Eine Silhouette steht am Ende eines Tunnels, der durch einen leuchtenden Binärcode erhellt wird
Eine Silhouette steht am Ende eines Tunnels, der durch einen leuchtenden Binärcode erhellt wird
Bildquelle: StockCake

Überwachung im Schafspelz: Kriminalprävention vs. digitale Privatsphäre

Die Forderungen nach Überwachung bedrohen unser Grundrecht auf Privatsphäre. Der Kampf gegen Verschlüsselung nimmt zu. Aber um welchen Preis?

Der Staat führt den Kampf gegen Verschlüsselung immer härter. Gerade in den letzten Jahren nimmt der Druck stetig zu. Mal unter dem Deckmantel des Kinderschutzes, mal unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung – die Argumentation bleibt dieselbe. Kriminelle sollen keine sicheren Kommunikationswege nutzen können. Doch die Folgen dieser Forderungen sind alarmierend: eine Überwachung im Schafspelz. Ein Kommentar.

Chat Control – Der erste Versuch einer Massenüberwachung

Im Jahr 2022 startete die EU-Kommissarin Ylva Johansson die „Chat Control“ Initiative. Offiziell sollte sie Kinder vor Missbrauch schützen. In Wirklichkeit war es ein beispielloser Angriff auf die digitale Privatsphäre. Jede Nachricht, jedes Foto – selbst verschlüsselte Chats – sollten per KI auf bedenkliche Inhalte überprüft werden. Ein massiver Eingriff, der glücklicherweise am Widerstand von Datenschützern, Politikern und der UNO scheiterte.

Nach dem Scheitern von Chat Control setzte die EU 2023 auf „Going Dark“ – eine neue „Überwachung im Schafspelz“, um Behörden den Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation zu ermöglichen. Unter dem Vorwand der Verbrechensbekämpfung wurden abwegige Ideen wie Hintertüren in Verschlüsselungen diskutiert. Lobbyorganisationen der Technikindustrie und Geheimdienste trieben die Pläne voran. Ein undurchsichtiges Schauspiel in Hinterzimmern, fernab der Öffentlichkeit.

Überwachung im Schafspelz: Privatsphäre als Grundrecht verteidigen

Das jüngste Forderungspaket der europäischen Polizeichefs zeigt, wie weit der Feldzug gegen die digitale Privatsphäre bereits gediehen ist. Unter dem Deckmantel der Verbrechensbekämpfung werden Grundfreiheiten infrage gestellt. Dabei ist Verschlüsselung laut UN ein Menschenrecht – sie schützt nicht nur Kriminelle, sondern alle Bürger vor Überwachung. Diesem Grundsatz müssen sich auch die Strafverfolger beugen. Zu diesem Schluss kommt auch Mullvad in einem sehr ausführlichen Blogbeitrag.

Die Motive der Behörden sind nachvollziehbar: Die Verschlüsselungstechniken werden immer ausgefeilter, der Zugriff für die Ermittler immer schwieriger. Doch der Weg in den Überwachungsstaat bzw. eine Überwachung im Schafspelz ist der falsche Weg. Vielmehr müssen Strafverfolgung und Gesetzgebung mit der Digitalisierung Schritt halten – unter Wahrung der Bürgerrechte. Denn sonst droht uns ein schleichender Kontrollverlust mit fatalen Folgen für die freie Gesellschaft!

Über

Sunny schreibt seit 2019 für die Tarnkappe. Er verfasst die wöchentlichen Lesetipps und berichtet am liebsten über Themen wie Datenschutz, Hacking und Netzpolitik. Aber auch in unserer monatlichen Glosse, in Interviews und in „Unter dem Radar“ - dem Podcast von Tarnkappe.info - ist er regelmäßig zu hören.