music.163.com
Screenshot von music.163.com. Die Suche nach Rihanna bringt alle aktuellen Singles zum Vorschein.

music.163.com: ist die Nutzung des Portals strafbar?

Stellt die Nutzung von music.163.com (NetEase Music) eine strafbare Handlung dar? Zweifelsohne wird dort alles angeboten, was man sich nur wünschen kann.

Zwei Videos über music.163.com haben bei YouTube einen riesigen Shitstorm erzeugt. Stellt die Nutzung von NetEase Music, besser bekannt als music.163.com, eigentlich eine strafbare Handlung dar? Zweifelsohne bietet das illegale chinesische Streaming- und Download-Portal alles an digitaler Ware an, was man sich als Musikfan nur wünschen kann.

Wir haben letzte Woche einen ausführlichen Ausflug zu den legalen als auch illegalen Streaming-Webseiten im Web unternommen. Der US-Anbieter Grooveshark ist bekanntlich seit der Niederlage vor Gericht weg vom Fenster. In Deutschland hat Simfy sein Angebot stark eingeschränkt und rät seinen Abonnenten die Nutzung des Mitbewerbers Deezer. Klar ist, dass Seiten wie Spotify.to zwar die Bedürfnisse der Surfer befriedigen, sie aber noch stark verbesserungswürdig sind.

Da kommt ein neuer Hype um eine chinesische Website im richtigen Moment. Die Medien bezeichnen music.163.com auch als NetEase Music. Christian Solmecke bemerkt in seinem Video zurecht, dort sei fast das komplette Musikrepertoire der Erde verfügbar. Die Lieder können dort angehört und mittels der hauseigenen Software kostenlos heruntergeladen werden. Bei SemperVideo wurden mit diesem Thema binnen weniger Tage über 63.000 Views generiert. Bei der Kölner Medienkanzlei ist es ebenfalls mehr als das Doppelte wie sonst. Das Interesse der Surfer an illegalen Downloads ist ohne Frage gigantisch. Der chinesischen Regierung ist bekanntlich alles recht, was der Industrie in Europa und den USA das Leben schwer macht. Das ist auch der Grund, warum immer mehr illegale Anbieter aus dem deutschsprachigen Raum China als Hauptsitz ihrer „Firma“ auswählen. Sie werden dort vor dem Zugriff der Behörden des Klassenfeindes geschützt.

Rechtsanwalt Christian Solmecke führt in seinem Video die Unterschiede zum P2P-Filesharing auf. Weil beim BitTorrent auch ein Upload stattfindet, könne es beim Transfer im Gegensatz zum chinesischen Lieferanten für MP3s zu Abmahnungen kommen. Das stimmt auch soweit, weil bei NetEase Music grundsätzlich kein Upload stattfindet. Nur weil es nicht zu Abmahnungen kommt, heißt das aber nicht, dass das Angebot deswegen legal wäre. Fraglich ist dabei aber, wie man die Nutzer verfolgen will. Für eine simple Handhabung bräuchten die Ermittler Vollzugriff auf die Server, die ja nicht zufällig außerhalb der EU untergebracht wurden.

Zudem führt man aus, es zähle vor Gericht das offensichtliche Fehlen der Legalität eines Web-Angebotes. Illegal sei es nur dann, wenn auch dem Dümmsten klar sein muss: „Hier darf ich mir nichts herunterladen.“ Zwar gibt es die Sprachbarriere, die eine Nutzung deutlich erschwert. Trotzdem sagt der Kölner Anwalt in seinem Video wenige Augenblicke zuvor, dass es bei music.163.com fast alles an Musik gäbe, was weltweit verfügbar ist.

Rechtslage in China für uns irrelevant

Ich frage mich: Was sonst könnte für ein illegales Angebot sprechen, außer, dass man für diese Masse an Songs nichts bezahlen muss?? Auch wird im Video leider nicht erwähnt, dass man durch den Download natürlich gegen geltendes deutsches Recht verstößt. Es spielt schlichtweg keine Rolle, ob das Online-Angebot in China möglicherweise erlaubt ist. Es ist in dem Zusammenhang auch völlig egal, ob man das Imitat einer teuren Armbanduhr aus dem Urlaub mitbringen darf. Mit Ausnahme von gemeinfreien oder CC-lizenzierten Liedern werden in Deutschland beim Online-Streaming stets Lizenzgebühren fällig. Auch wer die Werke zum Download anbietet, muss die Rechte daran besitzen, oder die Einnahmen mit den Rechteinhabern aufteilen. Bei einer Umsatzbeteiligung von 0,0 Dollar bzw. Yuan dürfte das schwer fallen.

Update: Der Rechtsanwalt Tobias Röttger hat heute seine lesenswerte Einschätzung bei InfoDocc veröffentlicht.

Für alle gängigen Desktop- und Smartphone-Betriebssysteme verfügbar: der Download-Client von music.163.com
Für alle Desktop-PC-, Tablet-PC- & Smartphone-Betriebssysteme verfügbar: der Download-Client von music.163.com

Downloadsoftware schon untersucht?

Es ist sehr fraglich, ob die Macher der beiden erfolgreichen YouTube-Videos die angepriesene Download-Software der Chinesen gründlich auf Schadsoftware untersucht haben. Ich wette meinen Monatsbeitrag für Netflix, das haben sie nicht. Sollte jemand Links zu einer Analyse von Antiviren-Herstellern finden, bitte hier in den Kommentaren posten. Danke! Bei Szenebox.org wird auf das Script „Netease Music Download“ hingewiesen für alle User, die sich beim chinesischen Musik-Allrounder weder anmelden noch den Download-Client installieren wollen. Natürlich ist auch dessen Anwendung mit Vorsicht zu genießen, obwohl der Quelltext einsehbar ist. Auch steht noch nicht zweifelsfrei fest, ob der Download mittels Script ohne Anmeldung gelingen kann.

Auch die Sprachprobleme sind lösbar. Bei Schwierigkeiten mit den chinesischen Menüs, sollte man zu einem der üblichen Übersetzungs-Plugins für den Browser seiner Wahl greifen. Der Quick Translator für den Firefox ist nur eine kostenlose Erweiterung von vielen. Tja. Und dann? Strafbar oder nicht? Meine Antwort ohne Jura-Examen lautet: Das Angebot ist ohne Zweifel illegal. Die zivil- wie strafrechtliche Verfolgung ist hingegen so gut wie ausgeschlossen. Da könnte im Höchstfall eine Netzsperre der Domain helfen, wenn überhaupt. Die Betreiber von music.163.com lassen sich nicht beeinflussen. Im Gegensatz zu Grooveshark ist es zudem unmöglich, sie vor Gericht zu zerren. Das kann man gut oder schlecht finden. An der Existenz des deutschen Urheberrechts ändert dies aber nichts.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.