Spiegelbest wurde zugetragen, bei LuL.to sollen angeblich Indie-Autoren zur Hälfte am illegalen Verkauf beteiligt werden. Buchpiraterie auf Provisionsbasis?
Eine der jüngsten Entwicklungen in der Buchpiraterie – durchaus bahnbrechend – will ich euch nicht vorenthalten.
Bisher haben die Buchpiraten One-Click-Hoster für ihre Uploads genutzt oder eigene Server gehabt wie Boox.to, dem selig dahingeschiedenen. Es war Entweder-Oder. Lul.to – mit eigenem Server – schlägt nun einen sehr interessanten Mittelweg ein.
Ihr habt es vielleicht bemerkt, dass sich die Preise dort in der letzten Woche zum Teil verdreifacht haben. Es ist dabei auffällig, dass die höherpreisigen Titel speziell sind: Entweder sie sind sehr ausgefallen oder sie verraten den Geschmack eines einzelnen Uploaders.
Lul.to hat den Indie-Autoren angeboten, dass sie ihre Titel auf der Plattform selbst anbieten können, zu selbst festgesetzten Preisen. Ein Autor hat mir berichtet, dass er den Preis dort auf den Ladenpreis gesetzt hat. (Dies war nicht im Sinne von Herr Lehmannn, wurde deshalb als Spaßaktion abgelehnt.) Es scheint aber so zu sein, dass einige Indie-Autoren auf dieses Angebot eingehen.
Der vorstehende Titel ist im Eigenverlag bei Books on Demand erschienen, hat dort den konkurrenzlosen Preis von € 27,99 und wird bei Lul.to mit € 0,35 ausgerufen. Da Lul.to alle Netzfunde mit € 0,10 und € 0,05 (bei Kurztiteln) führt und niemand sonst diesen völlig abseitigen Titel von Frau Feser kaufen würde, vermute ich stark, dass die Autorin selbst hochgeladen hat.
Viel interessanter aber sind die gefragten Titel wie im Screenshot ganz oben zu sehen: ‚Himmler privat: Briefe eines Massenmörders‘ kostet € 20,99, war auf der Spiegelliste bei den Sachbücher irgendwo zwischen 21 und 50 und ist bei Piper erschienen. Ich habe die üblichen Quellen von Lul.to abgesucht und nichts gefunden. Auch deutet der Preis von € 0,30 darauf hin, dass es sich nicht um einen Netzfund, sondern um einen ‚eigenen‘ Titel handelt. Von dieser Kategorie – Sachbuch, gefragt, teuer – gibt es in letzter Zeit auffällig viele.
Ganz offenbar macht Lul.to mit Uploadern einen Deal: ‚Ihr kauft einen Titel auf eigenes Risiko ein, ladet ihn bei uns hoch und werdet am Umsatz beteiligt!‘ Ich habe mir sagen lassen, dass die Beteiligung hälftig ist. Auch die Abrechnung – immer die große Schwachstelle bei den Buchpiraten – lässt sich mittlerweile über Bitcoin sauber und gefahrlos machen.
Dieser Deal ist durchaus nicht unattraktiv. Wenn ich einen Titel für mich gekauft habe, lade ich ihn bei Lul.to hoch und kann – wenn der Titel gut gefragt ist – meine nächste Lektüre davon finanzieren (die ich wiederum hochlade). In diesem Fall muss der Uploader so um die 150 Downloads machen (bei hälftigem Umsatz), um ins Plus zu kommen. Da Lul.to mittlerweile die Nr.1 sein dürfte, was illegale Ebooks anbelangt, halte ich dieses Ziel schon am ersten Tag, in den ersten Stunden für erreichbar.
Auch für Lul.to ist der Deal sehr interessant. Sie haben zusätzlich zu den Netzfunden eigene Titel, gehen dabei aber keinerlei finanzielles Risiko ein. Es kann ihnen im Prinzip egal sein, wer da was hochlädt. Letztlich entscheiden die Nutzer, wer weiter hochlädt, da sie die Uploader mit guten Titeln unterstützen.
Ich könnte mir vorstellen, dass wir hier ein Gegenmodel zu den One-Click-Hostern sehen. Abusefreiheit und hälftige Beteiligung scheinen mir auf den ersten (und zweiten) Blick enorm attraktiv.
Dies ist ein Gastbeitrag und spiegelt dementsprechend nicht die Meinung der gesamten Redaktion von Tarnkappe.info wieder.