Ja, das ist eine völlig falsche Rechtsauffassung. Aus folgenden Grund:
Man beschwert sich hier gegen Kläger und dessen Rechtsvertreter, welche ja nichts anderes machen, als das ihr von der Verfassung und vom Gesetz gegebene Recht zu nutzen, eine Meinungsdifferenz vor den Richter zu bringen.
Ob sie in der Sache dann überhaupt Recht bekommen, entscheidet letztendlich der Richter.
Bist du also der Meinung hier läuft etwas komplett schief, müsstest man eigentlich gegen die Gesetze wettern. Und nicht gegen diejenigen, welche die Gesetze nutzen. Und der Weg Gesetze zu ändern ist, ist der Weg über politische Vorstösse.
Und in der Sache selber ist ja festzustellen, dass dieser Kläger, der Fotograf, anscheinend öfters vor Gericht Recht bekommen hat.
Damit sehe ich dann den Kläger nicht nur juristisch im Recht, sondern eigentlich auch moralisch.
Ich sehe das Problem eher in dem System der Abmahnungen in Deutschland (oder in der ganzen EU?). Dies kennen wir in dieser Form in der Schweiz eigentlich nicht. Damit ist bei uns die Hemmschwelle zur Klage höher.
Die Menge der Abmahnungen? Also, wenn nur wenige Male gegen das Urheberrecht verstossen wird, sind Abmahnungen ok. Wird aber massenhaft gegen das Gesetz verstossen, soll der Rechteinhaber auf seine Rechte verzichten? Oder wie hast du das gemeint?
Und wie ich bereits vorhin geschrieben habe, sehe ich das Problem weniger bei den Leuten, die das Gesetz nutzen, als eben in einem systematischen Mangel im Gesetz.
Lösen könnte man einen solchen Mangel im Gesetz möglicherweise, in dem man eine gewisse Mindesthöhe des Klagewerts bestimmt, die nichtkommerzielle private Nutzung freistellt, die Abmahnkosten deckelt, vor dem kostenpflichtigen Streitfall erst eine kostenfreie (oder nur mit sehr niedrigen Kosten) Aufforderung zur Unterlassung der Nutzung vorschreibt etc. etc.
So wie sich das Gesetz jetzt offenbar präsentiert ist das ein offenes Tor zum Raubrittertum.
Und ein Gedanke muss ich noch loswerden:
Im Patent- und Markenrecht sind Inhaber derselbigen sogar verpflichtet gegen Verstösse vorzugehen. Ansonsten sie die ihnen gewährten Schutzrechte verlieren. Ein Patent oder eine Marke muss zwingend genutzt und bewehrt werden.
Ob sich das auch auf das Urheberrecht übertragen lässt, weiss ich nicht. Aber eventuell könnte man es im Streitfall als reine Willkür auslegen, wenn ein Urheber nur selektiv gegen einige Verstösse klagt. Ein Beklagter könnte sonst geltend machen, er sei davon ausgegangen, dass der Verstoss regelmässig geduldet wird.
Abmahnungen waren gedacht als Werkzeug zur Entlastung der Gerichte, damit Firmen mit anderen Firmen außergerichtlich gegen das andere Unternehmen vorgehen können. Geplant war nicht, dass Unternehmen Privatpersonen abmahnen. Das meine ich damit.
Wie sieht das denn im Arbeitsrecht bzw. Kündigungsschutz aus? Dort gibt es den juristischen Begriff der „Abmahnung“ ja auch. Dabei geht auch ein Unternehmen gegen eine Privatperson (Mitarbeiter) vor, mit allen Konsequenzen…
Nein, das absolut falsch. Das UrhG ist unabhängig anzuwenden, ich könnte sogar als Privatperson eine Privatperson verklagen, wenn sie Werke von mir benutzt.
Der Aspekt der Abmahnung wird dabei z.B in § 97a UrhG definiert.
Woher nimmst du deine Aussage, dass Abmahnungen nur für Business zu Business passieren dürfen?
Von dürfen war gar keine Rede, steht das da irgendwo? Von der ursprünglichen Intention, die die Abmahnanwälte dann später einfach zu ihren Gunsten geändert haben.
Um die Abmahnkosten in die Höhe zu treiben, werden von Rechtsanwälten willkürlich, überhöhte Streitwerte festgelegt, da nutzt eine gesetzlich bestimmte Mindesthöhe des Klagewerts gar nichts.
Die Festsetzung von überhöhten Streitwerten kann aber auch ein Schuss nach hinten sein.
Wenn der Richter den Streitwert nämlich geringer festlegt, zahlt der Kläger anteilig Gerichts- und Anwaltskosten.
Also beispielsweise der geklagte Streitwert sei 2000,- Euro. Am Ende legt der Richter den Wert jedoch nur auf 500,- Euro fest.
Dann hat der Kläger zu 3/4 verloren und zahlt dementsprechend auch diesen Anteil an den Gebühren. Der Beklagte muss dann die 500,- und 1/4 der Kosten tragen.
Ja, aber es steht ja jedem frei aussergerichtlich einen Gegenvorschlag mit einem geringeren angemessenen Betrag vorzuschlagen. Niemand ist verpflichtet, die wirklich oft völlig überrissenen Kosten zu akzeptieren.
Aber wenn der Kläger dies so nicht akzeptiert und tatsächlich vor Gericht klagt, kann es eben auch für ihn ein Prozesskostenrisiko darstellen, wenn er auf einen überrissenen Betrag klagt.
Der Richter kann am Ende des Prozesses den zu leistenden Schadensersatz auf 500 Euro festlegen. Der ursprüngliche Streitwert von 2000 Euro bleibt aber bestehen, und danach bemessen sich die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren, die der Unterlegene vollständig zu bezahlen hat.
Würde mich sehr wundern, wenn das in Deutschland in der Regel wirklich so wäre. Aber für die Schweiz kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass es wie oben von mir geschrieben ist.
Wenn ich jemand auf 2000 Franken verklage, muss ich erst die Gerichtskosten für diesen Betrag vorschiessen. Entscheidet dann der Richter (oder man vergleicht sich), dass es nur einen Rechtsanspruch auf 500 Franken gibt, habe ich zu 3/4 den Prozess verloren. Ich bekomme also vom Beklagen nur 1/4 der von mir vorgeschossenen Gerichtskosten plus die 500 Franken aus dem nun anerkannten Streitwert.
Schlimmer natürlich noch: Stellt sich nach dem Urteil heraus, dass der Beklage insolvent, bekomme ich gar nichts und kann den kompletten Vorschuss ans Bein streichen.
Es ist also in meinen eigenen Intresse als Kläger vor Gericht nur einen realistischen oder nachweisbaren Betrag zu fordern.
Ich finde das auch richtig so, denn genau dieses Verfahren soll Beklage vor Klagen mit überrissenen Fantasiebeträgen schützen. Finde ich in Ordnung und kann mir nicht vorstellen, dass das in DE anders ist.