Ulrich Kelber spricht sich offen gegen eine Klarnamenpflicht im Internet aus. Er sieht darin eine große Hürde für die freie Meinungsäußerung.
Klarnamenpflicht in der Diskussion: Der Informatiker und Bundesdatenschutzbeauftragte, Ulrich Kelber (SPD), erklärt bei Focus Online, warum die Wahrung der Anonymität im Netz so wichtig für unser aller Freiheit ist.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, sieht in einer Einführung von Klarnamenpflicht im Internet kein „Allheilmittel“ gegen Hasskommentare. Hoffnungen darauf, dass es unter eigener Namensnennung weniger offene Provokationen geben würde, wären einerseits naiv, da die Praxis das Gegenteil gezeigt hat. Derartige Forderungen seien andererseits sogar gefährlich. So würde im Tausch für „ein wenig gefühlte zusätzliche Sicherheit einer der Eckpfeiler unseres Grundgesetzes gefährdet“, denn laut Bundesverfassungsgericht „ist die Meinungsfreiheit eines der wichtigsten Grundrechte unserer Demokratie.“ Somit hätte sich der Gesetzgeber „bewusst dafür entschieden, dass Internetangebote weitgehend anonym genutzt werden dürfen“, schreibt Kelber als Gastautor beim Magazin Focus.
Klarnamenpflicht als „Hürde der freien Meinungsäußerung“
Kelber präsentiert im Rahmen seines Beitrags triftige Gründe gegen eine Klarnamenpflicht. Sie könne durchaus zu einer „Hürde der freien Meinungsäußerung„ werden. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass sowohl der Chef, der Vermieter, ein Bekannter und sogar Kriminelle das Geschriebene mitlesen können, verbietet es sich schon von selbst, wirklich alles öffentlich zu schreiben. So würde man Einbrecher auf den Plan rufen, sofern man eine Zeit angibt, innerhalb der man verreist ist. Auch von eventuell anfallenden Spielschulden müsse kein Vermieter oder die Nachbarn etwas erfahren. Sofern der Realname in den Postings erkennbar sei, behindere dies den „Austausch besonders sensibler Themen“.
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Klarnamenpeicherung: eine Goldgrube für Plattform-Betreiber?
Desweiteren verdeutlicht Kelber zur Klarnamenpflicht. Selbst wenn nur der Portalbetreiber den Klarnamen speichern würde, wäre dies für ihn ein großer Zugewinn. Die auf diese Weise reichlich gesammelten Daten, ließen sich dann mit einem realen Namen verknüfen. Einer Erstellung umfassender Nutzerprofile stünde damit nichts mehr im Wege. Auch personalisierte, zielgerichtete Werbeeinspielungen wären somit denkbar. Zwar könnte sich in Kelbers Beispiel „ein „Jürgen Müller“ hinter tausenden Namensvettern verstecken, jedoch bei „Ulrich Kelber“ würde es da schon schwieriger.“
Der Bundesdatenschutzbeauftragte nennt als Grund für die derzeit ungeahndeten Hasskommentare eine „zu knappe Personaldecke bei der Polizei und Justiz“. Besonders vor diesem Hintergrund sieht er es kritisch, wenn man derzeit „zusätzliche Melde- und Berichtspflichten an das Bundeskriminalamt“ plant. Ein Mehr an Daten garantiere keineswegs auch eine bessere Rechtsdurchsetzung. Personalmangel könnte auch hier eine „sorgfältige Auswertung der Meldungen“ verhindern.
Eine mögliche Lösung des Problems bezüglich der Hasskommentare sieht Kelber darin, Plattform-Betreiber in die Pflicht zu nehmen. Gerade in sozialen Netzwerken könnte „eine ausgewogene Moderation und redaktionelle Betreuung Präventionsarbeit leisten. Der erste Schritt sollte eine Bestandsaufnahme sein. Welche Regeln bestehen bereits? Und wie effektiv werden diese derzeit durchgesetzt?“
Fazit: derartige Vorschriften gefährden unser aller Freiheit!
Ulrich Kelbers Fazit jedenfalls ist eindeutig:
„Eine Klarnamenpflicht vertreibt nicht den Hass aus dem Internet, sondern unsere Freiheit.“
Grafik geralt, thx!
Tarnkappe.info