Münchner Erklärung: Verlage fordern härteres Urheberrecht

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Kommentar von Manuel Bonik am 22.01.2016 12:06:
„ein starkes, durchsetzbares Urheberrecht“ - Würde mich sehr interessieren, was die damit meinen. Einerseits geht es um die VG-Wort-Knete, die man den Autoren nicht gönnt - kann man verstehen, wenn man möchte. Aber dann nebenbei steht in dieser Wischiwaschi-Erklärung was von „ein starkes, durchsetzbares Urheberrecht“, wo überhaupt nicht klar wird, worauf das abzielt und was wo (in Russland?) durchgesetzt werden soll. Das Ungeheuer von Loch Ness soll sich jetzt endlich mal registrieren lassen?

Kommentar von Grinsekatze am 22.01.2016 13:42:
Jahrzehnte langes Kopf in den Sand stecken und Verweigerung gegenüber der Realität rächt sich jetzt.
Eigentlich können die das Urheberrecht nur durchsetzen, wenn einmal im Jahr eine Hausdurchsuchung bei jedem verpflichtend wird. Am besten mit einer allgemeinen Durchsuchungsabgabe bezahlt.
Für das Tauschen brauchen die Leute ja nicht zwingend das Internet.
Die Verlage haben aus meiner Sicht fünf Baustellen.
VG-Wort Streit (sehr dringend), die kommende automatische Rückübertagung der Rechte an den Autor nach fünf Jahren (eigentlich eine Verschärfung des Urheberrechts aber bei Verlagen ungeliebt), das Leseplatzurteil, ich sag mal die Russen :slight_smile: und die Selbstverleger.
Da hilft in keinem Fall eine Verschärfung des Urheberrechts wie es von Verlagsseite angedacht ist.
Was die Wald und Wiesenpiraterie betrifft, da hilft eigentlich nur eine Offensive im Bereich Kundenfreundlichkeit, Abschaffung der Buchpreisbindung und Zugänglichmachung der Backlist.
Mit einem gewissen Anteil wird man einfach leben müssen. Auch wenn es ärgerlich ist.

Was macht man wirklich? Einen Größenwahnsinnigen und ein paar Hausfrauen mit mäßigem Erfolg jagen und das mit höchst zweifelhaften Methoden und Partnern.
OK, jammern und vom Untergang der Kultur fasseln kommt noch dazu. Nennt sich dann Lobbyarbeit.

Kommentar von Lachhaft am 22.01.2016 15:53:
„Ohne ein durchsetzbares Urheberrecht sei in Deutschland keine kulturelle Vielfalt möglich.“
DAS ist ein Widerspruch in sich!

Außerdem: Kommt diese „Erklärung“ bzw. dieses Schreiben nicht von den selben Verbrechern, die dafür verantwortlich sind, dass vor gut 1 Jahr Hausdruchsuchungen bei 35(oder mehr?!) scheinbar Unschuldigen durchgeführt wurden? Lars war davon ja auch betroffen, das Ergebnis ist heute klar und deutlich zu sehen. Sie haben nichts handfestes, sonst wäre dies längst mit stolzer Brust herausposaunt worden.

Ist diese Erklärung jetzt ein letzter Akt der Verzweiflung, nachdem man die eigene Inkompetenz nach dem o.g. Verfahren eingesehen hat?

Kommentar von anderas am 23.01.2016 00:06:
ich möchte anmerken das England in 18xx ein Urheberrecht einführt, aber Deutschland nicht, das Ergebnis In Deutschland blühte die Literatur und in England wurde es öde. Die genauen Daten kann ja der Interessiert ja googelen

Kommentar von Myc3d am 23.01.2016 23:27:
Letzten Endes haben die ganzen "Buch"Verlage nur Angst um ihre Existenz, weil alles nun (zum Glück) mehr und mehr online kommt. Das äußern sie dann in lächerlichen Aussagen wie: „Ohne ein durchsetzbares Urheberrecht sei in Deutschland keine kulturelle Vielfalt möglich.“, woran man auch schon das Intellektuelle Niveau derer erkennt.

Kommentar von skreutzer am 24.01.2016 13:39:
Wie jetzt? All die Jahre war das Argument doch, dass das bestehende, prädigitale Print-Urheberrecht sich doch so gut für die Autoren einsetzen würde und man es deshalb gar nicht so arg reformieren müsse. Jetzt lernen wir aus der Münchener Erklärung, dass die Rechteverwerter sich überhaupt nicht für die Autoren als Gewährleister der kulturellen Vielfalt (?) interessieren, sondern selbst (!) erstmalig (!) als Rechteinhaber anerkannt werden wollen. Da stellt sich doch die Frage: welche urheberrechtlich relevante Leistung entsteht durch verlegerische Tätigkeit? Soll denn die Art und Weise der Beauftragung der Druckerei, des Lektorats, der Werbekampagne und das wirtschaftliche Handeln des Verlagsunternehmens nun urheberrechtlich geschützt werden?

Seit es das Urheberrecht in Deutschland gibt, hat man im Unterschied zum US-Recht gesagt, dass der Urheber sein Urheberrecht nicht veräußern noch übertragen kann, weil wir diesen allein als eigentlichen Schöpfer des Werks identifiziert haben und damit auch als allein berechtigt, über sein Werk zu bestimmen. Wenn nun die Rechteverwerter als „(Mit-)Schöpfer“ der von ihnen verlegten Werke anerkannt werden, stellt das in Frage, was jahrhundertelang unsere Konzeption von Urheberrecht war. Wir würden die geistige Leistung als unerheblich abtun und stattdessen die Verwertungsindustrie als wichtigen Wirtschaftszweig zur obersten Priorität im „Kultur“-Betrieb machen.

Nur, weil VG Wort an die falschen ausgeschüttet hat und die Falschen es nicht zurückgegeben noch an Autoren weitergeleitet noch zur Seite gelegt haben, sondern, wenn von existentieller Bedrohung die Rede ist, es entweder als Gewinn einbehalten haben, oder für mehr Buchprojekte ausgegeben haben, was dann in der Tat ein Mehr an Kultur zur Folge gehabt haben mag, aber die Autoren, die dafür bezahlen, haben so nun eben nicht gewettet. Übersetzt bedeutet das, dass die Verlage ohne die Subvention durch VG Wort schon lange nicht mehr überlebensfähig sind, und auch einige Autoren wahrscheinlich nicht, wenn ihre Projekte nicht durch VG-Wort-Investitionen gefördert worden wären, andere Autoren hingegen aber nicht so gut gestellt sind, wie sie sein könnten, wenn die Ausschüttungspraxis der VG Wort eine gerechte gewesen wäre.

Für die kurzfristige Rettung einiger Unternehmen, die auf potentiell betrügerische Weise Geld unterschlagen haben, sollen also die Grundfesten der Kreativwirtschafts-Konzeption mal kurz ausgetauscht werden, nur erodiert damit das Urheberrecht nur noch mehr, denn bei einer Verletzung desselben schadet man dann am Ende dem Autor noch weniger als jetzt schon, sondern nur noch dem Rechteverwerter, der keine eigene geistige Leistung eingebracht hat, sondern sich auf die Anfertigung, Distribution und Verknappung von Kopien sowie quersubventionierter Risikoinvestment-Manuskriptspekulation als Geschäftsmodell beschränkt.

Kommentar von Grinsekatze am 24.01.2016 14:45:
Es ist halt blöd wenn sich das Urheberrecht gegen einen selber wendet.
da sieht der Verlag sofortigen Handlungsbedarf. Es ist noch nicht raus wie die ganze Sache bei der VG-Wort ausgeht. Ich würde aber pro Autor wetten.
Das sehen die Verlage ähnlich und deshalb geht ihnen der Arsch auf Grundeis.
Das eigentliche Problem ist nicht kein weiteres Geld (so schmerzhaft dies ist) sondern die zu erwartenden Rückzahlungen für die letzten Jahre. Die können existenzbedrohend sein.

Das dadurch die kulturelle Vielfalt leidet lasse ich nicht gelten. Jeder kann zum kleinen Preis heutzutage veröffentlichen was er will. Ob er ein Publikum findet ist eine andere Sache. Ich habe selber einer Freundin geholfen ihren Gedichtband zu veröffentlichen. Es ist preiswert und einfach. Selbst als Druck halten sich die Preise in Grenzen. Das kann man sich als Hobby ohne weiteres leisten (Harz4 mal ausgenommen). Wer also der Meinung ist, das er der Welt etwas mitzuteilen hat, kann dies ohne Einschränkung tun.

Mich würde mal interessieren, wie einige Selbstverleger es hinbekommen Bücher inhaltlich und vom Layout her ansprechend hinzubekommen zu Preisen die bei Verlagen angeblich unmöglich sind.
Ich erinnere an die Beispielrechnung die hier vor einiger Zeit aufgemacht wurde.
Eventuell müssen die Etablierten ihren gesamten Wertschöpfungsprozess auf den Prüfstand stellen und sich perspektivisch mit geringeren Erlösen zufrieden geben.
Ein Prozess der auch sonst überall in der Wirtschaft stattfindet und wo bei vielen ähnlich negative Effekte auftreten. Da wird allerdings gesagt dies ist Marktwirtschaft und es ist doch positiv ist, das dadurch die Produkte für den Verbraucher erschwinglicher wird. Das Freihandelsabkommen sollte uns ja damit schmackhaft gemacht werden.
Eventuell laufen wir gesellschaftlich auf eine Art Sozialismus zu, welcher durch die massive Ausweitung der Produktivität auf allen Gebieten erzwungen wird. Der Fehler welcher bei der Betrachtung sozialistischer Systeme gemacht wird ist, das da immer an DDR und Ostblock gedacht wird. Praktisch niemand bringt in die Diskussion ein, das ein sozialeres System nicht unbedingt Enteignung und Planwirtschaft zwingend vorsieht. Im aktuellen System ist der Bürger ebenfalls vor Enteignung nicht sicher. Man denke an Zypern.
Es spricht nichts dagegen das es in einem Sozialismus Personen mit einer 30 Zimmer Villa und solche mit einer Zweiraumwohnung gibt. Sozialismus heißt nicht das alle gleich viel oder gleich wenig haben/bekommen. Dies ist eher ein Merkmal einer Mangel- oder Kriegswirtschaft. Auch die Verteilung der Produktionsmittel muss nicht zwingend in Staatshand liegen. Dies ist eigentlich immer eher kontraproduktiv und dies im wahrsten Sinn des Wortes. Bei einer massiven Überkapazität auf Seiten der Produktivkräfte spricht nichts dagegen die Lenkungswirkung des Marktes beizubehalten und nur an den Stellschrauben Steuern und Abgaben zu drehen ohne in bestehende Besitzverhältnisse einzugreifen. Veränderungen hin zu einer breiten Mittelschicht ergeben sich bei einer intelligenten Anwendung dieser Mittel von selbst. Grundsätzlich ist eine massengetragene Nutzung von genossenschaftlichen Modellen und Aktienbesitz im engeren und weiteren Sinn schon eine Vergemeinschaftung von Besitz. Der Aktienbesitz ist allerdings durch die massive Überbewertung (Blasenbildung) aktuell leider eher eine vergiftete Frucht.
Übrigens hat Marx vereinfacht ausgedrückt immer gesagt, das nur der Mehrwert (damit ist die reale Wertschöpfung gemeint und keine virtuellen Spekulationsgewinne) verteilt werden kann der auch erwirtschaftet wurde. Diese Aussage ist um einiges solider als der Kasinokapitalismus der derzeit betrieben wird. Dessen schädliche Auswirkung (vor allem das übermäßige Wachstum auf Pump) fällt aktuell uns allen auf die Füße. Aspekte wie Umweltzerstörung und komplette Veränderungen im Produktionsbereich (Stichwort 3D-Druck) sind da noch gar nicht berücksichtigt.