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kino.to: Interview mit der Mutter aller Streaming-Portale

Das Streaming-Portal kino.to war in Deutschland lange Zeit eine der beliebtesten Seiten im Netz. Im Februar 2009 kam das Interview raus.

Das illegale Streaming-Portal kino.to war in Deutschland lange Zeit eine der beliebtesten Seiten im Netz. Im Februar 2009 wurde bei gulli.com exklusiv das einzige Interview mit den Betreibern veröffentlicht.

kino.to ist die Mutter aller Streaming-Portale

Im Gegensatz zur Pressemitteilung der GVU geschah dieses Interview auf meine private Initiative und nicht auf Anraten des Geschäftsführers der Inqnet GmbH (der Betreibergesellschaft von gulli). Die GVU versuchte über einen langen Zeitraum hinweg, die Hintermänner dingfest zu machen. Letztlich ist es der GVU im Sommer letzten Jahres gelungen, allerdings ist der Konsum von illegalen Mitschnitten dadurch nicht dauerhaft gesunken.

Lars Sobiraj: Wie ist es zur Entstehung von Kino.to gekommen? Wie viele Personen sind im Moment daran beteiligt und was sind deren Aufgaben?

kino.to: Zur Entstehung von Kino.to könnte man sicherlich viele Worte verlieren, aber letzten Endes ist das Projekt ein Kind seiner Zeit, nicht das erste seiner Art und sicherlich nicht das Letzte. In anderen Ländern gibt es weitaus größere Seiten, welche ein ähnliches System betreiben. Personen sind viele beteiligt. Von Anfang an lebte die Seite von der Mithilfe der User, welche Filme im Netz aufstöbern und uns die URL übermitteln. Seit dem Beginn hat sich natürlich viel geändert. So muss sich ein User heute zum Beispiel bewerben, um uns Adressen mitzuteilen, dennoch kommen am Tag so viele Verknüpfungen herein, dass wir nur schwer der Lage Herr werden. Zum engeren Kreis des Teams wollen wir uns verständlicherweise nicht äußern.

18.537 Serien, 6.333 Filme & 481 Dokumentationen

Lars Sobiraj: Das ist absolut nachvollziehbar. Aber wie viele Filme stehen bei euch derzeit zur Verfügung? Wo seht ihr die Vorteile eines Streams, anstatt den Film komplett herunterzuladen?

Sommer 2011: kino.to geschlossen

kino.to: Wie viele Filme und Serien aktuell zur Verfügung stehen, kann jeder auf unserer Seite sehen. Aktuell: 18.537 Serien, 6.333 Filme und 481 Dokumentationen.

Vorteile von Streams gibt es so viele wie Nachteile. Im Idealfall allerdings kann man den Film sofort betrachten und sich dem Film-Genuss hingeben. Handelt es sich um einen DivX Stream, so gibt es eigentlich keinerlei Nachteile, insbesondere dadurch, dass die Datei 1:1 in einem temporären Ordner abgelegt wird. Zudem kann man unter Windows auch eine Kopie über das Kontextmenü speichern.

Einen Nachteil haben oft Linux Benutzer, welche mit etwas Geschick, den Film lediglich herunterladen können, anstatt ihn als Stream zu sehen. Der wichtigste Vorteil jedoch dürfte darin bestehen, dass man keine Verbindung zu anderen P2P Usern hat, deren Motive womöglich bösartiger Natur sind. Und man nichts ahnend irgendwann böse Post erhält. Es gibt also nur noch einer Quelle, der man trauen muss. Ob man dies kann, muss selbstverständlich jeder mit sich selber ausmachen.

Lars Sobiraj: Die GVU teilte im Juli 2008 mit, sie würden jetzt angeblich gemeinsam mit der niederländischen Antipiraterievereinigung BREIN gegen euch vorgehen. Was ist daraus geworden?

kino.to: Direkt hatten wir keinerlei Kontakt oder spürten irgendwelche Auswirkungen dieser Drohung, jedoch zogen wir es vor kein unnötiges Risiko einzugehen und unseren Provider zu wechseln. Die ganze Aktion des Sommers scheint uns im Nachhinein betrachtet noch sinnloser, insbesondere nachdem eine große Torrent Seite wieder nach Holland zog und sich dort merklich wohl fühlt.

Lars Sobiraj: Das dürfte den Standpunkt von BREIN und der GVU nicht wirklich in einem besseren Licht erscheinen lassen. Aber mal ganz allgemein gefragt: Wie schützt ihr euch gegen Zugriffe der Content-Industrie und ihrer Helfershelfer?

kino.to: Unser Projekt hat mittlerweile viele Feinde gewonnen und so unliebsam wir vielen auch sind, verstoßen wir dennoch nicht gegen geltendes Recht unseres Landes. Denn wir selbst bieten nur Verknüpfungen zu File Hostern an, welche wiederum in regelmäßigen Abständen Nachricht von der „Content-Industrie“ erhalten und ordnungsgemäß darauf reagieren und die Dateien vom Netz nehmen. Lange Sätze kurzer Sinn, schützen können wir uns vor den Handlangern nicht. Obwohl wir dies immer gerne probieren. Aber mehr als sie kurzzeitig ärgern, schaffen wir nicht. Weil dadurch nur der Komfort der Seite leiden würde.

Lars Sobiraj: Ihr habt neben Serien und Dokumentationen auch ausnahmslos alle aktuellen Kinofilme im Angebot. Wofür interessieren sich die meisten Besucher? Wie oft sehen sich die Leute einen solchen aktuellen Kinofilm an? Wie lange dauert es vom Zeitpunkt der Premiere, bis der Film bei euch landet?

kino.to: Erfahrungsgemäß stehen die User vermehrt auf Kinofilme, allerdings kann man auch hier die Verkaufszahlen mit unseren Aufrufen gleichsetzen. Serien wie „Die Simpsons“ sind natürlich auch bei uns ein Dauerbrenner. Wir haben auf unserer Seite die Menüpunkte „Beliebteste“ für alle drei Kategorien, dort kann man sehen, wie oft sich unsere beliebtesten Filme angesehen wurden. Wie lange es dauert, bis der Film von der Premiere bei uns landet, ist unterschiedlich. Manchmal sind wir schneller, meistens dauert es nicht länger als 1 – 2 Tage.

Filmindustrie müsste Preise senken

Lars Sobiraj: Was glaubt ihr müsste die Filmindustrie tun, damit die Leute wieder mehr in die Lichtspielhäuser gehen würden? Die Preise an den Kinokassen reduzieren? Oder zeitgleich zur Premiere im Kino einen kostenpflichtigen Stream oder Download im Web anbieten, was derzeit illegal wäre.

kino.to: Wir sind keine professionellen Berater und der schwerfälligen Film Industrie aus ihrem vermeintlichen Tief zu helfen, ist sicherlich kein leichtes Unterfangen. Fest stehen dürfte jedoch, dass es schon sehr naiv von ihr war, den Problemen der Musik Industrie zuzuschauen und nicht daran zu denken, dass es ihr ähnlich, in Zeiten wachsender Bandbreiten, gehen würde. Fest steht ebenso, dass bei 7 Millionen Hartz IV Empfängern, die Preise für jegliches Medium definitiv zu hoch sind.

Ins Kino zu gehen oder das Auto halb oder sogar vollzutanken, eine Blue Ray oder einmal hin zu Aldi und den Einkaufswagen voll hauen. Das sind doch Fragen, über deren Antworten sich der Großteil unserer Bevölkerung keinerlei Gedanken machen muss. Die Lösung kann nur sein: Preise senken. Durch die Masse dürfte das auch nicht zu Verlusten führen.

Lars Sobiraj: Es bleibt abzuwarten, ob der Anteil der Konsumenten, der sich zunehmend Gedanken über seine Ausgaben machen muss, nicht künftig weiter ansteigt. Der Vertrieb von Sex erscheint dagegen absolut krisensicher zu sein. Es ist ja trotzdem sicherlich kein Zufall, dass ihr weder im Portal noch im Forum jegliche Pornofilme erlaubt. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen? Und womit ist sie begründet?

kino.to: Keine Pornos in unser Sortiment aufzunehmen, ist eine Entscheidung, welche sich im Laufe der Zeit als positiv erwies. Drei Argumente seien hier genannt:

a) Wer will schon einen ganzen Porno-Streifen sehen

b) Sind uns viele Eltern dankbar

c) Gibt’s Porno Clipseiten wie Sand am Meer, welche auch auf breiter Flur bekannt sind.

Kein eigenes Forum geplant

Lars Sobiraj: In eurem Forum: Wie viele Personen sind dort aktiv und um welche Themen drehen sich die meisten Diskussionen?

kino.to: Ein eigenes Forum gibt es nicht. Wir denken darüber nach demnächst ein Wiki online zu stellen.

Lars Sobiraj: Wo seht ihr die Zukunft? Die Anbindung der Handys wird von Zeit zu Zeit immer besser – wird man euer Programm eventuell irgendwann in einem handytauglichen Format sehen können? Oder werden die Filme künftig eher auf tragbaren Spielkonsolen als auf dem heimischen Fernseher betrachtet?

kino.to: Zum Thema Handys: Wenn die Zeit reif ist! Kompatible Formate bieten wir jetzt schon. Nur bieten die Provider keine Flatrates, deren Name wirklich gerechtfertigt ist. Spielkonsolen sind schon immer, allein aus persönlichem Interesse, in unserem Blickfeld gewesen. Die PS3 ist hier klar unser Favorit. Wohingegen wir die Wii erst mal verworfen haben. Tragbare Spielkonsolen? Möglich.Screenshot von kino.to

Lars Sobiraj: Dann wünsche ich euch weiterhin viel Erfolg beim Versteckspiel mit der Filmindustrie und natürlich auch in Zukunft viele Besucher auf eurer Webseite !

Quelle des Interviews: gulli.com

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.