EU-Cybercop Troels Oerting fordert Hintertüren für Behördenzugriff

EU-Cybercop Troels Oerting fordert die Abschaffung der Anonymität im Internet sowie den Einbau von Hintertüren in Software zur Kriminalitätsbekämpfung.

Mit einer kontroversen Theorie machte Troels Oerting, Leiter des Europäischen Zentrums zur Bekämpfung der Cyberkriminalität (EC3), in einer Radiosendung auf sich aufmerksam. Oerting erklärte, es gebe weltweit nur rund hundert kompetente Cybercrime-Drahtzieher. Viele davon leben nach Einschätzung Oertings in Russland und dessen Nachbarländern. Schalte man diese einflussreichen Figuren aus, könne man damit der gesamten Internetkriminalität einen heftigen Schlag versetzen. Zudem würde dies deren Strukturen in sich zusammenbrechen lassen, so Oerting.

Troels Oerting fordert Abschaffung jeglicher Anonymität im Netz

Um dieses Ziel zu erreichen, will Oerting auf drastische Methoden zurückgreifen: er forderte in der Sendung die komplette Abschaffung der Anonymität im Internet. Jeder Nutzer soll demnach zumindest für die Behörden stets identifizierbar sein, Anonymisierungsdienste wie Tor sollen verboten werden. Anonymität bedeute, dass sich jemand „außerhalb der Reichweite staatlicher Sanktionen“ bewege, und sei deswegen zu verurteilen, so Oerting.

Eine ähnliche Wirkung hat nach Meinung des Cybercops der verbreitete Einsatz von Verschlüsselung. Neben der Abschaffung der Anonymität forderte er daher den verpflichtenden Einbau von Hintertüren in Software. Diese sollen ein Online-Zugriff der Behörden auf den Rechner ermöglichen. Sie soll wie beim umstrittenen „Bundestrojaner“ eine eventuell eingesetzte Verschlüsselung umgehen.  „Ich spreche ungern über Hintertüren [in Programmen], aber Strafverfolgungsbehörden müssen die Möglichkeit haben, solange sie autorisiert sind, einen Einblick in das zu bekommen, was man in der Onlinewelt versteckt,“ erklärte er.

Oerting ging noch weiter. Er bezeichnete „selbsternannte Beschützer des Cyberspace“ – Leute, die sich wie beispielsweise der Whistleblower Edward Snowden gegen Überwachung einsetzen – als Teil des Problems.  „Die Good Guys bringen Anonymität und Privatsphäre durcheinander. Für mich ist das nicht das Selbe. Für mich hat jeder ein Recht auf Privatsphäre. Aber das heißt nicht, dass man auch ein Recht auf Anonymität hat,“ erklärte er zu diesem Thema.

Auch Cyberkriminelle nutzen staatliche Backdoors aus

Viele IT-Experten dürften Oertings Forderungen allerdings widersprechen. Neben den bereits angedeuteten ethischen Fragen nach Privatsphäre und freier Meinungsäußerung gibt es auch technische Gründe, die gegen solche Pläne sprechen. Nicht nur wären diese schwer umzusetzen. Sie würden womöglich auch die Sicherheit der Nutzer zusätzlich verschlechtern. Denn ist eine Backdoor einmal eingebaut, ist es schwierig bis unmöglich, zu verhindern, dass diese früher oder später auch von Kriminellen entdeckt und ausgenutzt wird. Somit dürften Oertings Ideen noch für heftige Diskussionen sorgen.

Tarnkappe.info