Prof. Ulrich Kelber
Prof. Ulrich Kelber
Bildquelle: Bundesregierung/Kugler

Bundesdatenschutzbeauftragter Prof. Ulrich Kelber im Kurzinterview

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Prof. Ulrich Kelber, im Kurzinterview mit Tarnkappe.info.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Prof. Ulrich Kelber, im Kurzinterview mit Tarnkappe.info.

Datenschutz − ein vermeintlich sprödes Thema. Jedoch wird es für den Einzelnen zunehmend wichtiger, darauf zu achten, wer seine Daten bekommt und wer nicht. Auch Vater Staat wird immer gieriger, wenn es um Informationen über sein Volk geht. Damit dem etwas entgegengewirkt werden kann, gibt es die Datenschutzbehörden. Prof. Ulrich Kelber beantwortet in einem kurzen schriftlichen Interview einige Fragen.

Tarnkappe.info: Können Sie uns einen Einblick in Ihren Tagesablauf geben?

Ulrich Kelber: Das ist schwierig, denn die Tage als BfDI sind ganz unterschiedlich. Im Kern arbeite ich Vorgänge ab, die ich per Email oder elektronischer Akte erhalte, leite also die Behörde und die vielfältigen Aktivitäten meiner Fachleute, von der Datenschutzaufsicht bei den Geheimdiensten über Bundesbehörden bis hin zu Finanzämtern, Jobcenter und TelekommunikationsUnternehmen. Mein Terminkalender ist ansonsten gut gefüllt mit Besprechungen und Veranstaltungen, mal vor Ort, mal digital.

Ulrich Kelber: Eingreifen, sofern es nötig wird

Tarnkappe.info: Sind Sie zufrieden mit der Zusammenarbeit mit anderen Bundesbehörden?

Ulrich Kelber: Meine Behörde versucht grundsätzlich zu allen Bundesbehörden gute Arbeitsbeziehungen zu haben. Das hält uns aber nicht davon ab, als Aufsichtsbehörde einzugreifen, wenn es notwendig wird. Wo es in der Zusammenarbeit im Detail gut und weniger gut läuft, darüber berichten wir transparent in unserem jährlichen Tätigkeitsbericht.

Viele offene Stellen zu besetzen

Tarnkappe.info: Ist Ihre Behörde imstande, adäquat auf Missstände zu reagieren oder sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Ulrich Kelber: Die personelle und materielle Ausstattung meiner Behörde ist gut, denn der Deutsche Bundestag hat unsere Ausstattung mit Stellen deutlich verbessert. In den letzten drei Jahren haben wir eine ganze Reihe an neuen Mitarbeitenden gewinnen können, wir haben aber auch noch viele offenen Stellen zu besetzen. Es gibt immer Sachen, die man besser machen kann. Das gilt für meine Behörde wie für die Vielzahl an Gesetzen, die den Datenschutz betreffen. Den entscheidenden Verbesserungsbedarf sehe ich allerdings in der Zusammenarbeit der europäischen Datenschutzbehörden.

Tarnkappe.info: Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Datenschutzbehörden der einzelnen Bundesländern ab?

Ulrich Kelber: Wir besprechen uns in der Datenschutzkonferenz und finden gemeinsame Linien zu Themen, die uns alle betreffen. Das ist mal einfacher und mal schwieriger. Aber in den meisten Fällen kommen wir zu einem soliden Ergebnis. Aktuell überlegen wir, wo und wie wir diese Zusammenarbeit effizienter und effektiver machen können.

Tarnkappe.info: Anfragen an Bundesbehörden werden immer öfter aus Urheberrechtsgründen abgelehnt. Ist dies rechtens? Sehen Sie hier das Informationsrecht des Bürgers und die Transparenz gefährdet?

Ulrich Kelber: Als Ombudsmann für die Informationsfreiheit sehe ich diese Fälle kritisch, man muss aber immer den Einzelfall betrachten. Ich würde übrigens lieber sehen, dass die Bundesbehörden proaktiv bestimmte Dinge veröffentlichen. Beim BfDI zeigen wir, wie es geht.

DSGVO weltweit beispielgebend

Tarnkappe.info: Wie sehen Sie den Stand des Datenschutzes in Deutschland?

Ulrich Kelber: Ich halte die europäische DatenschutzGrundverordnung immer noch für weltweit beispielgebend. Das heißt natürlich nicht, dass sie perfekt ist. Immer mehr Länder weltweit orientieren sich mit ihren Datenschutzgesetzen an der DSGVO und haben teilweise sehr gute Ideen zur Weiterentwicklung.

Gleichzeitig entstehen durch die voranschreitende Digitalisierung neue Herausforderungen. Das alles hat dazu geführt, dass es bei den Bürgerinnen und Bürgern viel Sensibilität und Bewusstsein für das Thema Datenschutz gibt. Leider kursieren auch viele falsche Informationen und Vorurteile. Es gibt also noch genug zu tun.

Tarnkappe.info: Bezogen auf die kürzlich beschlossene Auskunftspflicht zum Impfstatus: Ist das vereinbar mit den deutschen Datenschutzvorschriften und wer schaut dem Arbeitgeber auf die Finger diesbezüglich?

Ulrich Kelber: Es gibt aktuell keine gesetzliche Grundlage, nach der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Impf oder Teststatus ihrer Beschäftigten pauschal erfragen dürfen. Für manche Berufsfelder gibt es allerdings Ausnahmen, insbesondere wenn es um die Bereiche Gesundheit und Pflege geht. Die Datenschutzaufsichtsbehörden schauen da im Rahmen von Kontrollen genau hin und kümmern sich selbstverständlich auch um Beschwerden.

Tarnkappe.info: Im Zuge der immer wieder neu aufgewärmten Vorratsdatenspeicherung: Wie ist diese mit den deutschen Datenschutzvorschriften vereinbar?

Ulrich Kelber: Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist mit unserer Verfassung nicht vereinbar.

Versäumnisse bei der Auswertung und Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden

Tarnkappe.info: Kritische Stimmen behaupten, Datenschutz sei Täterschutz und Datenschutz würde Innovationen behindern. Stimmt das?

Ulrich Kelber: Nein, das sind pauschale Vorurteile. Bei fast allen Herausforderungen gibt es datenschutzfreundliche Lösungen. Dafür muss man manchmal nur etwas intensiver nachdenken und sich von den Datenschützern beraten lassen. Das Problem liegt übrigens selten an fehlenden Daten, sondern an den Versäumnissen bei der Auswertung und der Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden.

Tarnkappe.info: Ausländische Konzerne spielen eine immer größere Rolle im Leben des Durchschnittsdeutschen. Was kann man tun, wenn man Sorge um seine Daten hat?

Ulrich Kelber: Die einfachste Möglichkeit ist es, auf bestimmte Dienste zu verzichten und stattdessen datenschutzfreundliche Alternativen zu wählen. Wo ein Verzicht nicht möglich ist, aber schon eine gewisse Sorge besteht, sollte man sparsam mit seinen Daten umgehen. Das Recht, sich bei der zuständigen Datenschutzbehörde zu beschweren, gibt es immer.

Tarnkappe.info: Was kann jede/r Einzelne für mehr persönlichen Datenschutz tun?

Ulrich Kelber: Sich überlegen, welche Daten man mit wem zu welchem Zweck teilt. Niemand sollte zum Digital- oder Technikverweigerer werden. Aber manchmal ist es schon ein Schritt in die richtige Richtung, datenschutzfreundliche Alternativen zu nutzen, zum Beispiel bei Suchmaschinen oder Messengern.

Tarnkappe.info: Immer öfter kommt es zu Angriffen auf staatlich geführte Datenbanken. Ist das Prinzip der Datenminimierung ausreichend umgesetzt bei behördlichen Datenbanken?

Ulrich Kelber: Wenn wir bei Kontrollen sehen, dass unnötige Daten gespeichert werden, reagieren wir natürlich. Gerade bei den Sicherheitsbehörden gibt es einen gewissen Hang zur Sammlung von Daten. Entsprechend intensiv sind unsere Kontrolle und Beratung. Wir versuchen schon bei der Gesetzgebung auf eine technische und rechtliche Umsetzung der Datenminimierung zu drängen.

Die DSGVO ist ein Spiegel unserer europäischen Werte und Grundrechte

Tarnkappe.info: Tut die Politik genug, um Datenschutz zu gewährleisten, gibt es Verbesserungsbedarf oder ist gar zu viel getan? Einige meinen, die DSGVO sei übertrieben.

Ulrich Kelber: Die DSGVO ist ein Spiegel unserer europäischen Werte und Grundrechte. Und alle Mitgliedsländer haben dem zugestimmt. Wir sollten diese Werte nicht aufgeben, denn Digitalisierung geht auch − geht sogar besser − ohne dass die Bürgerinnen und Bürger dabei von privaten Konzernen und staatlichen Behörden ausspioniert werden.

Tarnkappe.info: Welche Pläne gibt es zur Verbesserung des Datenschutzes in Deutschland?

Ulrich Kelber: Das wäre eine hervorragende Frage an die nächste Bundesregierung. Ich habe den Parteien dazu im Vorfeld der Bundestagswahl einen Katalog an Vorschlägen geschickt, den man auf unserer Website ansehen kann.

Tarnkappe.info: Herr Kelber, wir bedanken uns für die Beantwortung unserer Fragen.

Zur Person:

Prof. Ulrich Kelber, geboren am 29. März 1968, hat Informatik und Biologie in Bonn studiert. Von 2000 bis 2018 war er Mitglied des Deutschen Bundestags. Seit 2019 ist er Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

Bildquelle: Bundesregierung/Kugler

Unsere Aufgabe ist es, für Datenschutz in einer immer digitaler werdenden Welt zu sorgen. Wir schützen damit Ihr Grundrecht auf Ihre Privatsphäre und Ihr Recht an den eigenen Daten vor dem Zugriff internationaler Konzerne genauso wie vor staatlichen Stellen. Das ist die Voraussetzung für eine freie demokratische Gesellschaft und verhindert Übervorteilung durch Konzerne. Außerdem sorgen wir dafür, dass Sie Ihr Recht auf Einsicht in Akten und Verwaltungsvorgänge von staatlichen Stellen bekommen. All das tue ich nicht allein, sondern gemeinsam mit über 270 hochmotivierten und gut ausgebildeten Mitarbeitern.

Wir bedanken uns in aller Form bei Prof. Ulrich Kelber für das Interview. Ebenso möchten wir uns bei der Pressestelle des BfDI für die unkomplizierte und zeitnahe Zusammenarbeit bedanken. Die Fragen und Antworten des Interviews wurden in ihrer Vollständigkeit veröffentlicht. Sie wurden nicht gekürzt, umformuliert oder verfälscht. Lediglich die Reihenfolge der Fragen wurde umgestellt.

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