Corona-Listen
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Bildquelle: Markus Winkler, Lizenz

Corona-Listen: Polizei fragte bundesweit mehr als 100 Mal Daten ab

Laut zdfheute fragte die Polizei in mehr als 100 Fällen Daten aus den Corona-Listen und der Luca-App ab, um ihre Ermittlungen durchzuführen.

ZDFheute führte kürzlich eine Umfrage bei allen Staatsanwaltschaften und Landesdatenschutzbeauftragten durch. Sie wollten wissen, wie oft Polizei und Staatsanwaltschaften auf die Daten der Corona-Listen bzw. die der Luca-App zugegriffen haben. Laut der freiwilligen Angaben war dies seit 2020 mehr als 100 Mal der Fall. Doch die tatsächlichen Zugriffszahlen dürften noch weitaus höher liegen.

Corona-Listen: mehrere illegale Abfragen aufgedeckt

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In mindestens fünf Fällen fragte man die Daten illegal ab, weil das Infektionsschutzgesetz die Abfragte zu diesem Zeitpunkt eindeutig untersagt hat. Die Verwendung der Corona-Listen wird bei der Polizei nicht protokolliert. Deswegen haben die Mitarbeiter der Behörden ihre Angaben aus dem Gedächtnis gemacht.

Außerdem gab es Fälle, in denen die Polizei die Daten ohne Wissen der zuständigen Staatsanwaltschaft erhoben hat. Auch diese Anfragen kommen in der Statistik nicht vor. Von daher dürfte die Dunkelziffer der Zugriffe weitaus höher liegen.

Polizei beruft sich auf die StPO

Eigentlich sollen die Eintragungen in den Corona-Listen ausschließlich der Kontaktverfolgung von Infektionen dienen, um eine weitere Ausbreitung von Covid-19 zu verhindern. Doch viele Polizeibeamte berufen sich auf die Strafprozessordnung. Sie werteten die Daten unabhängig von der jeweils gültigen Rechtslage aus. Die Länder handhaben das Ganze unterschiedlich.

In Rheinland-Pfalz ist der Zugriff auf die Corona-Listen beispielsweise nur dann zulässig, sofern ein Ermittlungsrichter dies anordnet. In anderen Bundesländern ist der Zugriff komplett verboten. Das Mainzer Gesundheitsamt hat im Auftrag der Polizei sogar eine Infektion vorgetäuscht, um den Betreiber der Luca-App zur Herausgabe der Daten zu bewegen. Offenkundig arbeitet man dort nach der Methode: „Der Erfolg rechtfertigt die Mittel!“

Falsche Angaben als Notwehr?

Bei einem derart laschen Umgang der Behörden mit dem Datenschutz ist es eigentlich kein Wunder, wenn immer mehr Bürgerinnen und Bürger falsche Daten bei ihrer Registrierung in einem Restaurant angeben. In dem Fall wäre allerdings keine Kontaktverfolgung mehr möglich. Und genau dafür hat man die Corona-Listen eingerichtet.

Trotzdem gilt noch immer der Grundsatz, der erneut bewiesen wurde: Die besten Daten sind keine!

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.