Zehn Jahre Linuxtreff in Mülheim an der Ruhr - ein Rückblick
Seit über 10 Jahren gibt es in Mülheim an der Ruhr eine kleine, aber
sehr engagierte Gruppe, die aus Gründen nachhaltiger Ressourcennutzung die Idee vollständig ablehnt, man müsse Rechner nur deswegen auf den Elektroschrott werfen, weil große us-amerikanische Konzerne eine neue Version eines Betriebssystems auf den Markt werfen, die nur mit neuerer Hardware zuverlässig - so jedenfalls die Behauptung - laufen würde.
[Die neueste Volte schlägt Microsoft im Herbst 2025](https://www.microsoft.com/de-de/windows/end-of-support und https://learn.microsoft.com/de-de/windows-hardware/design/minimum/supported/windows-11-supported-intel-processors?source=recommendations). Dann sollen alle
Rechner, die nicht mit Hardware für Windows 11 zusammen arbeiten können, ausgemustert werden.
Das macht natürlich nicht dieser Konzern, das müssen die Nutzerinnen und Nutzer schon selbst und auf eigene Kosten tun: Rechner, die - wären sie nicht an dieses System gebunden - vielfach viele Jahre noch gute Arbeit leisten könnten. Nur gut, dass diese Bindung mit geringem Aufwand aufgehoben werden kann. Wohl dem, der um Alternativen weiß.
Wir sind hier sehr viel im Kontakt mit ganz normalen Nutzerinnen und
Nutzern, die in der Regel zu uns kommen, weil sie einen eigentlich noch
brauchbaren Rechner haben, der aber unter dem Missgeschick leidet, bei
der Auslieferung mit eben diesem oben erwähnten intransparenten System ausgestattet ist. Es ist bemerkenswert, dass von diesem System nur die Oberfläche genutzt werden kann und ein Teil der Bezahlung darin besteht, dass die Nutzerinnen und Nutzer - ungefragt - mit ihren Daten zu bezahlen haben.
Dabei rückt eine interessante Frage in den Hintergrund: Welche
Medienbildung (und wie viel davon) brauchen wir, damit wir nicht auf
jede Manipulation hereinfallen? Solches Wissen, so es denn gesellschaftlich gesehen für wichtig erachtet würde, bedarf zwingend
eines durchschaubaren und transparenten Systems, wie es zum Beispiel im Kontext der Freien Software angeboten wird, an dem die Konzerne jedoch überhaupt nicht interessiert sind: Es ist lizenzkostenfrei und jedermann kann sich den Quelltext der Anwendungen erlaubterweise und erwünscht anschauen.
In der deutschen Gesellschaft ist aus unserer Sicht erstaunlich wenig
Kenntnis über Herstellungsbedingungen von Software und den damit
verbundenen Rechten und Pflichten vorhanden. Das steht in scharfem
Widerspruch zu allfälligem Nutzung.
Nutzung ohne wesentliche Kenntnisse - wo ist das Problem, wird sich
mancher fragen. Nutzt man nicht auch eine Küchenmaschine oder ein Auto, ohne im Detail zu wissen, wie es funktioniert - so eine weit verbreitete Ansicht. Inzwischen fragen sich ja immer mehr, wo kommen die von mir eingekauften Produkte eigentlich her, werden in der Produktion
Menschenrechte beachtet, sind es menschenwürdige Arbeitsbedingungen, unter denen sie hergestellt werden. Wie ist der CO2-Fußabdruck?
Nun macht es natürlich schon einen Unterschied, ob ich - ohne meine Kenntnis und ohne mein Zutun - mit meinen Nutzungsdaten (was kaufe ich wo mit welchem Zahlungssystem wie oft regional oder übergreifend ein?) bezahle, ob ich auf Herstellungsbedingungen und die Herkunft achte? Ist es eine interessante Information, ob die Basis zahlloser Rechner weltweit von profitorientierten Konzernen in den USA kommt? Nicht nur darin bietet Freie Software und Linux eine ecjte Alternative.
Man kann sich natürlich auch die Frage stellen, ob jemand und wenn ja,
wer eigentlich ein Interesse an einer Gesellschaft hat, die ihr Recht auf eigene Datenverantwortung wahrnehmen will und auch kann. Es ist für
eine datenverarbeitende (uns mit Trackern und Cookies zwanghaft verfolgende) Industrie wesentlich einfacher, sich einfach auf mangelnder Kenntnis der Konsumenten auszuruhen. Ein wirkliches Interesse an einer informierten und datenbezogen aufgeklärten Öffentlichkeit gibt es eigentlich nicht.
Die Motivation unserer Besucher hier in Mülheim liegt allerdings eher selten darin, Betriebssystemkonzeptionen zu verstehen, sondern darin, sinnvoll Ressourcen weiterhin nutzen zu können.
Unser Ansatz besteht darin - ehrenamtlich - Beratung und Unterstützung beim Umstieg auf quelloffene Software und ein transparentes System
anzubieten und bei der Einrichtung aktiv mitzuhelfen. Diese beratende Unterstützung findet natürlich in einer Sprache statt, die die Nutzerinnen und Nutzer so weit gehend wie nur irgend möglich verstehen und nachvollziehen können. Das stößt in mancherlei Hinsicht mal früher,
mal später an Grenzen. Damit ist sinnvollerweise reines „Techniksprech“
auch außen vor.
Damit kommen wir zum wesentlichen Punkt: Es gibt in dieser Frage natürlich Wissensriesen: Unterstellen wir mal: Bei den IT-Spezialisten in Polizei, Geheimdiensten oder Systemadministratoren in Mittelstand und Großindustrie? Bei den Kundigen in den ChaosComputerclubs? Ist dort ein „Wissenstransfer“ angedacht oder gar beabsichtigt? Natürlich nicht.
An welchen Stellen wird absichtsvoll die Diskrepanz verringert zwischen denen, die das Wissen haben und denen, die es im Sinne einer transparenten Teilhabe nötig hätten. Der in früheren Jahren häufig verwendete Begriff „Herrschaftswissen“ mag hier ein wenig weiter helfen.
Wissen teilen gehört für viele ausschließlich in den Bereich, in dem für solches Tun bezahlt werden muss.
In dem Ort, in dem ich im Hochschwarzwald aufgewachsen bin, gab es eine große Allmende. Das war eine mehrere Hektar große Wiese, auf der alle ausnahmslos ihr Kühe treiben konnten. Die Nutzung der Allmende stand allen frei zur Verfügung - ein Gedanke, der früher deutlich verbreiteter war. Schade eigentlich.
Bleibt eines: An den kommenden letzten Wochen sich Zeit zu nehmen,
darüber nachzudenken, wie ein gemeinwesenorientiertes Leben möglicher
wird und Zeit dafür zu haben, über Profitmaximierungsideen kritisch
nachzudenken. Vielleicht auch nur, „zuversichtlich“ zu bleiben.
Unsere letzten Termine in 2024: Am 14.12. findet der Linuxtreff im
Medienhaus am Synagogenplatz von 10.30 bis 13.30 Uhr - wie immer
parallel zum Repair Café statt. Auch der Freifunk informiert. Am 17.12.
von 14 bis 17 Uhr sind wir im Nachbarschaftshaus am Hingberg.
Vielleicht sehen wir uns da.
Ansonsten: Stressarme Zeit mit viel Gesundheit bis ins neue Jahr 2025 !!
Wolf-Dieter Zimmermann
Die Webseite vom Linuxtreff Mülheim.
Wir haben über die Verleihung des Klimaschutzpreises als auch über diese Veranstaltungsreihe schon einmal auf unserem Blog berichtet.
Wer seinen alten PC oder Tablet-PC oder Laptop nicht wegwerfen, sondern etwas Sinnvolles tun will, kann ihn hier hin schicken.