Ein Arzt aus Spokane, USA heuerte unter dem Namen Scar215 gleich mehrfach im Darknet Auftragskiller an, um seine privaten Ziele zu erreichen.
Der 56-jährige Ronald Craig Ilg, Facharzt für Kinderheilkunde, benutzte im Darknet das Pseudonym Scar215. Dies heißt übersetzt Narbe Nummer 215. Ilg gab laut US-Staatsanwaltschaft des östlichen Bezirks des Staates Washington insgesamt mehr als 60.000 Dollar in Bitcoin für die Auftragskiller aus.
Der Strafanzeige zufolge nahm Scar215 im Februar 2021 erstmals Kontakt zu einer Hitman-Website im Deep Web auf. Seine Frau ging nach der Trennung eine Beziehung mit einem anderen Arzt ein. Ilg teilte dem Administrator der Seite mit, dass er jemanden anheuern wolle, um einem seiner ehemaligen Kollegen die Hände brechen zu lassen. Daraufhin übermittelte er dem Admin den Namen, die Adresse und ein Foto des Opfers. Laut Anklage transferierte Ilg Bitcoin im Wert von etwa 2.000 Dollar als Bezahlung für den Überfall auf das Opfer.
Facharzt für Geburtsheilkunde nannte sich Scar215
Doch damit nicht genug. Ende März als auch Anfang April 2021 kontaktierte Ilg die Betreiber von drei Darknet-Seiten für Auftragsmorde. Er gab ihnen gegenüber bekannt, dass er einen Kriminellen suche, um seine entfremdete Frau zu entführen und zu betäuben. Man solle sie dazu zwingen, das zu diesem Zeitpunkt noch laufende Scheidungsverfahren fallen zu lassen. Sie sollte zu ihm zurückkehren.
Scar215 wollte die Frau sieben Tage lang entführen lassen. Die Täter sollten ihr mindestens zweimal täglich Heroin spritzen. In einer Anzeige (siehe Screenshot unten) schrieb er, die Dame hätte „zwei Familien zerstört und wäre mit ihrem Verhalten davon gekommen, als wenn nichts gewesen wäre.“ Das hat den Tatverdächtigen offensichtlich zur Weißglut getrieben.
Der Facharzt aus Spokane gab den Auftragskillern auch eine Liste von Teilzielen, die sie im Rahmen ihrer Entführung erreichen sollten. Für jedes erreichte Ziel setzte der Auftraggeber einen extra Bonus als Belohnung aus. Sofern die Frau alle gerichtlichen Anträge und bereits getroffenen Vereinbarungen zurückgenommen hätte, winkten den Tätern 10.000 zusätzliche US-Dollar. Wäre sie zu ihm zurückgekommen und hätte einvernehmlichen Sex mindestens drei Mal innerhalb von zwei Wochen zugestimmt, hätte er die gleiche Summe gezahlt. Auch sofern die Entführung geheim geblieben wäre, wollte Scar215 nochmals 10K oben drauflegen.
Für das Erreichen von Teilzielen sollte es 10.000 USD extra geben
Für Fotos und Videos, auf denen seine Partnerin beim Spritzen des Heroins zu sehen gewesen wäre, hätte er immerhin 5.000 US-Dollar springen lassen. Zudem sollten sie zum gleichen Preis Drogen und gebrauchte Nadeln inklusive ihrer DNA in ihrem Haus verteilen. Der Verlassene wollte nicht nur die Gesundheit, sondern auch den Ruf seiner Ex-Frau komplett ruinieren.
Ilg wies seine Handlanger an, alle notwendigen Mittel einzusetzen, um seine Ziele zu erreichen, einschließlich der Drohung, den Vater des Opfers zu verprügeln, ihren Hund abzuschlachten und ihren ältesten Sohn heroinabhängig zu machen. Insgesamt gab der Facharzt bis zu seiner Enttarnung mehr als 60.000 US-Dollar für das Komplott gegen seine Ex-Frau aus.
Coinbase übermittelte Identität an das FBI
Der Neonatologe war bei seinem Vorgehen überaus unvorsichtig. Er hatte die Bitcoins offenkundig ungewaschen von Coinbase aus an die Wallets der Hitmen transferiert. Das FBI erhielt von Coinbase auf Anfrage Informationen, die zeigten, dass die Gelder von einem Konto unter Ilgs Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Sozialversicherungsnummer gesendet wurden. Coinbase ist im Gegensatz zu vielen anderen Krypto-Handelsplattformen eine Aktiengesellschaft, die sogar in den USA gegründet wurde. Von daher fällt der Anbieter seit langem unter die KYC-Regulierung. Niemand kann sich bei Coinbase als neuer Nutzer ohne entsprechende Legitimationsprüfung mit Ausweis-Scan etc. registrieren.
Bitcoin als Stolperstein für Straftäter
Bei einer Befragung am 11. April behauptete der Tatverdächtige, er habe das Vermögen in Form der Kryptowährung lediglich bezahlt, um sich selbst umbringen zu lassen. Schon aufgrund der mangelnden Glaubwürdigkeit dieser Aussage vollstreckte das FBI am gleichen Tag einen Durchsuchungbeschluss. Die Ermittler fanden einen verschlossenen Tresor und darin einen Zettel mit den Passwörtern der ganzen Darknet-Auftragsmordseiten. Dies war zweifellos der nächste große Fehler, der Scar215 unterlief.
Der Rest der Ermittlungen waren reines Tagesgeschäft. Die Mitarbeiter des FBI griffen auf die Konten zu, mit denen man sich in den Websites für Auftragsmorde als Scar215 einloggen konnte. Die Behörde erstellte dann zwecks Beweissicherung Screenshots der Nachrichten, die zwischen Scar215 und den Administratoren der Hitmen-Seiten ausgetauscht wurden.
Neben der Justizbehinderung schickte Ilg einen Brief an eine wichtige Zeugin, die drohte, ihn sehr zu belasten. Er bat sie, ihn zu heiraten, damit er kontrollieren könne, ob sie aussagt. Im Gegenzug bot er der Zeugin an, ihr das Schulgeld für die Grund- und weitergehende Schule ihrer Kinder zu bezahlen. Sie solle unbedingt alle Beweise vernichten, indem sie den belastenden Brief verbrannt hätte.
8 Jahre Haft und hohe Geldstrafen
Ilg bekannte sich am 10. August 2022 in zwei Fällen der Übermittlung von Drohungen für schuldig. US-Bezirksrichter William Fremming Nielsen verurteilte den Mann am 24. Januar 2023 zu acht Jahren Freiheitsentzug. Dazu kommen drei Jahre auf Bewährung. Richter Nielsen ordnete außerdem eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Dollar und eine Rückerstattung in Höhe von 25.000 Dollar an. Damit hat der Richter das Strafmaß voll ausgeschöpft, höher hätte die Strafe nicht ausfallen dürfen.
Richter Nielsen bezeichnete Ilgs Verhalten als „wirklich ungeheuerlich und sogar bösartig“. Er betonte, dass es nicht nur zahlreiche verräterische Mitteilungen gab. Der Angeklagte habe wirklich viel Geld ausgegeben, „um sicherzustellen, dass das, was Sie von ihnen verlangten, auch getan wurde“. Seine Aufgabe als Arzt wäre es, Menschen zu schützen und sie am Leben zu erhalten. Und nicht, offenkundig das exakte Gegenteil zu tun, urteilte der Richter.
Ilg will mit Buch- oder Filmvertrag Kasse machen!
Der Kriminelle zeigt keine Reue. Stattdessen strebt Ilg „einen Buch- oder Filmvertrag“ mit seiner Hollywood-reifen Story an, damit er „eine Menge finanziellen Gewinn“ aus seinen Verbrechen ziehen kann, sagte er. Man wird sehen, ob es dafür reicht oder wie jetzt, bei einem simplen Beitrag bei DarknetLive & Co. bleiben wird.
