Berliner Erklärung
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„Berliner Erklärung“ – CDU/CSU fordern neues Sicherheitspaket

Inhalt der "Berliner Erklärung": Sechs Monate Vorratsdatenspeicherung, mehr Videoüberwachung und intensivere Fahndung im "Darknet"

In einer am heutigen Freitag (19.08.2016) neu gefassten „Berliner Erklärung“ fordern die Innenminister von CDU und CSU ein neues Sicherheitspaket.

Berliner Erklärung – ohne Sicherheit ist keine Freiheit

Sie verlangen:

  • sechs Monate Vorratsdatenspeicherung auch für soziale Medien,
  • mehr Videoüberwachung und eine
  • intensivere Fahndung im „Darknet“.

Unter dem Motto: „Ohne Sicherheit ist keine Freiheit.“– Wilhelm von Humboldt – steht die Berliner Erklärung der Innenminister und -senatoren von CDU und CSU. Sie sprachen sich darin für einen umfassenden Ausbau der Überwachung im Kampf gegen Terror und andere Verbrechen aus. Ferner fordern sie eine erweiterte Vorratsdatenspeicherung, um so notwendige Maßnahmen nun „praxisgerechter“ umzusetzen. Das Papier behandelt sowohl die Bereiche „Innere Sicherheit“ als auch „Integration“.

Die Fristen für verdachtsunabhängige Verbindungsdatenprotokolle werden nun von bisher nur zehn Wochen auf sechs Monate deutlich erhöht. Dabei sollen ebenso die Anbieter von E-Mail-Diensten und die Betreiber sozialer Medien mit einbezogen werden. Zudem müsse der Straftatenkatalog, der einen Zugang zu den Metadaten erlaubt, etwa um Delikte wie Terrorismusfinanzierung oder Wohnungseinbruch erweitert werden. Zugriff auf diese Daten wird auch den Verfassungsschutzämtern und dem Bundeskriminalamt (BKA) gewährt.

Strengere Bestimmungen soll es zudem für Facebook und Co. geben: „Meinungsfreiheit ist für uns nicht verhandelbar“, betonen die Innenminister zwar, aber „Die Verrohung unserer Sprache und Hassbotschaften insbesondere in den sozialen Medien werden wir jedoch nicht akzeptieren.“ Nötig sei eine „Rückbesinnung auf bürgerliche Tugenden“ wie „Respekt, Höflichkeit und gegenseitige Rücksichtnahme“.

Videoüberwachung, Aufklärung im Darknet, mehr staatliche Spionage

Ferner fordern die Innenminister in der Berliner Erklärung „[…] die Videoüberwachung von gefährdeten öffentlichen Plätzen, in Einkaufszentren, an Verkehrsknotenpunkten sowie im Öffentlichen Nahverkehr“. Es könne und dürfe nicht sein, „dass die Polizei bei Amokläufen und Terroranschlägen auf Handyvideos und -fotos von Zeugen angewiesen ist, um Täter zu identifizieren und den Ablauf der Ereignisse zu rekonstruieren“.

Insbesondere muss man die „Verhinderung und Aufklärung von Straftaten im Darknet“ intensivieren. Für eine Verfolgung von Straftaten im Cyberraum müssen künftig mehr Experten zur Verfügung stehen. Diese müssten alle notwendigen Befugnisse und technischen Fähigkeiten erhalten, um die Täter zu stellen. Nötig sei ein „schnellstmöglicher Einsatz von Quellen-Telekommunikationsüberwachung durch Polizei und Verfassungsschutz“, um auch verschlüsselte Chats und Gespräche abhören zu können. Ebenso müssten alle Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern zu heimlichen Online-Durchsuchungen mit Staatstrojanern befugt sein.

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bei der Abwehr von Angriffen, Spionage und Sabotage im Internet müsse intensiviert werden, heißt es. Kompetenzen seien dabei beim BKA und beim Bundesamt für Verfassungsschutz zu bündeln. Strafen für „gewerbs- und bandenmäßige Cyberdelikte“ sollen verschärft, Datenbanken von Polizeien und Geheimdiensten in Deutschland und Europa vernetzt und mehr Informationen etwa auch zu Waffenerlaubnissen ausgetauscht werden.

Zudem fordert man in der Berliner Erklärung:

  • 15.000 zusätzliche Polizisten in Bund und Ländern (bis zum Jahr 2020) –
  • die Polizisten benötigten eine neue Ausstattung wie Schutzwesten und spezielle Waffen, damit sie „robuste Einsätze“ gut überstehen könnten,
  • die Zahl der Mitarbeiter in Sicherheitsbehörden um 4200 erhöhen,
  • die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr innerhalb Deutschlands auszutarieren,
  • ein Teilverbot für Vollverschleierung (im öffentlichen Dienst, im Bildungsbereich, vor Gericht, bei Identifizierungen durch Staatsdiener, im Straßenverkehr sowie bei Demonstrationen),
  • Online-Propaganda und allgemeine „Sympathiewerbung“ für Islamisten und andere terroristische oder kriminelle Vereinigungen müssten wieder kriminalisiert werden,
  • Vorgehen gegen Gefährder und Extremisten: Den Aufenthaltsort von Gefährdern und verurteilten Extremisten wollen die Unionsminister künftig durch elektronische Fußfesseln kontrollieren
  • den Doppelpass auf den Prüfstand zu stellen: „Die Vermeidung von Mehrstaatigkeit muss prägender Grundsatz im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht bleiben“ (zwar soll die doppelte Staatsbürgerschaft, die seit 2014 gilt, unangetastet bleiben, es ist aber geplant, bis zum Jahr 2019 zu „evaluieren“)
  • ein Verbot von Zwangsehen.

Fazit

Thomas de Maizière betonte, dass er dieses gemeinsame Papier in seiner Funktion als Vertreter der Unionsparteien präsentiere: „Freiheit muss in Sicherheit gewährleistet sein“, dafür stünden CDU und CSU, sagte de Maizière. Seinen eigenen Maßnahmenkatalog für mehr Sicherheit nach den Terroranschlägen habe er als Bundesinnenminister so ausgerichtet, dass die Vorschläge auch für den Koalitionspartner SPD „zumutbar und möglich“ seien.

Offen blieb, worauf sich die Minister in puncto Einsatz der Bundeswehr im Innern einigten. Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann hatte kurz vor der Sitzung wiederholt eine Verfassungsänderung gefordert: „Wir brauchen in extremen Ausnahmesituationen die Unterstützung der Bundeswehr“, so der CSU-Politiker. In engen Grenzen sei das auch jetzt schon möglich. „Wir sind dafür, den jetzigen Rahmen zu nutzen und zweitens diesen Rahmen zu erweitern.“ Damit stand Bayern in der Union allein, darum wäre es ziemlich unwahrscheinlich, dass gerade diese Forderung in die „Berliner Erklärung“ noch Eingang finden wird. Der Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte lediglich eine gemeinsame Übung von Polizei und Bundeswehr für Einsätze im Innern an. Dabei wolle man aber „im Rahmen der Verfassung“ bleiben.

Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hält einer verstärkten Videoüberwachung entgegen: „Es ist eine Illusion, dass mehr Videoüberwachung zu mehr Sicherheit führt bei Tätern, die mit ihrer Tat ihren eigenen Tod und die Öffentlichkeit suchen und an allen erdenklichen Orten von Kirchen bis hin zu Einkaufszentren zuschlagen.“ Rechtsstaatliche Auflagen dürften nicht wegen bestehenden oder gefühlten Bedrohungslagen einfach über Bord geworfen werden.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.