Meine Suche nach einem neuen VPN

IVPN

Dieser Anbieter sitzt in Gibraltar und dass man ihn selten bis gar nicht auf den Top-Listen der vielen Review-Seiten findet, ist ein gutes wie ein schlechtes Zeichen.

Das Gute ist, dass IVPN zu den angenehmen und leider wenigen Ausnahmen auf dem VPN-Markt gehört. Wie Mullvad oder OVPN beteiligt sich IVPN nicht an der Marketing-/Affiliate-Schlammschlacht im Internet und taucht daher auch nicht mit Superlativen wie „der schnellste VPN der Welt“ oder ähnlichem auf. Das Schlechte ist, dass IVPN tatsächlich kein Top-VPN ist, dafür habe ich zu viele Dinge gefunden, die mich einfach stören oder die wenigstens nicht optimal sind.

Tendenziell gefällt mir IVPN aber. Die Mission auf der eigenen Website ist unaufgeregt und orientiert sich an tatsächlich Machbarem. So wird man auch von Anfang an darauf hingewiesen, dass man den VPN nicht einfach aktiviert und dann anonym im Internet unterwegs ist. Auch die Frage „Brauchst Du wirklich einen VPN?“ direkt auf der Startseite empfinde ich einerseits als ungewöhnlich, andererseits aber auch als grundehrlich. Auch dass das Team vorgestellt wird, finde ich gut. Insgesamt sind auch alle Texte verständlich und auf den Punkt geschrieben. Ich habe nie den Eindruck, dass ich mit unnötig langen und komplizierten Textwüsten erschlagen werden soll. Im Gegenteil, ich fühlte mich stets gut informiert. Skandale sind mir auch nicht bekannt, allerdings ist der Name clever gewählt, denn er lässt sich schlecht suchen.

Aber nun zu meinen Ergebnissen:

(W/O bezeichnet meine Internetgeschwindigkeit ohne VPN)

IVPN hat Server in 34 Ländern. Der Speed kann dabei relativ schnell sein, bremst meine Leitung aber deutlich aus. Und selbst die mittelmäßigen Werte sind noch Maximalwerte, die ich so sehr selten erreicht habe. Auch die internationalen Server brechen leider stark ein. London war hier noch sehr gut, aber NJ bescherte mir vor ein paar Minuten einen Upload von 1 MBit/s und einen Ping von 190 ms.

Auf Netflix und das Forum konnte ich problemlos zugreifen, der BBC iPlayer erkennt jedoch den VPN und verweigert das Abspielen. Allerdings ist IVPN auch kein Anbieter, der mit dem Freischalten von Streamingdiensten wirbt oder dieses Feature für sich beansprucht. Es geht um Privacy und Zero Knowledge. Umso bedauerlicher fand ich es, teilweise gravierende DNS-Leaks feststellen zu müssen. Denn mit dieser Ausrichtung erwarte ich eben kein Feature-Feuerwerk, aber eine grundsolide Infrastruktur.

Website und Android-App sind hingegen frei von jedem Tadel. Die App enthält keinerlei Tracker und auch die Website setzt weder Tracker, noch Analytics, Third-Party-Cookies oder Social Media Plugins ein. Zudem verzichtet IVPN wie Mullvad auf einen Account, sondern setzt auf eine ID, die sich im Gegensatz zu Mullvad aber per 2FA schützen lässt.

Die Windows-Anwendung gefällt mir recht gut. Sie ist übersichtlich aufgebaut und zeigt die Locations auf einer Karte an. Etwas merkwürdig finde ich, dass man das Verbinden über die Karte erst über die Einstellungen aktivieren muss. Per Standard hat die Karte also keinerlei Funktion. Man kann sie allerdings auch ausblenden.

Etwas verwundert war ich über das Tray-Icon der Windows-Anwendung. Wer kennt ihn noch, den Scherz von Otto Waalkes „Weißer Adler auf weißem Grund“?

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Wenigstens erkennt man etwas, wenn man verbunden ist:

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Optimal ist das jedoch nicht.

Die Einstellungen sind jedoch ordentlich, hier fehlt aus meinen Augen nichts Wichtiges:

Zu erwähnen wäre noch, dass die Funktion „Split Tunnel“ noch in der Beta ist und der AntiTracker endlich einmal eine andere Umsetzung ist, als die Werbeblocker der großen VPN-Services. Für diesen gibt es sogar einen Hardcore-Modus, der dann noch gründlicher sein soll. Den habe ich allerdings nie benötigt, denn schon der Standardmodus hat sämtliche Werbung entfernt. Sei es auf Webseiten oder in den Google-Suchergebnissen.

Schön finde ich immer, wenn man in der Serverliste Favoriten auswählen kann:

Diese werden dann zum schnellen Verbinden nach Rechtsklick auf das Tray-Icon angezeigt:

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Mit Unverständnis habe ich jedoch wieder festgestellt, dass IVPN zwar die Server pingt, einmal wieder aber nicht alle Server über einen Wert verfügen, obwohl die Anwendung seit über einer Woche durchweg aktiv ist.

Ansonsten habe ich mir noch den Support angeschaut und war erfreut, dass IVPN einen Chat hat. Allerdings habe ich es über eine Woche lang nie geschafft, jemanden im Chat anzutreffen. Und für mich ist es eine echte Enttäuschung, einen Chat zu öffnen und zu sehen, dass niemand zur Verfügung steht, ich aber gerne eine E-Mail schreiben könne. Wie dem auch sei, kurz vor dem Schreiben meines Erfahrungsberichts war der Chat tatsächlich besetzt, ich konnte eine Frage stellen und habe sofort eine kompetente Antwort erhalten. Deshalb würde ich den Support nicht als schlecht bezeichnen, er ist jedoch nicht auf dem 24/7-Niveau der großen Anbieter. Ob es das sein muss, sollte jeder für sich selbst entscheiden.

Als letzten Punkt möchte ich noch gerne auf das Preismodell eingehen. Wie man in der Tabelle sehen kann, ist der günstigste Monatspreis 3,98 EUR, für den man sich allerdings drei Jahre binden muss. Prinzipiell ist das kein verkehrter Preis. Man muss bei Anbietern wie OVPN, Mullvad und IVPN eben bedenken, dass keine großen, internationalen Investoren hinter ihnen stecken und der Preis daher angemessen sein muss. Und das ist er meiner Meinung nach auch. Schwierig finde ich jedoch die Unterscheidung der Preismodelle. Denn hier wird zwischen „IVPN Standard“ und „IVPN Pro“ unterschieden. Und die einzigen Unterschiede von Pro zu Standard scheinen die Funktionen „Port forwarding“ und „Multi-hop“ zu sein. Dass man diese Funktionen nicht einfach in einem Preismodell alle bereitstellt, leuchtet mir nicht ein.

Fazit: Prinzipiell gefällt mir das Geschäftsmodell von IVPN. Kein Superlativen-Geschwurbel, kein aggressives Marketing im Stile von ExpressVPN und ein schöner, transparenter Auftritt. Im alltäglichen Nutzen hatte ich mit dem VPN auch nie Schwierigkeiten. Er lief stabil, hat sich immer zuverlässig verbunden und beim normalen Surfen ist mir je nach Verbindung mal gar nichts aufgefallen, mal merkte ich nur leichte Verzögerungen im Seitenzugriff. IVPN hat nur ein Problem, das ich mit einem Sprichwort von Voltaire erläutern kann: „Das Bessere ist des Guten Feind“. Denn ob man nun einen VPN zum Umgehen von Geoblocking oder für mehr Privacy benötigt, es gibt ein meinen Augen für beide Anwendungsfälle bessere Alternativen.

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