Sebastian Hahn wurde nachweislich zum Opfer der Spionageaktivitäten der NSA. Nun hat der Betreiber eines Tor-Servers zahlreiche Antworten veröffentlicht.
Der 27-jährige Informatikstudent Sebastian Hahn wurde nach Recherchen von NDR und WDR zum Ziel der Überwachungsmaßnahmen des US-Geheimdienstes NSA. Hahn wurde der Programmcode vorgelegt, der unter anderem die IP-Adresse seines Tor-Servers beinhaltet. Offenbar handelt es sich dabei um einen Bestandteil der Spionagesoftware XKeyscore. Wahrscheinlich um die Öffentlichkeit so breit wie möglich zu informieren, veröffentlichte Hahn eine Liste aller bisher gestellter Fragen und Antworten.
Im Jahr 2008 soll der Leiter der NSA, General Keith B. Alexander bei einem Besuch beim britischen Geheimdienst gefragt haben: „Warum können wir nicht alle Daten sammeln, immer und jederzeit?“ Die Aussage wurde offiziell als Scherz abgetan. Wie Glenn Greenwald in seinem Buch schreibt, wurde dies später tatsächlich zur Devise der NSA. Auch eine geheime Präsentation auf der Five-Eyes-Jahrestagung 2011 belegt, dass der Geheimdienst mittlerweile seine Kernaufgabe darin sieht, stets über alles und jeden informiert zu sein. Das gilt insbesondere für solche Personen, die sich in ihren Augen auffällig verhalten.
Zum Artikel XKeyscore: NSA hat Tor und den CCC im Visier.
Sebastian Hahn überrascht über Vorgehen der NSA
Sebastian Hahn erfuhr schon vor mehreren Wochen bei der Aufzeichnung eines Video-Interviews, dass er zum Ziel der NSA-Recherchen wurde. Es scheint, seine Aktivitäten beim Anonymisierungsnetzwerk Tor oder seine speziellen Fachkenntnisse waren bereits ausreichend, um ihn zum Verdächtigen werden zu lassen. Dieser Geheimdienst sieht Menschen als Extremisten an, die wie er „daran arbeiten, der Welt ein Stück Freiheit im Internet zurückzugeben. Privatsphäre ist Grundrecht, kein verschrobenes Ziel sogenannter Extremisten“, schreibt er.
Zwar war aufgrund der Veröffentlichungen von Edward Snowden abzusehen, dass sich die Geheimdienste für die Arbeit von Anonymisierungsnetzwerken interessieren. Hahn war trotzdem überrascht, dass die Server der Betreiber ohne weitere Verdachtsmomente überwacht werden. Dies „ist eine Qualität mit der man nicht unbedingt rechnen konnte.“
Der Informatikstudent fühlt sich dadurch nicht eingeschüchtert, sondern sieht sich darin bestätigt, das Richtige zu tun. „Nur durch aktives Handeln lässt sich unsere Demokratie langfristig verteidigen, Demokratie braucht Privatsphäre und Sicherheit in der Kommunikation.“ Hahn befürchtet, dass bereits von einer beinahe lückenlosen Überwachung ausgegangen werden muss. Er ist schon seit mehr als vier Jahren ehrenamtlich beim Tor-Projekt tätig und sieht Tor als die momentan effektivste Technologie an, um sich vor Spionage zu schützen.
Es wäre aber sehr viel wichtiger, ein „gemeinsames gesellschaftliches Bewusstsein für die Problematik zu schaffen“, damit sich das Verhalten eines jeden ändern kann. Das ist eine gute Aussage, die allerdings offen lässt, wie dies im Detail geschehen soll. Leider kann man Überwachung weder riechen, schmecken, fühlen oder hören. Sie findet im Verborgenen und ohne Aufsehen zu erregen statt. Vielleicht werden eines Tages Beweise dafür gefunden, dass neben Angela Merkel weitere Prominente von den Überwachungsmaßnahmen betroffen sind. Ob das helfen würde?
Wer sich für die weiteren Details interessiert, alle 21 Fragen und Antworten von Sebastian Hahn sind hier verfügbar.