Cyberbunker, Verantwortungsdiffusion
Screenshot von https://cyberbunker.com/web/index.php

CyberBunker kommt zurück, Betreiber haben Domain gekapert

Die Betreiber vom CyberBunker haben die Domain Zyztm.com geklaut. Ihr WebhostLS�

Die Betreiber vom CyberBunker haben kürzlich die Domain Zyztm.com gekapert, die die deutschen Behörden beschlagnahmt hatten. Laut Sven Olaf Von Kamphuis kommt der Webhoster CyberBunker bald zurück, allerdings wohl nicht in Deutschland.

CyberBunker am Adolf-Hitler-Platz?

Zunächst regte sich Von Kamphuis episch über den Artikel von Volker Rieck auf. Dieser unterminiere die „Souveränität der Republik Cyberbunker„. Man habe laut dem Geschäftsführer von CB3ROB schlichtweg das Recht dazu, sich selbst Straßennamen auszudenken. Es sei schließlich ihr Land. Sie hätten es auch so aussehen lassen können, als wenn der Fimensitz auf dem Adolf-Hitler-Platz lokalisiert wäre. Als Witz fügte er noch hinzu, man beanspruche „auch die gesamte Antarktis“ als ihr Territorium. Warum? Weil es im Vertrag keine Klausel gebe, die ihnen dieses verbieten würde, schrieb er uns schmunzelnd.

Sven Olaf von Kamphuis schrieb bei Facebook (freie Übersetzung). „Hey ihr Krauts, gut gestohlen ist nicht halb gewonnen. Und wo ist eigentlich Opas Motorrad?“

Zyztm.com geklaut

Zyztm.com habe man kürzlich ohne großen Aufwand von den deutschen Strafverfolgungsbehörden entwendet. Das gleiche könne man mit jeder Webseite innerhalb Deutschlands tun. Aber da man selbst diplomatischer vorgehe als die deutsche Justiz, würde man es dieses Mal dabei belassen, nur eigene Seiten zurück zu erlangen. Die Übernahme solle man lediglich als eine Art Demonstration ihrer Macht zur Kenntnis nehmen, schrieb er uns. Das wäre wie in einem „Cyber-Kriegsführungstheater„, wie manche Experten dieses Szenario bezeichnen. Die Domain Cb3rob.org befindet sich sowieso in der Hand des Betreibers Kamphuis, der die Domain seit der Durchsuchung auf seine private Facebook-Seite umleitet.

CyberBunker geht wieder ans Netz!

Die Verhaftung von Tom F. habe diesem so gar nicht gepasst, teilte uns Kamphuis mit. Das Untergraben der Immunität von Providern geht allen Anbietern auf den Keks, schrieb er uns. Natürlich werde man den CyberBunker bald wieder eröffnen. Vielleicht dieses Mal in Nigeria. Die Szene in Lagos, der größten Stadt Nigerias, sei wirklich sehr aktiv. Die dortigen Behörden seien wohl glücklicher mit ihren Umsätzen und Steuern, als die Deutschen. 30 Wettbewerber haben im Laufe der letzten Jahre in Lagos neue Anlagen eröffnet. „Ich denke, wir sollten dort auch eine eröffnen„. Zudem könne man so sicherstellen, dass der nächste Cyberbunker nicht von Einheiten der GSG9 gestürmt werden.

Warnung vor .de als Serverstandort

Kamphuis, also der Geschäftsführer von CB3ROB, hat seinen Kollegen immer wieder vor Deutschland als Serverstandort gewarnt. Seit 2007 habe Kamphuis ständig neue Angebote bekommen, leere Bunker zu mieten. Doch er habe den Niederländer Herman Johan Xennt, auf den zyztm.com registriert war, immer wieder wegen möglicher Probleme vor Deutschland als Serverstandort gewarnt. Kamphuis ging davon aus, der TÜV könne ihnen Schwierigkeiten bereiten. Abgelaufene Erste-Hilfe-Kästen hier, veraltete Feuerlöscher dort. Er ging davon aus, dass man ihnen deswegen reingrätschen werde.

Kamphuis und Xennt hatten nicht erwartet, dass die Probleme von den Ermittlungsbehörden ausgehen würden. Offenbar fühlte man sich sicher, weil es in den letzten Jahren trotz ihres Geschäftsmodells keine behördlichen Anfragen gab. „Nun ja. Die Gesetze in Deutschland sind eigentlich (für Webhoster) ganz gut geeignet. ABSOLUTE Carrier-Immunität beim Paragraphen 8 Telemediengesetz (TMG) und gar keine Zensur. Soweit zumindest die Theorie.“ Die Praxis sah anders aus, wie wir alle wissen.

Ich nahm immer an, die ‚Attacke‘ würde aus einer ganz anderen Ecke kommen.“ Irgendwelche übermotivierten TÜV-Prüfer, die fehlerhafte Gasmasken, veraltete Fahrstühle oder das Fehlen von Halogenfreien Stromkabeln beanstanden würden. „Dass die Deutschen ihre eigenen Gesetze, allen voran das Grundgesetz, verletzen würden, damit hätte ich nicht gerechnet„, schrieb uns Sven Olav Von Kamphuis. „Irgendwie sind wir jedes Mal problemlos über den TÜV gekommen. Und dann sowas. (…) Die hätten sich mit ihren über 600 Polizisten einfach an ihre eigenen Gesetze halten müssen. Doch eben genau das haben sie nicht getan„.

Das war vom Macher des Cyberbunker eine Anspielung auf die gigantische DDoS-Attacke auf Spamhaus.

Ein Bunker ist ein idealer Ort für das Webhosting

Republik CyberbunkerImmer wieder sei er von anderen Journalisten gefragt worden, warum sie sich für einen Bunker entschieden hätten. Die Antwort darauf wäre simpel. Die Gegebenheiten dort seien einfach ideal mit dem riesigen Platzangebot, den bereits installierten Glasfaserkabeln, Generatoren und Wartungsverträgen, die es schon gab. Natürlich könne man dort auch Bananen lagern. Doch dann müsse man Waren in gigantischen Werten unterbringen, bevor so ein Unterfangen genug Umsatz einfahren würde.

Heutige Datencenter waren früher Fabrikgebäude für Chemikalien oder Logistikzentren für Reifen. Ein anderes Datenzentrum in Amsterdam war früher tatsächlich eine Importfirma für Bananen. Wer unter anderen Umständen einen Webhoster aus dem Boden stampfen will, sollte sich für den Anfang ein paar reiche Teilhaber suchen, um die ganzen Unkosten zu decken. Rheinland-Pfalz sei regelrecht vollgepflastert mit den Spionage-Einrichtungen der Amerikaner. Da seien sie mit ihrer Ausstattung gar nicht weiter aufgefallen. Außerdem war die Anbindung an das Internet extrem schnell. Das war ideal für den Cyberbunker. Viele Spionage-Basen seien zwischenzeitlich nach Berlin umgezogen, weswegen es immer wieder Angebote gab, Räumlichkeiten unter der Erde zu mieten. Zwei Offerten musste man ausschlagen, weil das Gelände einfach zu groß war.

„Ich erkenne Raketensilos, wenn ich sie sehe“

Das war einmal. Die Domain wurde geklaut.
Das war einmal. Die Domain hat man geklaut.

Allen Hartz-4-Empfängern in Deutschland könnte man für die kommenden 200 Jahre locker ihre Sozialhilfe bezahlen, sobald man die Kosten nur einer Etage einer solchen Spionageeinrichtung dafür in Anspruch nimmt„, schreibt uns der Holländer, der offenkundig im Ausland lebt. Wer sich die gigantischen Antennen-Anlagen in Bad Aibling anschaut, die man aufgrund ihrer Größe sogar von der Erdumlaufbahn aus sehen kann, müsse sich nicht mehr über das abgehörte Kanzler-Handy von Angela Merkel wundern. Weitere Silos werden von den Amerikanern als Schächte für die Luftzufuhr unter der Erde deklariert, obwohl sie ganz andere Zwecke verfolgen. „Ich erkenne Raketensilos, wenn ich sie sehe„.

Damit werden sich die Macher nicht mehr beschäftigen müssen, wenn sie ihre Dienstleistung erneut ganz woanders aufbauen werden. Interessenten an einem Webhoster, der alles erlaubt und für den Schutz vor Ärger mehr als das doppelte der üblichen Kosten veranschlagt, gibt es mehr als genug. Außerdem darf man davon ausgehen: Über die entsprechenden Kontakte zur Szene dürften die Betreiber trotz der Razzia noch immer verfügen. Ob man wirklich Afrika als Serverstandort auswählen wird, bleibt hingegen kritisch abzuwarten.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.