Das Bundesinnenministerium hat im September 2019 eine „Besondere Gebührenverordnung“ für individuell zurechenbare Leistungen erlassen.
Bereits im September 2019 hat das Bundesinnenministerium unter Leitung von Horst Seehofer (CSU) eine Besondere Gebührenverordnung für individuell zurechenbare öffentliche Sicherheitsleistungen beschlossen. Demgemäß fordert die Bundespolizei nun in allen Bereichen der präventiven polizeilichen Tätigkeit Aufwandsentschädigungen, berichtet die taz.
Ziel: Kosten für vermeidbare Einsätze soll nicht die Allgemeinheit tragen
Dajana Burmann, Sprecherin der Bundespolizei in Düsseldorf, verdeutlicht, dass seit dem 1. Oktober 2019 „die Möglichkeit und zugleich die Rechtspflicht besteht, Gebühren für Einsätze der Gefahrenabwehr zu erheben“. Erklärtes Ziel wäre es, Einsätze, „die vermeidbar und einem Einzelnen individuell zurechenbar sind, durch denjenigen und nicht durch die Allgemeinheit finanzieren zu lassen“. Aktuell gehen die ersten Bescheide für Vergehen heraus.
Besondere Gebührenverordnung: Erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken kostet 59,50 Euro
Mit dem Inkrafttreten der besonderen Gebührenordnung stellt die Bundespolizei aktuell vermeidbare Einsätze und Maßnahmen in Rechnung. Folglich wird der Verursacher nun selbst zur Kasse gebeten, das heißt aber auch, Bürger, die in eine solche Maßnahme der Bundespolizei geraten, werden nicht mehr durch ein Gericht aufgrund von Beweisen verurteilt, sondern zahlen die fälligen Gebühren an die Bundespolizei direkt auf Rechnung. So werden beispielsweise für eine Identitätsfeststellung durch die Bundespolizei gleich mal 53,75 Euro fällig. Eine erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken kostet 59,50 Euro. Für jede Viertelstunde in Gewahrsam müssen die Betroffenen 6,51 Euro entrichten. Wird eine Gewahrsamnahme angeordnet, so zahlt man 74,15 Euro. Für eine Viertelstunde Fahrt auf die Wache verlangen die Einsatzkräfte 15,69 Euro.
Maßnahme findet Zustimmung bei der DPolG Bundespolizeigewerkschaft
Besondere Gebührenverordnung. Gemäß Heiko Teggatz, Vorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, hat das Bundesinnenministerium mit der Regelung eine „langjährige Forderung“ umgesetzt. Dabei umreißt er die Tragweite der neuen Anordnung.
„Das wird sich auf alle Aufgaben der Bundespolizei auswirken. Ich denke aber gerade an die in Zügen randalierenden Fußballfans, denen wir künftig Gebühren für den Einsatz der Polizeikräfte und unsere Auslagen zum Beispiel für das Ablöschen bengalischer Feuer usw. in Rechnung stellen können! Die zumeist umfassenden Polizeimaßnahmen bei unbeaufsichtigten Gepäckstücken in Bahnhöfen und Flughafen-Terminals können künftig ebenso in Rechnung gestellt werden, wie das Hinzuziehen eines Dolmetschers, der Einsatz von Hubschraubern, Booten, Wasserwerfern, die Kosten für die Reinigung von Diensträumen, Dienstfahrzeugen, Uniformen, die Ersatzvornahme bis hin zu Maßnahmen der Identitätsfeststellung und der Anwendung unmittelbaren Zwangs werden künftig von Gebühren und Auslagen begleitet werden.“
„Gebührenschneiderei wird nicht gutgehen“
Thomas Wüppesahl, Bundessprecher der Kritischen Polizisten e.V., gab uns auf Anfrage zum Thema ein Statement.
„Dienstleistungen „Ihrer“ Polizei sind günstig, nein, eigentlich – bis auf wenige Ausnahmen – frei von Gebühren. Bisher. Man stelle sich nur den Einsatz einer Hundertschaft bei einer vermeintlichen, versehentlichen Vermisstensuche vor. Plus Hundestaffel, plus Drohnen, plus Hubschrauber, plus Wasserschutzpolizei wg. Flußnähe. Plus Taucher, vielleicht noch eine zweite Hundertschaft usw. …, kostet ja nix. Das ginge in den sechsstelligen Bereich. – Unser Staat entwickelt sich in seiner Eingriffsfreudigkeit immer mehr zu einem autoritären Obrigkeitsstaat. Gleichzeitig nimmt die Aggressivität zu. Auch gegen Einsatzkräfte. Das Ende dieser Entwicklung ist nicht zu erkennen. Diese Gebührenschneiderei wird nicht gutgehen!“
Fazit zum Thema Besondere Gebührenverordnung
Zahlt der deutsche Steuerzahler für Polizeieinsätze ohnehin schon, so wird er durch die neue Gebührenordnung nun gleich doppelt zur Kasse gebeten. Immerhin sollen die Gebühren der Bundespolizei jährlich mindestens 2,8 Millionen Euro einbringen. Bisher greift die besondere Gebührenverordnung BMI allein für die Bundespolizei. Wie lange wohl wird es wohl dauern, bis die Länder mit gleichartigen Gebührenordnungen zur Aufbesserung ihrer Kassen nachziehen werden?
Foto MichaelGaida, thx!
Tarnkappe.info