Bust von "Alice in Wonderland", ein CP-Netzwerk im Darknet (Oktober 2024)!

Bust von „Alice in Wonderland“, ein CP-Netzwerk im Darknet (Oktober 2024)

Nachdem ich im Mai 2024, dieses Thema veröffentlicht hatte → https://tarnkappe.info/forum/t/kinderschaender-im-visier-u-a-im-darknet-arte-f-reportage-2024/14852

…kam es ca. ein halbes Jahr später, im Oktober 2024, zu einem echt spektakulären Bust im TOR-Netzwerk!!

Hier eine Zusammenfassung der Ereignisse:

Der Name der Darknet-Plattform klingt wie ein bekanntes Märchen: „Alice in Wonderland“. Dahinter aber verbarg sich das Grauen. Nach internen Informationen verbreiteten mindestens 200.000 Pädokriminelle aus fünf Kontinenten, in den abgeschotteten Foren Bilder- und Videodateien über Kindesmissbrauch. Ein Großteil stammte offenbar aus Deutschland.

Nach vier Jahre währenden verdeckten Nachforschungen haben die Duisburger Ermittler der Besonderen Aufbauorganisation „Zarewitsch“ (Zarensohn) zwischen dem 24. und 28. September mit 200 Polizeibeamten eine Bande ausgehoben, die eine der größten digitalen Kinderporno-Tauschbörsen im Darknet betrieben.
Die bundesweiten Razzien ereigneten sich in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Dabei wurden sieben Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. verdächtig seien zwei 45 und 56 Jahre alte Männer aus Nordrhein-Westfalen, ein 43-Jähriger aus Schleswig-Holstein, ein 61-Jähriger aus Baden-Württemberg, ein 62-Jähriger aus Niedersachsen und ein 45-Jähriger aus Bayern. Diese sechs Verdächtigen sitzen in Untersuchungshaft aktuell!

Bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag im Duisburger Polizeipräsidium sprach Landesinnenminister Herbert Reul von einem „Ermittlungskomplex, der wegen seines Umfangs schwindelerregend ist“. Seit 2019 konnten Pädokriminelle laut dem CDU-Politiker in dem Forum „ihre abscheulichen Fantasien“ ausleben. Den Angaben zufolge handelt es sich um einen der größten Ermittlungskomplexe, der durch die Polizei und die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) bei der Kölner Staatsanwaltschaft seit April 2020 gegen die deutsche Führungsriege geführt wurde. Gegen die andere Hälfte der Beschuldigten im Ausland laufen die Ermittlungen noch.
Kripobeamter fragte sich vor Ermittlungen: „Kann ich das?“
Kai-Arne Gailer schilderte bei der Pressekonferenz in höchst emotionalen Worten, warum er sich entschieden hatte, im Jahr 2023 die Leitung der Ermittlungskommission (EK) zu übernehmen. Die furchtbaren Bilder über Kindesmissbrauch kannte er bereits aus einem anderen Verfahren. Als Vater kleiner Kinder habe er tagelang nicht schlafen können. Als man ihn fragte, ob er die Ermittlungen lenken wolle, besprach sich der Kriminalhauptkommissar zunächst mit seiner Familie. Er habe sich selbst geprüft: „Kann ich das?“ Letztendlich bejahte der Kripobeamte diese Frage.
Seine Schilderungen über den Aufbau der Kinderporno-Plattform lassen erahnen, welche perfiden Vorstellungen bei „Alice in Wonderland“ kursierten. Die Foren wurden auf deutscher Seite durch die inzwischen inhaftierten Beschuldigten betrieben. Einige von ihnen waren bereits einschlägig vorbestraft, manche befanden sich auf Bewährung in Freiheit, andere mussten sich als richterliche Auflage in eine Therapie begeben. Und dennoch machten die Männer weiter. Wie Junkies neuen Stoff brauchen, schufen die Plattform-Macher ein Forum, um neues Missbrauchsmaterial zu beschaffen. Geld spielte dabei keine Rolle.
„Von Magnetbändern über Videokassetten bis zu Festplatten und USB-Stick“

Duisburgs Polizeipräsident Alexander Dierselhuis sprach von einer Sucht, die immer wieder aufs Neue befriedigt werden müsse. Und zwar in großen Mengen. Allein bei einem Tatverdächtigen fanden sich Konvolute in der Größe von 13,5 Terrabyte. Dies entspricht 3,4 Millionen Bilddateien. Bei einem der Inhaftierten habe man quasi die gesamte Geschichte der Kinderpornografie sichergestellt, so der Polizeichef: „Von Magnetbändern über Videokassetten bis zu Festplatten und USB-Stick“.
Die Ermittler hätten umfangreiches Beweismaterial sicherstellen können. Insgesamt seien 1.517 Asservate wie Laptops und Handys gefunden worden.

Allein die sichergestellten DVDs und Videokassetten füllten 94 Umzugskartons. Die exakte Datenmenge könne derzeit noch gar nicht abgeschätzt werden.

Das Internet, die sozialen Medien und der digitale Fortschritt bei Speicher- und Kommunikationsmedien lassen die Zahlen bei der Verbreitung von Kinderporno-Dateien geradezu explodieren. Seit Jahren berichten Experten, wie leicht es ist, mit ein paar Klicks an die schlimmsten Missbrauchsaufnahmen zu gelangen. Markus Hartmann, Chef der ZAC, betonte, dass inzwischen „die digitale Infrastruktur ein zentraler Faktor“ für die Verbreitung von Kinderpornografie sei.

Die Foren wie „Alice in Wonderland“ agierten nach festen Regeln. Aufgestellt durch die Betreiber, erläuterte der EK-Chef Gailer. Die festgenommene Führungsriege teilte sich demnach in Administratoren und globale Moderatoren auf. Diese Männer legten ein Reglement fest. Wie gelangt man in die geheimen Chats und Foren hinein, welche „Ware“ gewährt Zugang in die verschiedenen der Plattform. Die User agierten unter Legenden. Je schlimmer das Material, desto mehr Reputationspunkte ergatterte der Anbieter. Es ging zu wie auf einem Bazar. Die User nutzten das Leid von Kindern gegen das Leid anderer Kinder.
„Zunächst gab es Regeln“, so der Kriminalhauptkommissar, dass keine sexuellen Quälereien eingespeist werden durften. Später aber wichen die Betreiber von ihren Vorgaben ab. Ein sogenannten „Toddler-Bereich“ entstand, der den Missbrauch von Babys abbildete. Manche Nutzer der Plattform suchten Kontakt zu Straftätern, die versprachen, ihnen Zugang zu Säuglingen oder Kindern zu verschaffen.
In Chatrunden redeten sich die User der Plattform ihre perversen Neigungen schön. Mädchen seien nicht mehr als Kinder angesehen worden, „sondern als Sexobjekte“, erklärte Gailer. Auch gab es Ratschläge, wie man die Opfer am besten gefügig machte. „Mit Geschenken, Alkohol oder Medikamenten“, führte der Ermittlungsleiter aus.

Ausgelöst wurde das Mammutverfahren durch einen Hinweis aus Bayern. Die dortige Kripo hatte Verdächtige in einem anderen Kinderporno-Verfahren ausgemacht. Eine Spur führte zu einem User in Duisburg. Als die Ermittler bei ihm auftauchten, knickte der Mann ein und offenbarte ihnen seine Zugangsdaten zu Plattformen wie „Alice in Wonderland“.
Inzwischen gelang es den Ermittlern, mindestens 450 User zu identifizieren – jeden Tag steigt die Zahl. Da die Täter sich meist hinter falschen Namen im Darknet verstecken, müssen die Strafverfolger in mühsamer kriminalistischer Feinarbeit anhand von Bildern, Dateien oder Hinweisen aus den sichergestellten Chats die wahre Identität der Personen herausfiltern, die hinter den Legenden stehen. „Hier liegt noch ein langer Weg vor uns“, erklärte Gailer.

Im Livestream der Polizei Duisburg zur Pressekonferenz wandte er sich direkt an die noch unbekannten Pädokriminellen der enttarnten Plattform: „Ich weiß, dass manche zuschauen.“ Und weiter: „Sie zerstören diese Kinder.“

Siehe Fussnote(*) am Textende, Link zur damaligen Pressekonferenz!!

Der SOKO-Chef appellierte an die User, auszusteigen. Wenn die Polizei vor der Tür stehe, sei es für aktive Reue zu spät.
Nach dem Schlag gegen eine der größten Kinderporno-Plattformen im Darknet sieht NRW-Justizminister Benjamin Limbach die Ampel-Koalition in Berlin in der Pflicht, eine neue Regelung für die Vorratsdatenspeicherung zu schaffen. „Wir fordern den Bund auf, eine rechtsichere Grundlage zur Speicherung von IP-Adressen durch Telekommunikationsanbieter und Internetdienstbetreiber zu schaffen“, sagte der Grünen-Politiker. Eine entsprechende Initiative zu einer gesetzlichen Neuregelung hatte die NRW-Regierung bereits vor einer Woche in den Bundesrat eingebracht. Seit gut einem Jahrzehnt verhindern die Bundesjustizminister der FDP eine Novelle zur Vorratsdatenspeicherung. Und das, obwohl der Europäische Gerichtshof bereits eine eingeschränkte Nutzung zulässt.

Gerade im Bereich der Kinderpornografie und des Missbrauchs im Internet gehen viele Spuren verloren, da die Provider derzeit nur verpflichtet sind, die Accounts ihrer Kunden bis zu sieben Tagen vorzuhalten. Folglich verlaufen viele Hinweise auf Verbrechen durch Kinderschänder oder pädokriminelle Nutzer von Kinderporno-Foren im Sand. Landesinnenminister Herbert Reul pflichtete seinem grünen Kabinettskollegen bei: „Wir müssen an die IP-Adressen dieser Leute ran. Wir müssen schneller wissen, wer da wo hinter dem Rechner sitzt“.
„Ihr könnt euch nicht im Darknet verstecken“

Markus Hartmann, Chef der landesweiten Cybercrime-Zentralstelle (ZAC) bei der Kölner Staatsanwaltschaft, hat konkrete Vorstellungen, wie man die neue Gesetzesvorlage gestalten sollte. Der Leitende Oberstaatsanwalt plädiert im Gespräch mit FOCUS online „für eine maßvolle Speicherfrist“, um in Berlin endlich etwas zu bewegen. Hartmann könnte sich ein Limit zwischen zwei und vier Wochen vorstellen. „Fakt ist, die bisherige Sieben-Tages-Frist hilft uns nicht, um an die Täter heranzukommen.“

Angesichts der riesigen konfiszierten Datenmengen, der komplexen Ermittlungen im Cyberraum sowie der personellen Ressourcen setzt der Chefankläger auf automatisierte Verfahrensanalysen unter anderem durch künstliche Intelligenz. Bei der ZAC kümmern sich zwölf Staatsanwälte in einer Task-Force um die Kinderporno-Verfahren. Seit ihrer Gründung im Jahr 2017 wurden 25.000 Fälle bearbeitet. Die Kollegen und Kolleginnen seien bis zum Anschlag ausgelastet, berichtet Hartmann. Neues Personal ist erwünscht, aber scheint angesichts der prekären Haushaltslage unrealistisch. Dabei macht gerade die Razzia gegen die Kinderporno-Plattform „Alice in Wonderland“ erneut deutlich, „dass weiterhin erhebliche Herausforderungen vor uns liegen“, bekannte der ZAC-Chef.
Sein Dienstherr Limbach sprach im Kampf gegen Pädokriminelle im Netz von einem langem Weg. Allerdings sei dieser „Paukenschlag“ in der Szene wahrgenommen worden. „Er sendet unüberhörbar ein Signal an alle Täterinnen und Täter von Kindesmissbrauch: Ihr könnt euch nicht im Darknet verstecken“, betonte der Grünen-Politiker.


*WDR aktuell Sondersendung | Pressekonferenz zu den Ermittlungsergebnissen im Schlag gegen Kindesmissbrauch-Netzwerk aus Duisburg → https://www.ardmediathek.de/video/wdr-aktuell/wdr-aktuell-sondersendung-oder-pressekonferenz-zu-den-ermittlungsergebnissen-im-schlag-gegen-kindesmissbrauch-netzwerk-aus-duisburg/wdr/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtMzdlNGU1ZjgtMDVjOC00MzAxLWJhMDYtY2Q1MDQwOWIwMTUy

Warum ich gestern dieses Thema hier, trotz seines Alters, erst eingestellt hatte…

Polizei löscht strafbare Bilder nicht…!!!

Stand: 06.02.2025 06:00 Uhr

Deutsche Ermittler verzichten weiterhin darauf, Fotos und Videos von Kindesmissbrauch systematisch zu löschen, selbst wenn es technisch möglich wäre. Das belegen nach Panorama-Recherchen aktuelle Daten und ein vertraulicher Bericht der Innenminister.

Ermittlungsbehörden lassen strafbare Aufnahmen, die in pädokriminellen Darknet-Foren getauscht werden, selbst dann nicht sofort entfernen, wenn sie Gegenstand von Ermittlungen waren. Im Fall des Darknet-Forums „Alice in Wonderland“, das nordrhein-westfälische Ermittler schon im September 2024 abgeschaltet hatten, sind die dort verlinkten Aufnahmen bisher nicht gelöscht worden. Sie verbreiten sich dadurch weiter, wie aktuelle Recherchen des ARD-Politikmagazins Panorama und des Rechercheformats STRG_F zeigen.

Der Fall „Alice in Wonderland“ steht für ein strukturelles Defizit in polizeilichen Ermittlungen, wie die Recherchen zeigen. Während Strafverfolger sich auf die Abschaltung von Foren und die Festnahme von Hintermännern konzentrieren, hat die Löschung der Fotos und Videos bei den Speicherdiensten eine geringere Priorität. Polizei und Staatsanwaltschaften betreiben in einschlägigen Darknet-Foren keine aktive Suche nach solchen Aufnahmen, sondern lassen sie aus Ressourcenmangel wissentlich im Netz.

Faeser: Prozesse beim BKA „umgestellt“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte den Kampf gegen Kindesmissbrauch zu einem Schwerpunkt ihrer Amtszeit machen wollen. Sie hatte sich auch für das Löschen der strafbaren Aufnahmen ausgesprochen. Für Betroffene von sexualisierter Gewalt ist das von großer Wichtigkeit. Die ständige Verfügbarkeit von Fotos und Videos der Taten verletzt sie in ihren Rechten und kann retraumatisierend wirken.
Nachdem 2021 durch Recherchen von STRG_F, Panorama und Der Spiegel bekannt geworden war, dass auch das Bundeskriminalamt (BKA) bei Ermittlungen in Darknet-Foren massenhaft illegale Inhalte im Netz gelassen hatte, hatte Faeser mehrfach beteuert, dass die Löschverfahren beim BKA daraufhin „umgestellt“ worden seien.
Noch im Dezember 2024 bekräftigte Faeser im Interview: „Aus meiner Sicht ist es besser geworden. Wir haben jedenfalls unsere Bemühungen verstärkt.“ Sie halte das Löschen „für eine der wichtigsten Arten der Kriminalitätsbekämpfung“. Die Ergebnisse einer monatelangen Datenanalyse, die STRG_F und Panorama in allen großen pädokriminellen Darknet-Foren durchgeführt haben, zeigen jedoch, dass Behörden dort verlinkte Aufnahmen weiterhin nicht entfernen lassen. Teilweise bleiben Fotos und Videos, die den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, über viele Jahre im Netz.

Kindesmissbrauch Ermittler lassen Bilder nicht löschen / Innenministerkonferenz stellte Besserung in Aussicht

Hintergrund sind die seit Jahren bekannten Taktiken pädokrimineller Täter. Diese vernetzen sich zwar im anonymen Darknet, aber die Datenmengen ihrer illegalen Aufnahmen sind zu groß, um dort gespeichert zu werden. Daher wählen sie Speicherdienste im „normalen“ Internet, um ihr Material verschlüsselt hochzuladen. Durch eine systematische Analyse der Darknet-Foren könnten tausendfach Hinweise gesammelt werden, um die Speicherdienste auf die verschlüsselt hochgeladenen Missbrauchsdarstellungen hinzuweisen.
Die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern hatte offiziell festgehalten, dass diese Methode und das konsequente Löschen „eine geeignete Möglichkeit bietet, die Verfügbarkeit von Missbrauchsabbildungen zu reduzieren.“
Den Reportern von STRG_F und Panorama liegt allerdings ein Bericht vor, der nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte, und zum Ergebnis kommt, dass die Ermittlungsbehörden nicht großflächig löschen lassen. Demnach fehle es an Personal und die Politik müsse bestimmte Rechtsgrundlagen anpassen. Eigentlich aber, so heißt es im Bericht, seien die Löschungen „im Sinne des Opferschutzes und der öffentlichen Erwartungshaltung ein wirkungsvoller Beitrag“.

(Quellen: Tagesschau, WDR Aktuell , div.)