Der US-amerikanische Journalist Brian Krebs hat kürzlich auf seinem Blog neue Hintergründe zur Razzia des Serverzentrums Cyberbunker 2.0 veröffentlicht. Die Polizei stürmte vergangenen Freitag unter anderem den Webhoster CB3ROB Data Services mit dem passenden Slogan „Ideas are bulletproof“.
In einem modernen wie stark befestigten Militärbunker waren Hunderte Server installiert, die illegale Projekte wie Crime-Network.to und offenbar auch mehrere andere Hacker- und Fraud-Foren, die Seiten mehrerer Fake-Shop-Betreiber, Phisher, Spammer, Stresstester (DDoS-Dienstleister), KiPo-Liebhaber und weitere Cyberkriminelle aller Art beheimatet hat. Laut der AP gehörten zu den Kunden auch die Betreiber des Darknet-Marktplatzes „Cannabis Road“. Kunde war auch der neue „Wall Street Market“ oder der Online-Drogen-Shop „Orange Chemicals“, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Cyberbunker 2.0: ideas are bulletproof
Vor mehreren Jahren wurde Cyberbunker 2.0 feierlich als abmahnsichere Festung angekündigt, wo den Betreibern einer Webseite so rein gar nichts passieren könne. Dort sei so gut wie alles erlaubt. „Da seid ihr auf jeden Fall safe„, hieß es in einem Kommentar, der bei uns vor mehreren Jahren veröffentlicht wurde. Mit dem Betreiber vom Cyber Bunker in den Niederlanden hatten wir vor neun Jahren Kontakt, als dieser kurzfristig den P2P-Indexer The Pirate Bay beheimatet hat.
Auf C3ROB.org war zu lesen, man sehe sich als Anbieter mit Netzneutralität. Solange die Technik keinen Schaden nehme, dürfe man dort als Kunde alles tun. Man sehe den eigenen Job nicht darin, Stecker für Dritte zu ziehen, sondern das eigene Geschäftsfeld stetig zu erweitern. Mittlerweile wird man unter c3rob.org zur Facebook-Seite von Sven Olaf Von Kamphuis weitergeleitet, der sich lautstark darüber beschwert, er habe sein Unternehmen nie als Bullet Proof Hoster bezeichnet.
Es gibt keine „Verpflichtung, etwas für zufällige Idioten zu tun, die sich beschweren.“
Von Kamphuis schrieb damals noch bei cb3rob.org, dass es keine Verpflichtung gebe, etwas für „zufällige Idioten zu tun, die sich beschweren. Auch nicht für Polizisten, da es sich um zufällige Idioten handelt.“ Handeln würde man nur für den Fall, dass es von einem zuständigen Gericht ein gültiges Urteil gebe. „Wir sind unseren zahlenden Kunden gegenüber verpflichtet, ihre Sachen online zu halten oder zumindest dies zu versuchen. Und wenn sich herausstellt, dass die meisten von ihnen einfach gegen ein Gesetz verstoßen, dann kam die Werbung für solche Dienstleistungen sicherlich nicht von uns, sondern von Orten wie dem LKA Reinland Pfalz und dem Spamhaus.“ Von dortigen Quellen würde der stetige Hinweis kommen, dass sich alle Verbrecher dieser Welt im Cyberbunker 2. 0 versammeln sollen.
Cyberbunker 2.0: 41 Millionen Dollar beschlagnahmt
Offiziellen Berichten zufolge beschlagnahmte die deutsche Polizei Gelder im Wert von 41 Millionen Dollar, die angeblich an die diversen illegalen Märkte gebunden waren. Mehr als 200 Server wurden beschlagnahmt, die in der gesamten unterirdischen, temperaturkontrollierten, belüfteten und streng bewachten Einrichtung betrieben wurden. Doch nicht nur das. Laut Krebs lagen viele der ach so sicheren Server gar nicht im Cyberbunker, sondern wurden über Jahre hinweg ganz regulär in Amsterdam gehostet. Die Kunden zahlten die Gebühren für ein besonders sicheres Hosting. Dabei wurden ihre Daten laut Krebs an einem regulären Serverstandort in Amsterdam untergebracht. Doch überprüfen lassen sich derartige Behauptungen nur schwerlich.
Szenen wie aus einem James Bond: Drogendealer, ein Feuer & ein Ecstasy-Labor
Brian Krebs grub etwas tiefer nach und stolperte über einen Herman Johan Xennt aus den Niederlanden, auf dessen Name früher die Domain Zyztm.com lief, die ebenfalls am Freitag beschlagnahmt wurde. Xennt und Kamphuis haben den ersten Cyberbunker in den Niederlanden gegründet, wo vorübergehend auch The Pirate Bay lief. Im Jahr 2011 kaufte der Investor Guido Blaauw den Bunker von Xennt für 700.000 US-Dollar. Blaauws Firma, die Disaster-Proof Solutions, renoviert u.a. Bunker und andere Militär-Unterstände, um sie danach zu Geld zu machen. Laut holländischen Medienberichten soll es 2002 im CyberBunker 1.0 zu einem Feuer gekommen sein. Angeblich soll die Feuerwehr dabei ein Ecstasy-Labor entdeckt haben. Der Inhaber des Labors wurde nie gefunden, die Sache wurde eingestellt. Haben die Mieter des Bunkers wirklich nach dem Schuldigen gesucht? Fest steht: Da Xennt und Kamphuis die Erlaubnis zum Betrieb des Bunkers entzogen wurde, musste man ihn im Jahr 2011 weiterverkaufen.
Laut Krebs habe man dann nach dem Verkauf elf Jahre lang alle Kunden betrogen, weil sich ihre Daten gar nicht tief unter der Erde sondern ganz woanders in einem privaten Rechenzentrum befunden haben. Weit später, 2012 oder 2013 habe man dann in Traben-Trabach eine super moderne Anlage gekauft, wo dann die Serverschränke untergebracht wurden. Die Firma hinter Cyberbunker 2.0 sei dafür bekannt gewesen, niemanden der Tür zu verweisen, der sich dort hosten lassen wollte. Cyberkriminelle aller Art seien dort aktiv gewesen, nebst Spammern, Betreiben von Fake-Shops, Phisher und sogär Pädophile. Nach Angaben von Spamhaus sollen Xennt und Kamphuis sogar gleich mehrfach in heftige DDoS-Angriffe per Bot-Netzwerk verwickelt gewesen sein.
Brian Krebs, der Erzähler von Räuberpistolen
Wieder eine Aussage von Krebs, die man nicht überprüfen kann. Doch es wäre nicht Brian Krebs, wenn er aus der Story keine waschechte Räuberpistole gemacht hätte. Wahrscheinlich geht er davon aus, dass sich die von der Rufschädigung betroffenen Personen nicht wehren würden, weil sie derzeit mehr als gut beschäftigt sind. Zur Räuberpistole rund um Cyberbunker 2.0 gehören auch Kontakte zu einem der ganz großen Drogendealer, namens George Mitchell, genannt „Der Pinguin“, der wegen seinen Geschäften u.a. bei Europol auf der Fahndungsliste stehen soll. Der einzige Vorteil: die britische Klatschpresse hatte endlich mal wieder etwas zu berichten.
CB3ROB: „Die Urheberrechts-Industrie wird einfach verschwinden…“
Krebs behauptet auf seinem Blog, niemand habe mehr Kontakt zu Kamphuis aka CB3ROB, was aber nicht stimmen kann. Bei Facebook lässt er sich sehr ausführlich über die Razzia und die Hintergründe aus. Wir haben Kamphuis eine Kontaktanfrage gestellt, weil wir ihn lieber selbst zu diesem Thema befragen möchten, um weitere Aussagen von der Primärquelle zu erhalten statt von Dritten wie Krebs, die sich mit der Story lediglich profilieren wollen.
Übrigens hatte Sven Olaf Kamphuis aka CB3ROB damals im Interview prophezeit, dass die Piratenparteien zehn Jahre nach dem Gespräch weltweit so gut etabliert seien, um Korruption effektiv einzudämmen, was so leider nicht eingetroffen ist. Kamphuis betreute zeitweise die Technik beim Cyberbunker 2.0. Auch seine Ankündigung, die Urheberrechts-Industrie würde „einfach verschwinden“ hat sich noch nicht bewahrheitet.
„Um es mit den Worten von Charles Darwin zu sagen: Würdet ihr heutzutage Aktien von Walt Disney kaufen?“ Würden wir nicht. Aber wir wetten auch nicht darauf, dass sich dieser Multi-Millillarden-Dollar-Konzern so bald selbst überleben wird. Spätestens wenn Weihnachten der nächste Star Wars in die Kinos kommt, wird der Rubel für Disney wieder rollen. Und was man nicht an der Kinokasse verdient, bringt das Merchandising der überteuerten Star Wars-Figuren etc. wieder rein.
Beitragsbild: vom Facebook-Account von Kamphuis, thx!
Tarnkappe.info