TikTok
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TikTok sehr entgegenkommend bei Anfragen von US-Behörden

BlueLeaks: Der gehackte Datensatz der Polizeibehörden zeigt, dass sich TikTok bei Anfragen von US-Behörden überaus kooperativ verhalten hat.

Eine Auswertung der gehackten Datensätze von BlueLeaks ergab, dass das Videoportal TikTok stets sehr entgegenkommend bei Anfragen von US-Behörden war. Eigentümer ist das chinesische Unternehmen Beijing Bytedance Technology Ltd.

TikTok bei Anfragen von US-Behörden sehr kooperativ

In der letzten Juniwoche tauchten im Netz Hunderttausende Polizeiakten aus den USA auf. Die Aktivisten von Distributed Denial of Secrets haben 269 GB an Daten veröffentlicht, die jemand Drittes gehackt hatte. Während Twitter bei der Enthüllungsplattform Wikileaks seit Jahren tatenlos zusieht, sperrte man im Juni den Account der Gruppe DDoSecrets. Nach dem Intel-Leak war dann letzte Woche der Account von Tillie Kottmann aka deletescape dran.

Die Kollegen von The Intercept haben nun einen Teil der Polizeiakten durchforstet und festgestellt, dass das chinesische Videoportal sehr detailreich aufzeichnet, was seine Nutzer tun. Noch wichtiger aber ist, dass sich die Betreibergesellschaft Bytedance überaus kooperativ bei behördlichen Anfragen verhalten hat. Im Gegensatz zu Facebook, Amazon oder Google gab man über die eigenen Nutzer sehr viel mehr preis. Und das, obwohl vergleichsweise selten US-Behörden Anfragen eingereicht haben.

George-Floyd-Proteste: DHS & FBI überwachen das Web systematisch

Aus den von Anonymous gehackten Daten geht außerdem hervor, dass FBI und die Heimatschützbehörde DHS systematisch während der George-Floyd-Proteste die sozialen Netzwerke auf Anzeichen für neue Unruhen überwacht haben. TikTok hat mehrere IP-Adressen, Handynummern, das bei der Registrierung verwendete Gerät etc. weitergegeben. Ob dafür ein Durchsuchungsbefehl, eine Vorladung oder eine andere Anfrage vorlag, geht aus den BlueLeaks-Dokumenten leider nicht hervor.

Bei den betroffenen Konten, deren Daten weitergereicht wurden, reichen von Influencern mit Zehntausenden Anhängern bis hin zu Personen, die hauptsächlich für Freunde posten und offenbar eher zufällig ins Visier der Behörden gerückt sind.

The Intercept vermutet, die Kooperationsbereitschaft der Betreibergesellschaft rührt wahrscheinlich daher, weil man sich damit bei der Regierung der USA beliebt machen wollte. Kürzlich äußerte Präsident Trump Befürchtungen, dass TikTok im Besitz von ByteDance „der Kommunistischen Partei Chinas Zugang zu persönlichen und geschützten Informationen der Amerikaner gewähren könnte“. Nach Verkündung seines Erlasses sollen mehrere US-Konzerne ihr Interesse an einer Übernahme der amerikanischen Tochter angemeldet haben. Darunter angeblich neben Microsoft und Twitter auch Netflix. Auch in Frankreich will man die Einhaltung des Datenschutzes nun intensiv prüfen.

Hintergründe des Trump-Feldzuges gegen TikTok

Eigentlich müsste man beim Thema Datenschutz so weit gar nicht schauen, weil TikTok sogar in den USA wohl sehr viel mehr preisgegeben hat, als irgendeiner seiner Wettbewerber. Das rückt Trumps Forderung nach einem Verkauf des Unternehmens in ein merkwürdiges Licht. Warum sollte man die Tochtergesellschaft an einen US-Konzern verkaufen, wo sich das Unternehmen schon jetzt mehr als entgegenkommend verhält? Oder dürfen nur US-Konzerne den Rest der Welt ausspionieren?

Wahrscheinlich ist Trump noch immer sauer, weil seine Gegner TikTok benutzten, um ihn in Tulsa, Oklahoma bei einem wichtigen öffentlichen Auftritt zu blamieren. Wegen der ganzen Fake-Buchungen sprach Trump vor leeren Rängen statt in einem überfüllten Stadion. Von den 20.000 Plätzen der Arena konnte er nur 6.200 Plätze füllen. Auch den geplanten Auftritt außerhalb des Gebäudes musste man mangels Interesse wieder absagen.

Sein Wahlkampfmanager hatte im Vorfeld großkotzig über eine Million Anfragen für Tickets angekündigt. Trump musste hinnehmen, dass nach der Corona-Pause der wieder aufgenommene Wahlkampf mit einer Schlappe statt mit einem Triumph begonnen hatte. Dazu kommen seine ständigen Anfeindungen in Richtung Peking. Dabei ist China seit Jahren der wichtigste Handelspartner der Vereinigten Staaten.

Wer sich für weitere Details interessiert: die vollständige Analyse des gehackten TikTok-Datensatzes von The Intercept ist hier verfügbar.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.