#pimmelgate: Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sorgte heute um 6 Uhr bei einem Twitter-Nutzer offenbar für eine Hausdurchsuchung.
#pimmelgate: Morgens früh um 6 Uhr in Hamburg, nicht weit vom Elbufer entfernt. Sechs Mitarbeiter der Polizei klingeln beim mutmaßlichen Wohnort des Nutzers des Twitter-Accounts ZooStPauli. Der Mitbetreiber einer Kneipe hatte im Mai eine Aussage getätigt, die Innensenator Andy Grote offenkundig als Beleidigung nach § 185 StGB einstuft.
Da derartige Delikte ausschließlich nach erfolgter Anzeige verfolgt werden, muss man davon ausgehen, dass der Innensenator Hamburgs wegen einer vergleichsweise harmlosen Aussage tätig wurde. Staatsanwaltschaft und der zuständige Richter haben dabei mitgespielt.
#pimmelgate wird für SPD-Politiker zum Eigentor
Den Polizisten ging es darum, das Gerät zu beschlagnahmen, mit dem einige Wochen zuvor der Tweet
„du bist so 1 Pimmel“ verschickt wurde. Mittlerweile ist der #pimmelgate bei Twitter ganz oben angelangt. Der Verursacher ist nach eigenen Angaben der Betreiber einer Fan-Kneipe in St. Pauli, direkt gegenüber vom Fußballstadion. Dieser hat auf unseren Kontaktversuch bislang nicht reagiert, twittert derweil aber fleißig weiter. Er betreibt die Kneipe gemeinsam mit seiner Ex-Freundin.
Die Kollegen der Hamburger Morgenpost fragten beim SPD-Innensenator nach, der sich zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht zur Causa #pimmelgate äußern möchte. Aus seiner Behörde vernimmt man lediglich, dass Beleidigungen nebst Hass im Internet ein ernsthaftes Problem darstellen würden. Dies würde zunehmend die Kräfte der Strafverfolgungsbehörden in Beschlag nehmen, weil die Identifikation der Verursacher entsprechend zeitaufwändig sei.
Die Polizei
bestätigte der MOPO(Hamburger Morgenpost) immerhin die Durchsuchung in der Bernhard-Nocht-Straße am frühen Morgen des heutigen Tages. Darüber hinaus mag man sich aber nicht zu den laufenden Ermittlungen äußern.
Grote: Wasser predigen und selbst Wein saufen?
Andy Grote hatte bei
Twitter am 30. Mai die Polizei gelobt, weil diese wegen einer Feier in der Schanze ausrücken musste. Daraufhin warf man ihm unter anderem bei Twitter vor, er habe doch selbst mit einer Feier in der Hafencity gegen die Corona-Auflagen verstoßen. Grote veranstaltete sein Event samt 30 Gästen anlässlich seiner Wiederernennung als Innensenator Hamburgs. Merkwürdig erscheint allerdings, dass schon diese vergleichsweise harmlose Beleidigung ausreichend für das Ausstellen des Durchsuchungsbeschlusses war. So mancher Twitter-User stellte sich die Frage, ob die Staatsanwaltschaft bzw. der zuständige Richter genauso bei einem weniger populären Opfer vorgegangen wäre.
Falsche Wohnung durchsucht
Laut der taz war die Polizei zunächst
in der falschen Wohnung, wo der Urheber vom #pimmelgate gar nicht mehr wohnhaft ist. Doch er war dort noch gemeldet. Die polizeiliche Aktion betraf deswegen seine Ex-Freundin, die gar nicht wusste, was die ganzen Polizeibeamten von ihr wollten. Eine Polizistin soll sich den Zutritt mittels ihres Fußes im Türspalt gesichert haben. Wenige Momente später wurde die Durchsuchung dann schon in ihren privaten Räumlichkeiten vollzogen. Die Inhaberin der Kneipe kann absolut nicht nachvollziehen, ob die Polizei wirklich nichts Besseres zu tun hätte.
Hintergrund. Nach der Strafanzeige erfolgte eine Vorladung bei der örtlichen Polizeidienststelle, die der Twitter-Nutzer auch nachgekommen ist. Marlon P., so der Name von ZooStPauli, hat bei der Befragung aber keine weiteren Angaben gemacht. Ihm wurde damals signalisiert, dass man die Angelegenheit mit seiner Vorladung wahrscheinlich wegen Geringfügigkeit einstellen würde. Dementsprechend überrascht äußern sich die beiden Betreiber der Fan-Kneipe gegenüber vom Stadion von St. Pauli.
Andererseits sei es laut den Durchsuchten keine Überraschung, dass es so weit gekommen ist. Dieser Stadtteil gilt gemeinhin als Treffpunkt für die linke Szene Hamburgs. Wenn aus dem Bereich etwas gemeldet wird, würde die Justiz einen extremen
„Beißreflex“ entwickeln, vermuten die Betroffenen.
„Haben die nichts Besseres zu tun?“
Die Ex-Freundin Mara K. hinterfragt auch, warum man nicht mehr gegen die Beleidigungen und Drohungen tut, die tagtäglich im Netz gegenüber Frauen ausgesprochen werden. Im gleichen Atemzug wird die Hamburger Justiz wegen einer derartigen Kleinigkeit aktiv und nur, weil der Betroffene Innensenator ist? Derweil ranken die Hashtags #pimmelgrote und #pimmelgate heute ganz oben in der Beliebtheitsskala bei Twitter. Herr Grote, der außerhalb Hamburgs kaum bekannt ist, hat sich mit seiner Aktion offenkundig ein Eigentor geschossen.
Tarnkappe.info