Methoden der Stasi, also einer Überwachung des Einzelnen durch staatliche Institutionen.
Fazit
Obwohl diese Bände schon älter sind, Teil 1 hat der Verlag erstmals 1977 veröffentlicht. Teil 2 erschien 1983, beide im Verlag Das Neue Berlin. Trotz sind sie doch ein echter Geheimtipp. Für alle, die gerne gesellschaftskritische Werke lesen, die spannend erzählt sind und jede einzelne Episode davon mit einem unvorhergesehenen Ende überrascht, wecken sie beim Leser Lust auf weitere Geschichten des körperlich zwar kleinen – aber an seinen Taten gemessen – doch großen Privatdetektivs Timothy „Tiny“ Truckle. Wenn ihr also mehr erfahren wollt über höchst ungewöhnliche Kriminalgeschichten aus dem 21. Jahrhundert, so schaut mal rein, schließt selbst Bekanntschaft mit dem sympathischen Detektiv und löst gemeinsam mit ihm seinen ersten Fall „Wer stielt schon Unterschenkel?“.
Von Antonia gibt es hier bei uns noch viele weitere Rezensionen von Büchern.
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