Staatstrojaner Pegasus im Einsatz
Staatstrojaner Pegasus im Einsatz
Bildquelle: AndreyPopov, Lizenz

Alle 40 Minuten verliebt sich ein Ermittler über Pegasus

Ein Vertreter der NSO Group hat einige Zahlen geteilt, die Aufschluss über den weltweiten Einsatz des Staatstrojaners Pegasus geben.

Chaim Gelfland, der Chief Compliance Officer der NSO Group, teilte vor einem Untersuchungsausschuss des Europaparlaments einige Zahlen, die Aufschluss darüber geben, wie umfangreich der Staatstrojaner Pegasus weltweit eingesetzt wird. Ganz nebenbei bringt er die deutsche Bundesregierung in Erklärungsnot.

Alle 40 Minuten erfolgt ein Einsatz des Staatstrojaners Pegasus

NSO, der Hersteller des Staatstrojaners Pegasus, äußerte sich kürzlich vor einem Untersuchungsausschuss des Europaparlaments zum Einsatz seiner Software. Der seit April aktive Ausschuss verfolgt das Ziel, das Ausmaß zu untersuchen, in dem Überwachungssoftware wie Pegasus zum Einsatz kommt. Als Unternehmenssprecher trat Chaim Gelfland, der Chefjustiziar und Chief Compliance Officer der israelischen NSO Group, vor den Ausschuss. Die Anhörung steht als Videoaufzeichnung auf der Webseite des Parlamentes zur Verfügung.

pegasus

Während die Abgeordneten laut der Pressemitteilung des Parlaments den Vertreter der NSO Group „gegrillt“ hatten, teilte dieser ein paar spannende Zahlen. Pegasus finde demnach für Angriffe auf „etwa 12.000 bis 13.000 Ziele“ pro Jahr Verwendung. Ergo setzen Beamte der Polizei oder Geheimdienste etwa alle 40 Minuten den Staatstrojaner ein, um das Smartphone einer verdächtigen Person zu infiltrieren und zu durchsuchen.

Regierungen dürfen reden – oder etwa nicht?

Aktuell habe die NSO Group laut Gelfland „weniger als 50 Kunden“ für den Staatstrojaner Pegasus. Darunter befinden sich auch 12 EU-Mitgliedsstaaten. Welche das genau sind, dazu dürfe sich der Unternehmenssprecher nicht äußern. Er räumte jedoch ein, dass es den „Regierungen der einzelnen EU-Mitgliedsländer“ durchaus erlaubt sei, Auskunft darüber zu geben. „Es geht um ihre Sicherheit, und sie können entscheiden, ob sie diese Frage diskutieren wollen oder nicht„, ergänzte Gelfland.

Damit widerspricht der NSO-Vertreter der Aussage der ehemaligen Bundesregierung. Aus einem von Netzpolitik.org veröffentlichten Protokoll einer Bundestagssitzung vom 6. Juni 2018 geht hervor, dass Stephan Mayer vom BMI einst das Gegenteil behauptete.

Die Unternehmen wollen nicht, dass es offenbar wird, dass sie mit der Bundesregierung oder mit Sicherheitsbehörden des Bundes kooperieren. Wenn dies der Fall ist, dann beenden sie ihre Geschäftsbeziehungen mit uns.

Stephan Mayer (BMI)

Und obwohl der Einsatz des Staatstrojaners Pegasus von deutschen Behörden längst kein Geheimnis mehr ist, verweigert die amtierende Regierung jegliche Auskunft darüber.

Mit großer Macht, kommt große Verantwortung

NSO Group

Tatsache ist, dass es sich bei Pegasus um ein sehr machtvolles Instrument handelt, dessen Missbrauchspotenzial seinesgleichen sucht. Ganz gleich, ob Beamte den Staatstrojaner für vermeintlich „gute“ Zwecke einsetzen. Zum Beispiel, um die Smartphones von Verbrechern zu durchsuchen. Oder ob sie dazu dient, Journalisten und hochrangige Politiker einzuschüchtern oder gar die Privatsphäre der großen Liebe“ eines Mannes auf den Kopf zu stellen.

Mit großer Macht, kommt immer auch große Verantwortung. Und diese wird leider, wie die Vergangenheit schon häufig gezeigt hat, viel zu oft nicht ernst genommen.

Über

Marc Stöckel hat nach seiner Ausbildung zum IT-Systemelektroniker und einem Studium im Bereich der technischen Informatik rund 5 Jahre als Softwareentwickler gearbeitet. Um seine technische Expertise sowie seine Sprachfertigkeiten weiter auszubauen, schreibt er seit dem Sommer 2022 regelmäßig Artikel zu den Themenbereichen Software, IT-Sicherheit, Datenschutz, Cyberkriminalität und Kryptowährungen.