Killerspiele
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Steht das Thema Killerspiele bald Mittelpunkt erneuter Debatten?

Bundesinnenminister Thomas de Maizière fordert nach dem Anschlag in München, dass Killerspiele erneut öffentlich diskutiert werden.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte nach dem Anschlag in München vor zwei Tagen, dass der Disput um Killerspiele erneut zu einem Diskussionsthema werden sollte. Grund: Ermittler hätten gewaltverherrlichende Spiele auf der Festplatte des Täters gefunden.

Der bayerische LKA-Präsident Robert Heimberger berichtete über einen Fund von mehreren Ego-Shootern auf der Computerfestplatte des Täters Ali S. Nach Heimberger wäre das vermutliche Lieblingsspiel des Amokläufers Counter-Strike: Source. Laut dem LKA-Präsidenten sei Counter-Strike von „sämtlichen Amokläufern“ gespielt worden. Bereits in der Vergangenheit waren taktische Counter-Strike-Partien immer wieder im Fadenkreuz der Medien, sogar World of Warcraft wurde schon mal als „gewaltverherrlichend“ bezeichnet.

Killerspiele schädlich für Jugendliche?

So äußerte sich nun auch Thomas de Maizière auf einer Pressekonferenz in Berlin anlässlich der tragischen Ereignisse in der bayerischen Landeshaupstadt: Es sei klar, dass das „unerträgliche Ausmaß von gewaltverherrlichenden Killerspielen im Internet auch eine schädliche Wirkung auf die Entwicklung von Jugendlichen hat. Das kann kein vernünftiger Mensch bestreiten.“ Belege für diese gewagte These lieferten, so wörtlich, „viele Studien“. De Maizière forderte nun von der deutschen Gesellschaft eine stärkere Debatte über Spiele mit gewalttätigem Inhalt. Er schreibt dieser Art Video- und Computerspielen zumindest eine Teilverantwortung an der blutigen Mordtat des 18-jährigen Deutsch-Iraners zu.

Außerdem nannte de Maizière neue Ermittlungsdetails zum Amoklauf in München. Der Täter habe mit einer 9-Millimeterwaffe der Marke Glock geschossen. „Dabei könnte es sich auch um eine umgebaute Dekowaffe handeln“, sagte de Maizieres in Berlin. Es stelle sich die Frage, wie der 18-jährige Täter an die Waffe gekommen sei. Ferner nannte de Maizieres neue Details zum Hintergrund des Täters. Es spreche viel dafür, dass der Täter ein muslimischer Schiit war, der zum christlichen Glauben konvertiert sein konnte, sagte der CDU-Politiker während der Pressekonferenz. Es gebe zudem Hinweise darauf, dass Mitschüler den Täter gemobbt haben sollen. „Dann ist die Sehnsucht nach einer vermeintlichen Stärke durch eine Radikalisierung da“, sagte der Bundesinnenminister. Das könne eine Erklärung für den Amoklauf sein.

Fazit

Das Thema an sich ist dabei keineswegs neu. Ähnlichen Diskussionen hat man bereits bei früheren Amokläufen in Winnenden 2009, davor Erfurt und Emsdetten geführt. So fordert de Maizière nun abermals eine Auseinandersetzung mit einem Thema, das Deutschland seit dem Amoklauf von Winnenden 2009 nicht mehr in einer breiten Öffentlichkeit geführt hat. Damals diskutierten Journalisten und Politiker ganze Monate über ein Killerspiel-Verbot.

Die These ist schon seit Diskusionsbeginn extrem umstritten. Es gibt sowohl Studien, die einen Zusammenhang zwischen Gewaltbereitschaft und Killerspielen herstellen – und jene, die das Gegenteil nachweisen. Im Bereich wissenschaftliche Studien fehlen weiter klare Belege dafür, dass Actionspiele Menschen zu Gewalttätern machen.

Zwar stimmt es, dass Minderjährige den deutschen Jugendschutz für Spiele via Internet leicht umgehen können, aber de Maizières grundsätzliche Meinung über den Einfluss der Spiele ist bei weitem nicht bewiesen. Medieninformatiker Maic Masuch forscht an der Uni Duisburg-Essen zur Wirkung von Computerspielen. Zu de Maizières Behauptung meint er: „Kein vernünftiger Wissenschaftler kann das mit einer solchen Sicherheit behaupten. Und wenn das kein Wissenschaftler kann, dann kann das auch kein Minister.“ Auch wenn de Maizière in einem Nebensatz vage sagt, „viele Studien“ zeigten, wie gefährlich die Spiele seien, fehlt seiner These eine klare empirische Grundlage.

Die Lage rund um Killerspiele ist viel zu komplex für einen platten politischen Slogan. Auch kam eine Langzeitstudie der Uni Bielefeld, für die seit mehr als 15 Jahren Jugendliche im Ruhrgebiet befragt werden, zu der Erkenntnis: „Der Konsum von Gewaltmedien führt erwartungsgemäß zu keiner direkten Verstärkung der Gewaltdelinquenz, allerdings zu einer Verstärkung von Einstellungen, die gewalttätiges Verhalten befürworten.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.