Einige der ausgestellten Durchsuchungsbeschlüsse sind vermutlich rechtswidrig. Außerdem waren von der Boerse.bz-Razzia neben Zeugen kleine Fische betroffen.
Christian Solmecke von WBS Law bemerkte, dass einige der ausgestellten Durchsuchungsbeschlüsse vermutlich rechtswidrig sind. Außerdem waren neben Zeugen auch Personen betroffen, die bei Boerse.bz nur vergleichsweise wenige Dateien verlinkt haben. Die Nutzer wurden doch über ihre IP-Adresse ermittelt.
Boerse.bz: auch reguläre User im Fokus der Ermittler
Der Kölner Medienanwalt berichtet, im Fokus der Ermittler waren auch gewöhnliche Nutzer, die weniger als 100 Dateien bei Boerse.bz verlinkt haben. Die Durchsuchungsbeschlüsse weisen die Gemeinsamkeit auf, dass die Nutzer nicht ausschließlich über die E-Mail Adresse zurückverfolgt wurden, sondern sehr wohl auch über ihre IP-Adressen. Ein Rückgriff auf die E-Mail-Adresse erfolgte nur, wenn die IP-Adresse nicht mehr greifbar war.
Aus seinem Beitrag geht leider nicht hervor, wo die IP-Adressen gesammelt wurden. Jetzt doch bei den E-Mail Providern? Bei Boerse.bz oder Boerse.to? Vielleicht sogar bei einem oder mehreren Sharehostern? Auf Anfrage teilt uns Herr Solmecke mit, in den Durchsuchungsbeschlüssen nicht ausgeführt, woher die Ermittler die IP-Adressen erhalten haben – das war leider zu befürchten.
Nachtrag von RA Solmecke: „Aus den Beschlüssen geht zumindest hervor, dass die Nutzer sich unter einer bestimmten IP-Adresse bei der Börse eingeloggt haben. Es ist also nur denkbar, dass die Ermittlungsbehörden Zugang zum Forum hatten.“ (Sonst ist nach jetziger Aktenlage kein Zugang zu den IP-Adressen denkbar.)
Auch Zeugen betroffen
Von den Hausdurchsuchungen waren sogar reine Zeugen betroffen. Selbst die Wohnung des Inhabers einer Domain wurde durchsucht, weil über seine Domain die E-Mail-Adresse eines Nutzers lief. Christian Solmecke dazu:
„Diese Vorgehensweise ist im Verhältnis zum erhobenen Vorwurf unüblich. Es erscheint absolut unverhältnismäßig eine Hausdurchsuchung gegen den potentiellen Zeugen eines Beschuldigten anzuordnen, der lediglich 9 Filme, 8 Musiktitel und 8 sonstige Dateien zum Download bereitgestellt haben soll. Der Vorwurf eines gewerbsmäßigen Handelns ist mehr als zweifelhaft. Aus unserer Sicht wäre hier eine Beschwerde gegen die Beschlagnahme von Laptop, Festplatten und anderen Speichergeräten anzuraten.“
Auch uns ist nicht ersichtlich, warum man sich bei der Verfolgung auf die „kleinen Fische“ gestürzt hat. Vermutlich geschah dies zur allgemeinen Abschreckung.
Bildquelle: David Weekly (CC BY 2.0)
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