Jurist Martin Steiger aus Zürich berichtet von einem aktuellen Fall, wo ProtonMail vollumfänglich mit den US-Behörden kooperiert hat.
Zwar wirbt der E-Mail-Anbieter ProtonMail damit, dass bei ihrem sicheren Dienst die Wahrung der Privatsphäre an erster Stelle kommen würde. Doch ein aktueller Fall zeigt ganz deutlich, dass ProtonMail im vollen Umfang mit den US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden kooperiert.
ProtonMail – ein „Glücksfall“ für Schweizer Sicherheitsbehörden!
Der in Zürich tätige Rechtsanwalt Martin Steiger verlinkt in einem Blogbeitrag auf eine aktuelle Pressemitteilung und ein Dokument des US-Justizministeriums. Darin hebt man die gute Zusammenarbeit mit ProtonMail deutlich hervor.
Der Hintergrund des Falles ist schnell erzählt. US-Behörden fahnden derzeit nach Personen, die u.a. den Immunologen Anthony Fauci in anonymen E-Mails bedroht haben. Unter zahlreichen Nachrichten steht die Signatur „Sent with ProtonMail Secure Email„, weil der Absender für seine Droh-Mails einen kostenlosen Account genutzt hat. Ein Beschuldigter soll bei ProtonMail gleich mehrere Konten missbraucht haben, um damit seine E-Mails zu verschicken. Auch das Schweizer Bundesamt für Polizei (fedpol) hebt in einem Betrag des Tages-Anzeigers (hinter einer PayWall) die gute Kooperation von ProtonMail mit den dortigen Behörden hervor.
Anbieter müsste zur Wahrung der Privatsphäre seiner Nutzer die Schweiz verlassen
Der Geschäftsführer der Steiger Legal AG ist davon überzeugt, dass der „sichere E-Mail-Dienst aus der Schweiz“ mit den landeseigenen Sicherheitsbehörden kooperieren muss, weil sie dem Überwachungsgesetz BÜPF und dem Nachrichtendienstgesetz (NDG) unterstehen. Wir berichteten 2019 über einen Fall, wo sich ein Staatsanwalt stolz damit gebrüstet hat, ProtonMail habe ihm sogar freiwillig Überwachungen von Tatverdächtigen in Echtzeit angeboten.
Zwar habe ProtonMail-Mitgründer Andy Yen im Jahr 2018 angekündigt, man werde eher die Schweiz verlassen, als sich den Überwachungsgesetzen zu beugen. Doch zu einem Standortwechsel der Aktiengesellschaft kam es bekanntlich nicht. Die Betreibergesellschaft von ProtonVPN und ProtonMail hat ihren Sitz weiterhin in Genf.
Laut Steiger sei ProtonMail somit ein „Glücksfall“ für die Schweizer Sicherheitsbehörden. Die ganzen Versprechungen bezüglich der Wahrung der Privatsphäre seien null und nichtig, weil man sich dem Schweizer Recht unterwerfen müsse, so Steiger. Die ganzen Beteuerungen des Blogs, die quelloffene Open Source Software, oder das bestandene Sicherheits-Audit. Das alles nützt herzlich wenig, wenn man dort als Anwender nicht so geschützt agieren kann, wie man es uns verspricht.
ProtonMail lieferte 2020 in über 3.000 Fällen Daten an Sicherheitsbehörden
Laut dem Transparenzbericht lieferte ProtonMail im Jahr 2020 in über 3.000 Fällen Daten an Sicherheitsbehörden in der Schweiz und im Ausland. Der aktuellen Fall fand im Transparenzbericht der Proton Technologies AG noch keine Erwähnung. Doch dieser wurde in der Vergangenheit bereits mindestens ein Mal heimlich gefälscht. Von daher ist unklar, wie zuverlässig die jetzigen Angaben sind.
Der sicherste Mailanbieter der Welt lockte in der Vergangenheit auch vermehrt Kriminelle an. Doch damit dürfte es jetzt spätestens vorbei sein.
Tarnkappe.info