Forensik
Forensik
Bildquelle: Cottonbro Studio, Lizenz

Die Zukunft der Datenwiederherstellung und IT-Forensik: Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz

Die Forensik von digitalen Spuren spielt eine immer größere Rolle bei der Aufklärung von IT-Vorfällen und auch sonstigen Straftaten.

Die digitale Welt ist immer stärker vernetzt, was auch Auswirkungen auf die Forensik hat. Jeder besitzt mindestens ein digitales Gerät, mit dem er im Internet surft, kommuniziert und Daten herunterlädt. Aufgrund dieser zunehmenden Digitalisierung rückt auch der digitale Tatort immer stärker in den Vordergrund. Forensische Analyse von digitalen Spuren spielt eine immer größere Rolle bei der Aufklärung von IT-Vorfällen und Straftaten. Das Zusammenspiel zwischen digitalem Tatort, digitalen Spuren und der gerichtsverwertbaren Sicherung von Beweisen erfordert neue Wege des Denkens und Handelns.

Das Locard’sche Prinzip und seine Anwendung auf digitale Spuren

Das Locard’sche Prinzip, das seit fast 100 Jahren die Grundlage der forensischen Fallarbeit bildet, beschreibt die materielle Übertragung von möglichen Spuren zwischen Tatbeteiligten. Es besagt, dass überall, wo ein Täter geht, was er berührt oder hinterlässt, stumme Zeugen gegen ihn entstehen. In der digitalen Welt gilt dieses Prinzip genauso wie in der analogen Welt. Jeder Täter hinterlässt digitale Spuren, die forensisch analysiert werden können.

Die Übertragung von Spuren kann entweder durch die Übertragung von Materie oder von Mustern erfolgen. Bei der Übertragung von Materie bleiben beispielsweise Datenträger oder Teile davon am Tatort zurück. Die Übertragung von Mustern erfolgt hingegen ohne Austausch von Materie, sondern durch charakteristische Eigenschaften, die auf ein anderes Objekt übertragen werden.

Die Digitalisierung und die schnelle Einführung neuer Technologien stellen jedoch neue Herausforderungen für das Locard’sche Prinzip dar. Es ist wissenschaftlich unstrittig, dass auch in der digitalen Welt keine Interaktion ohne Spuren möglich ist. Experten auf dem Gebiet der Forensischen Informatik müssen daher wissen, wie digitale Spuren entstehen, wie sie gefunden werden können und wie lange sie beweiskräftig gesichert werden können.

Forensische Informatik und ihre Fragestellungen

Die Forensische Informatik, auch als Digitale Forensik oder IT-Forensik bezeichnet, beschäftigt sich mit der Suche nach digitalen Spuren, ihrer Sicherung und der Aufbereitung der Daten für eine gerichtsverwertbare Präsentation. Es gibt verschiedene Spezialgebiete der digitalen Forensik, die sich mit spezifischen Technologien oder Fragestellungen befassen.

Polizei, Polizeiwache Haan, NRW

Zu den wichtigsten Spezialgebieten gehören:

  1. Netzwerkforensik: Untersuchung von Netzwerkverkehr und Kommunikation
  2. Mobilforensik: Untersuchung von mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets
  3. Speicherforensik: Untersuchung von Speichermedien wie Festplatten, USB-Sticks und SSDs und soweit möglich deren Datenwiederherstellung
  4. Cloud-Forensik: Untersuchung von Daten in der Cloud
  5. Forensische Analyse von Betriebssystemen und Dateisystemen

Diese Spezialgebiete können sich überschneiden und erfordern spezifisches Fachwissen und Werkzeuge für die Untersuchung.

Der digitale Tatort und seine Verortung

In der forensischen Arbeit suchen Ermittler sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt an einem Tatort nach Spuren und Beweisen, um den Tathergang rekonstruieren zu können. Bei digitalen Ermittlungen ist es wichtig, den digitalen Tatort und die digitalen Spuren zu verorten.

Ein digitaler Tatort kann beispielsweise ein Computer oder ein Netzwerk sein. Die Verortung erfolgt durch die Identifizierung und Zuordnung der Geräte zu konkreten Personen. Hierbei spielen Authentifizierungsmethoden wie Login-Daten eine wichtige Rolle. Durch die Verortung der Geräte und die Analyse der digitalen Spuren kann eine Verbindung zwischen dem Täter und dem Tatort hergestellt werden.

Die digitale Forensik zielt darauf ab, digitale Spuren jeder Art zu finden, zu sichern und aufzubereiten, damit sie vor Gericht als Beweismittel dienen können. Es ist jedoch wichtig, die Beweissicherung ordnungsgemäß durchzuführen und den Nachweis über den Verbleib und die Bearbeitung der Spuren lückenlos zu erbringen.

Eine wichtige Eigenschaft digitaler Spuren ist ihre Flüchtigkeit. Spuren können persistent, semipersistent oder flüchtig sein. Persistente Spuren bleiben über einen langen Zeitraum erhalten, auch ohne permanente Stromversorgung. Semipersistente Spuren werden bei aktiver Stromversorgung über einen langen Zeitraum im System gespeichert. Flüchtige Spuren sind auch bei permanenter Stromversorgung nur kurzzeitig verfügbar.

Die Sicherung und Analyse digitaler Spuren erfordert spezielle Werkzeuge und Vorgehensmodelle. Daten werden in Dateisystemen organisiert, und die Auswertung von Daten erfordert geeignete Werkzeuge zur Interpretation der Spuren. Es ist wichtig, die Daten während des gesamten Untersuchungsprozesses vor Veränderungen zu schützen und die Reihenfolge der Sicherung von digitalen Spuren einzuhalten.

Die Herausforderungen der digitalen Forensik

Die digitale Forensik steht vor vielen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die steigende Datenmenge und die Vielfalt der Datenquellen. Die Auswertung großer Datenmengen erfordert viel Zeit und Ressourcen, da viele Auswertevorgänge derzeit noch manuell durchgeführt werden müssen.

Die Bewertung und Analyse von Medieninhalten, wie Bildern und Videos, ist besonders herausfordernd. Es gibt noch keine zuverlässigen automatisierten Verfahren zur Inhaltsprüfung, insbesondere wenn es um die Unterscheidung zwischen erlaubter und verbotener Pornografie geht. Die manuelle Prüfung und Bewertung von Medieninhalten ist zeitaufwändig und erfordert viel Fachwissen.

Darüber hinaus stellen Datenschutz und Datensicherheit eine zunehmende Herausforderung dar. Immer mehr Systeme sind vollständig verschlüsselt und der Zugriff auf Daten gestaltet sich schwierig. Die Erstellung von Datenkopien kann bereits eine Herausforderung sein, und die Analyse der Daten wird durch die wachsende Datenmenge erschwert.

Die Zukunft der Datenwiederherstellung und IT-Forensik mit künstlicher Intelligenz

Die Zukunft der Datenwiederherstellung und IT-Forensik liegt in der Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellen Lernens. KI-gestützte Systeme können bei der Analyse großer Datenmengen helfen und automatisierte Verfahren zur Inhaltsprüfung von Bildern und Videos ermöglichen.

Durch den Einsatz von KI können digitale Spuren schneller und effizienter analysiert werden. KI-Systeme können Muster erkennen und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Spuren herstellen. Dies ermöglicht eine schnellere und genauere Tathergangsrekonstruktion.

Darüber hinaus können KI-Systeme bei der Identifizierung relevanter Spuren helfen und bei der Reduktion der Daten auf diejenigen, die für die Untersuchung von Bedeutung sind. Dies spart Zeit und Ressourcen und ermöglicht eine effektivere forensische Arbeit.

Das sind die Top 8 Erwartungen für die Zukunft der IT-Forensik durch den KI-Einsatz

  1. Automatisierte Analyse großer Datenmengen: KI ermöglicht eine schnellere und effizientere Durchsuchung und Analyse digitaler Beweismittel.
  2. Erkennung komplexer Muster und Zusammenhänge: KI-Systeme können Muster und Verbindungen in Daten aufdecken, die für menschliche Ermittler schwer erkennbar sind.
  3. Fortschrittliche Datenwiederherstellung: KI verbessert die Wiederherstellung von gelöschten, beschädigten oder schwer zugänglichen Daten.
  4. Schnelle Anpassung an neue Cyberbedrohungen: KI-Tools können sich dynamisch an neue Bedrohungen und Taktiken anpassen, um die Sicherheit zu erhöhen.
  5. Reduzierung menschlicher Fehler: Durch KI-Unterstützung kann man Fehler in der Analyse minimieren, was zu präziseren Ergebnissen führt.
  6. Unterstützung bei der Entscheidungsfindung: KI hilft Ermittlern, relevante Informationen schnell zu identifizieren und Entscheidungen auf einer soliden Informationsbasis zu treffen.
  7. Verbesserte forensische Berichterstattung: KI kann genaue und leicht verständliche Berichte generieren, die technische Ergebnisse für ein breites Publikum zugänglich machen.
  8. Erhöhte Skalierbarkeit von Ermittlungen: KI kann mehrere Fälle gleichzeitig bearbeiten, was zu einer effizienteren Fallbearbeitung führt.
  9. Ethik und Datenschutz: Mit KI steigt die Notwendigkeit, ethische Standards und Datenschutzbestimmungen zu berücksichtigen und einzuhalten.
  10. Vorausschauende Analytik: KI ermöglicht nicht nur die Analyse vorhandener Daten, sondern auch die Vorhersage zukünftiger Bedrohungsmuster und Risiken.

Anmerkung: Wir haben für die Erstellung dieses Beitrags eine Kompensation erhalten.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.