lul.to, Marinella Charlotte van ten Haarlen
lul.to, Marinella Charlotte van ten Haarlen

Tarnkappe enttarnt LuL.to – Kommentar von Lysander

E-Book Piraterie: Lysander von LuL.to reagiert mit diesem Gastkommentar auf die jüngsten Anfeindungen mancher Indie-Autoren.

Die Wogen schlugen hoch, nachdem Marinella Charlotte van ten Haarlen ankündigte, gegen das illegale eBook-Portal LuL.to vorgehen zu wollen. Wir haben Lysander von LuL.to um einen Gastkommentar gebeten. Der wurde nun auch geliefert und wir bringen diesen nachfolgend unverändert. Ausdrücklich weisen wir daraufhin, dass Tarnkappe.info mit den darin geäußerten Ansichten und Meinungen nicht konform geht. Im Zuge einer ausgewogenen Berichterstattung wollen wir aber beide Seiten zu Wort kommen lassen.

lul.to aufgeflogen?

So ein Mist, jetzt bin ich bzw. LUL.to aufgeflogen. Vorbei all die Vergnügen, die ich mir durch das Abzocken von ahnungslosen E-Book-Downloadern leisten konnte. Ab morgen muss ich darben, weil uns eine frustrierte Indie-Autorin gnadenlos verfolgt und zur Strecke gebracht hat. Reuemütig werde ich ihr all meine Bankschließfächer öffnen und ihr helfen, mein mühsam ergaunertes Geld wegzuschaffen. Wie man oben auf dem Bild sehen kann, bin ich ja nicht mehr der Jüngste. Ich werde nun die letzten Tage meines Lebens in bitterer Armut fristen…

Marinella: bitte aufwachen – das ist alles nur ein Traum!

Das neue Besitzen heißt Teilen!

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LUL.to auf hoher See.

LUL.to untergegangen. Wie hat man die Betreiber ausfindig gemacht?Geflissentlich werden stets bei der hier und anderswo geführten Diskussion über das „Urheberrecht“ die wissenschaftlichen Erkenntnisse und klug gedachten Alternativen ausgeklammert. Dr. Eckhard Höffner untersuchte (2. Auflage von Oktober 2011 – Anmerk. d. Redak.) in seinem Werk „Geschichte und Wesen des Urheberrechts“ (auch illegal erhältlich) den Ursprung und die Entstehung des Urheberrechts und die verschiedenen Begründungen, die in Deutschland, Großbritannien und Frankreich bei der Einführung des selben bemüht wurden.

In den Staaten des Deutschen Bundes (Vorläufer der Bundesrepublik Deutschland – Anmerkung der Redaktion) wurde erst 1837 ein Schutz urheberrechtlicher Leistungen vereinbart. In England wurde dies mit der „Statue of Anne“ bereits 120 Jahre früher getan.

Erstmalig unternimmt Dr. Höffner einen lange Zeiträume umfassenden Vergleich zu den Wirkungen des Urheberrechts auf Autorenhonorare, Buchpreise und die Verbreitung von Wissen. Die Ergebnisse beider empirischen Analysen sind eindeutig und stehen im absoluten Gegensatz zur herrschenden Meinung über die Wirkungen des Urheberrechts. Die historische Entwicklung gestaltete sich in dieser Form.

Was hat dem Buchmarkt geschadet? Die hohen Preise oder lul.to?

Durch die Einführung des Urheberrechts entwickelte sich der Buchmarkt in Deutschland, das um 1820 die führende Buchnation war, zum Schlechteren! Die Auflagen und Anzahl von Neuerscheinungen sanken ebenso wie die durchschnittlichen Autorenhonorare. Nur die Preise für die Bücher selbst stiegen. Höffner hat die frühe Blütezeit des Gedruckten beleuchtet. Er kommt zu einem überraschenden Befund: Anders als in den Nachbarländern England und Frankreich hat sich in Deutschland wegen des fehlenden Urheberrechts im 19. Jahrhundert eine beispiellose Explosion des Wissens vollzogen.

Deutsche Autoren schrieben sich damals die Finger wund. Allein im Jahr 1843 erschienen etwa 14.000 neue Publikationen – gemessen an der damaligen Bevölkerungszahl, war das fast schon heutiges Niveau. Gedruckt wurden Romane und wissenschaftliche Fachaufsätze. Ganz anders in England: „Man sieht in Großbritannien einen für die Zeit der Aufklärung und bürgerlichen Emanzipation kläglichen Verlauf (bezüglich der Anzahl neuer Bücher – Anmerkung der Redaktion)“, konstatiert Höffner.

Das Urheberrecht ist eine Anmaßung und eine Einschränkung des menschlichen Geistes.Christoph Martin Wieland.

Pro Jahr erschienen gerade mal tausend neue Werke in England. Das blieb nicht ohne Folgen: Wegen des chronisch schwachen Bücherangebotes verspielte die Kolonialmacht England innerhalb eines Jahrhunderts ihren Vorsprung – während der rückständige Agrarstaat Deutschland mächtig aufholte und bis 1900 zur ebenbürtigen Industrienation aufstieg.


Video: Geschichte und Wesen des Urheberrechts – Eckhard Hoeffner.

Weitere Informationen dazu siehe:

– Der Spiegel vom 2. August 2010

– Leseliste zum Thema Copyright/Urheberrecht bei LuL.to.

totenkopf lul piraterie lysanderEs würde den Rahmen des Artikels sprengen, alle von gewichtigen und klugen Menschen formulierte Argumente gegen das Urheberrecht wiederzugeben. Nur ein weiterer Verweis sei dazu gemacht: Im Januar 2015 erschien das E-Book „No Copyright: Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht“ von Joost Smiers und Marieke van Schijndel. Dies zeigt zeitgemäße und internetkompatible Alternativen zum Urheberrecht auf. Hörbar sind immer nur die Verlage und andere Vertreter der Content-Industrie, die in der Öffentlichkeit und den Medien immer wieder ihre Argumente für eine stärkere Durchsetzung des Urheberrechts vorbringen.

Liebe Autoren und Verlage! Ihr könnt es nicht mehr aufhalten. Das überkommene alte „Urheberrecht“ ist mit dem Internet ad absurdum geführt worden. Die Revolution hat längst stattgefunden. Ihr schreit noch nach Polizei und Justiz und müßt doch insgeheim erkennen: Die Bastion ist nicht mehr aufzuhalten. Setzt Kopfgelder aus, engagiert noch mehr Hacker, hängt mich und vierteilt mich – es wird mindestens drei Neue geben, die an meine Stelle treten würden. (Anmerk. d. Red.: Das erinnert stark an die griechische Mythologie der „Hydra“. Man schlug dem Unwesen einen Kopf ab, drei und mehr wuchsen nach.)

Künstler stehlen andauernd und gnadenlos und ich denke, das ist gesund.Bertolt Brecht

the sharing way

Warum habe ich die provokante Überschrift zu meinem Gastkommentar gewählt? Natürlich auch weil es um das Fangen Eurer Aufmerksamkeit geht. Doch es steckt etwas Wahres darin. Seit 2013 wird LuL.to totgesagt und niedergemacht. Abzockerei, Geldgier, Dummsuffidee, Schmarotzer etc. sind dabei noch die fantasielosen Anfeindungen. Am 10. 2. 2015 hat der, mir unbekannte, Perseus aber tatsächlich unser Erfolgsgeheimnis „enttarnt“, als er schrieb: „Auffallend bei LuL.to ist auf jeden Fall das Engagement und die aufwändig gestaltete Homepage. Auch die Behandlung der Nutzer dort und der Umgang mit Reklamationen in dem Blog macht einen freundlichen Eindruck. Von Abzockerei wie bei manchen Verlagen spürt man hier nichts.

Das ist der Grund, warum wir heute mehr zahlende Kunden für unsere Dienstleistung (nicht für den zur Verfügung gestellten Content) haben, als ebookspender und torboox zusammen jemals hatten. Und wenn ihr uns wirklich plattmachen wollt, gibt es nur einen praktikablen Weg: Ihr müßt es besser machen als wir!

So ich habe meinen Beitrag zum Sturm im Wasserglas geleistet und widme mich jetzt meiner Ehefrau Nr. 8. Bitte nehmt mich und Euch selbst nicht so wichtig…

Viel Spaß beim Trollen wünscht

Lysander von LUL.to.

Tarnkappe.info