DNS4EU: Europäische Kommission will Internet filtern

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Seit das Internet und die damit verbundenen Dienste öffentlich relevant ist, weisen Experten darauf hin, dass die EU sich mit eigenen Strukturen die eigene Unabhängigkeit bewahren soll. Meist ist es gescheitert, siehe z.B. DE-Mail oder die Initiative für einen SSO für Firmen, der den Abfluss von Kundendaten zu Facebook und Co. verhindern sollte. Und nun kommt bei DNS endlich Fahrt in die Sache und man denkt „endlich machen sie etwas“. Doch falsch gedacht, um Vernunft geht es hier nicht. Fahrt kommt meiner Meinung nach nur im Rahmen der DNS-Sperren auf, die sich im Rahmen des Urheberrechts-Aktionismus als Mittel der Wahl bewährt haben. Insofern geht es wohl bei DNS4EU nicht um eine starke und selbständige Infrastruktur zur Wahrung des Internets als Schnittstelle für viele Dinge des Bürgeralltags. Vielmehr vermute ich mal wieder Lobbyismus, der die Politik dazu drängt, das pöse Internet endlich unter Kontrolle zu bekommen. Erinnert sich noch jemand an das „Zugangserschwerungsgesetz“? Wenn das nicht bedenkliche Parallelen sind.

Das Arbeitspapier bemängelt, dass es grundsätzlich zu wenige öffentliche DNS-Dienste gebe, die innerhalb der EU betrieben werden.

Da kann man eigentlich nur entgegnen: Selber Schuld!!
Auch wenn die Schweiz nicht offiziell zu den EU-Mitgliedsstaaten gehört, ist das juristische Verfahren um den dortigen DNS-Provider Quad9, doch ein gutes Beispiel dafür, wieso es so wenige DNS-Anbieter innerhalb der EU überhaupt gibt! Beziehungsweise, wieso sich kaum Unternehmen finden lassen, die solch einen Dienst in Europa anbieten würden…

Das Landgericht Hamburg hat 2021 Quad9 auf Antrag der Sony Music Entertainment Germany GmbH verpflichtet, den Zugang zu einer Webseite (Webseite A) zu sperren, auf der Links zu urheberrechtsverletzenden Inhalten auf einer anderen Webseite (Webseite B) gespeichert seien. Quad9 hat keinerlei Verhältnis zu den Betreibern der beiden Webseiten oder den Nutzer*innen, die dort Inhalte hochladen. Von der eigentlichen Urheberrechtsverletzung ist Quad9 also sehr weit entfernt. Das Landgericht Hamburg nimmt Quad9 nach den Grundsätzen der sogenannten Störerhaftung in Anspruch, weil Quad9 einen haftungsbegründenden Beitrag zu einer Urheberrechtsverletzung leiste, indem Quad9 den Domainnamen der Webseite A in die zugehörige IP-Adresse auflöst. Die Störerhaftung ist wegen ihrer ausufernden Anwendung auf Internetsachverhalte seit Jahren in der Kritik. Der deutsche Gesetzgeber hat die Störerhaftung für Access Provider mit der TMG-Novelle 2017 ausdrücklich abgeschafft, vor allem damit WLAN-Betreiber vor der kostenpflichtigen Inanspruchnahme als Störer geschützt werden. Wir sind überzeugt, dass auch DNS-Dienste sich auf diesen Haftungsausschluss berufen können, da sie einen wichtigen Bestandteil eines funktionierenden Internetzugangs darstellen.
Nach § 8 Abs. 1 S. 2 TMG haften Diensteanbieter, die den Zugang zu rechtswidrigen Informationen vermitteln oder diese Informationen durchleiten, ausdrücklich nicht mehr auf Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung. Das LG Hamburg geht aber davon aus, dass Quad9 sich nicht auf diese Haftungsprivilegierung berufen könne, weil es die urheberrechtsverletzenden Informationen nicht selbst von A nach B leite, sondern lediglich indirekt Zugang zu ihnen verschaffe. Diese Rechtsansicht führt zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass Quad9 gerade deshalb für Urheberrechtsverletzungen haften soll, weil es noch weniger mit den Urheberrechtsverletzungen zu tun hat als die Internetzugangsanbieter, die ebenfalls nicht an Urheberrechtsverletzungen beteiligt sind, aber zumindest die betreffenden Daten übertragen.

Bezüglich dieser Tatsachen, dann als EU zu jammern, dass es zu wenige DNS-Provider in der EU gibt, finde ich schon ziemlich frech bzw. realitätsfern!
Mit als Grund für die Einrichtung von DNS4EU werden sofort schon die Zensurpläne mittels DNS-Sperren angeführt. Davon mal abgesehen, dass diese DNS-Sperren technisch nicht das leisten können, was sich die EU davon verspricht (bezgl. Piraterie), würde man sich mit einer Umsetzung doch auf die gleiche Stufe stellen mit Ländern, die man für ähnliche Durchführungen bislang immer scharf kritisiert hat, zum Beispiel Russland mit seinem autoritären RUnet…
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