Cyberbunker
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Cyberbunker-Prozess: Anklage lautet auf Beihilfe zu 249.000 Straftaten

Der Cyberbunker in Traben-Trarbach soll ein Darknet-Rechenzentrum verborgen haben. Gegen acht Beschuldigte startete bereits der Prozess.

Vor dem Landgericht (LG) Trier steht heute der zweite Verhandlungstag in Sachen Cyberbunker an. Die acht Angeklagten werden beschuldigt, in einem Cyberbunker ein illegales Rechenzentrum als Schaltstelle für millionenschwere illegale Darknet-Geschäfte betrieben zu haben. Sie sollen damit Beihilfe zu mehr als 249 000 Straftaten geleistet haben. Darunter millionenschwere Drogendeals, Datenhehlerei, Computerangriffe, Falschgeldgeschäfte, verlinkte Kinderpornografie und Mordaufträge.

Gleich zum Prozessauftakt des größten Cybercrime-Prozesses bislang führte Oberstaatsanwalt Jörg Angerer am Montag die zahlreichen kriminellen Geschäfte der Cyberbunker-Kunden in einer fast zweistündigen Anklage auf. Nun folgen, drei Tage nach dem Start, persönliche Angaben der Angeklagten, inklusive der Lebensläufe. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht sind Termine, in einem Zeitrahmen ab dem 19. Oktober 2020 bis zum 31. Dezember 2021, regelmäßig zweimal wöchentlich vorgesehen.

Im September 2019 gelang es Fahndern, als Ergebnis von fast fünfjähriger Ermittlungsarbeit, den Cyberbunker, der als „Bulletproof-Hoster“ galt, in Traben-Trarbach auszuheben. Kriminalhauptkommissar Patrick Fata vom Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz informierte darüber, dass man beim Zugriff die ungeheuere Datenmenge von zwei Millionen Gigabyte unter anderem auf 886 physischen und virtuellen Servern sichergestellt hat. Am 07. April 2020 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz Anklage gegen acht Tatverdächtige.

Cyberbunker galt als Cybercrime-Schaltstelle

Das Rechenzentrum war gemäß den Ermittlungen die Schaltstelle, über die Cyber-Kriminelle aus der ganzen Welt millionenschwere illegale Darknet-Geschäfte abgewickelt haben. Jürgen Brauer, Leiter der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz, gab damals an, über die Server sollen über eine halbe Million Fälle von Drogenhandel, Datenhehlerei in gut 500 Fällen, Falschgeld-Deals, Verbreitung von Kinderpornos sowie Computersabotage in mehr als einer Million Fälle, Mordaufträge und Cyberangriffe gelaufen sein.

Auf Cyberbunker gehostet wurde u.a. der Darknet-Marktplatz „Wall Street Market“, den Ermittler im Frühjahr 2019 vom Netz nahmen. Er galt nach dem Ausscheiden vom Dream Market als weltweit zweitgrößter Darknet-Marketplace überhaupt. Verkäufer haben dort den 1.150.000 Kunden über 630.000 Waren, wie Drogen, gefälschte Dokumente und Virensoftware, bzw. Dienstleistungen zum Kauf angeboten, die zugleich begehrt und illegal sind. Neben den Angriffen auf 1,25 Millionen Telekom-Router Ende November 2016 seien noch zahlreiche andere illegale Geschäfte über das Rechenzentrum abgewickelt worden. So zählten zum festen Kundenstamm Darknet-Markets, wie Cannabis Road, das Untergrund-Forum Fraudsters sowie die Plattformen Flugsvamp 2.0, orangechemicals, acechemstore und lifestylepharma.

Gemäß Jürgen Brauer hätten die Angeschuldigten die Taten zwar nicht selbst begangen, sie hätten diese jedoch durch die Server-Bereitstellung maßgeblich unterstützt und gefördert. Zudem wären ihnen die besonderen Aktivitäten bekannt gewesen. Immerhin warb der Cyberbunker damit, mit höchsten Sicherheitsstandards kriminelle Kunden vor dem Zugriff staatlicher Organe zu bewahren. Somit lautet die Anklage auf Beihilfe. Allerdings stellt sich die Frage, ob den Angeklagten hier konkret nachgewiesen werden kann, inwiefern sie volle Kenntnis über die illegalen Machenschaften ihrer Kunden besaßen.

Hauptverdächtiger gibt sich unwissend

Als Hauptakteure im Cyberbunker-Fall gelten die beiden Niederländer, Sven Olav Von K. und Herman Johan Xennt. Er hat den Cyberbunker Ende 2013 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) über eine Stiftung erworben, gleich nach dem Abzug des Militärs. Infolge traf er auch alle geschäftlichen Entscheidungen. Jedoch gab er an, nichts von den Server-Inhalten gewusst zu haben. Eine deutsche Tatverdächtige war für die Buchhaltung und die Kontrolle des Zahlungsverkehrs mit den Kunden zuständig. Zudem angeklagt sind weiterhin zwei Niederländer, zwei Deutsche und ein Bulgare im Alter von 20 bis 60 Jahren. Diese Team-Mitglieder sorgten in wechelseitiger Zusammenarbeit für die Abwicklung der Kundenaufträge in technischer Hinsicht und hielten die IT-Infrastruktur am Laufen.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.