Meine Suche nach einem neuen VPN

Hide.me

Hinter Hide.me steckt eine malaysische Firma namens „eVenture Ltd.“. Entgegen anderer VPN-Anbieter will man hier wohl genauso anonym wie die User sein. Denn sehr viel habe ich über die Hintergründe der Firma, die verantwortlichen Personen oder die Firma an sich nicht herausgefunden. Lediglich zum Gründer, Sebastian Schaub, gibt es ein paar Artikel wie diesen hier. Der Standort Malaysia ist ein halb sympathisches Durcheinander aus einem Land mit „unvollständiger Demokratie“, „schwieriger Pressefreiheit“ und einem Freiheitsindex von „teilweise frei“. Aber wenigstens geht man von einem stabilen Staat aus und Malaysia gilt als „privacy safe haven“, da es weder den 5, 9 oder 14 Eyes-Ländern angehört. Nur die engen Beziehungen zu China werden manchmal als kritisch bewertet.

Hide.me gehört nicht zu den ganz bekannten Anbietern, ist aber bereits knapp neun Jahre am Markt und deshalb kein Branchenneuling mehr. Obwohl immer wieder positiv erwähnt wird, dass Hide.me komplett deutschsprachig ist und es sogar deutschsprachige Mitarbeiter bei Hide.me gibt, ist der Anteil der Besucher aus Deutschland relativ klein. Erstaunlicherweise scheint der Anbieter aber bei Indern sehr beliebt zu sein. Die drei Missions-Ziele sind: neben kostenpflichtigen auch ein kostenloses Angebot, damit jeder einen VPN nutzen kann. Hohe Performanz, damit man quasi nichts von der Nutzung eines VPN im Alltag bemerkt und ihn daher immer nutzt. Und eine einfache Bedienung, damit VPN einer möglichst großen Nutzergruppe zur Verfügung steht und nicht nur Techno-Nerds. Man ist also scheinbar auf einer Mission, die Anonymität im Netz befördern soll. Das zeigt auch der Umstand, dass immer wieder Audits oder Transparency-Berichte betont werden. Ja man ist wohl auch stolz darauf, mit der erste Anbieter zu sein, der Audits oder Transparency-Berichte überhaupt durchgeführt hat. Allerdings ist das einzige mir bekannte Audit von 2015 und eine kritische Rückfrage in der eigenen Community wurde bis heute nicht beantwortet.

Aber nun zu meinen Ergebnissen:

(W/O ist wie üblich der Speed ohne VPN)

Wie vielleicht nicht auf den ersten Blick erfasst werden kann, hat Hide.me verschiedene Preismodelle. Man kann ein Abo auf der Webseite machen und hat dann unlimitierten Traffic auf bis zu 10 Geräten gleichzeitig. Oder man schließt ein Abo in der Smartphone-App ab, zahlt u.U. dann deutlich weniger, kann diesen vom Traffic her ebenfalls unlimitierten Tarif aber nur auf diesem einen Gerät nutzen. Oder man nutzt Hide.me kostenlos und hat neben diversen Einschränkungen auch begrenzt Traffic (10GB pro Monat pro Gerät) und nur bestimmte Server zur Verfügung. Aber egal welchen Tarif man auch nimmt, der Speed war bei mir immer sehr gut, auch wenn die Leitung nie ganz ausgereizt wurde. Selbst bei ausländischen Servern waren Up- und Download durchweg top, nur der Ping ging mit der Entfernung des Servers etwas hoch. Die Desktop-App misst den Ping übrigens auch und zeigt ihn in der Serverliste an:

Dabei sind die Werte durchaus zuverlässig und auch für alle Server immer vorhanden. Da gab es oben ja einen Kandidaten, bei dem das überhaupt nicht funktioniert hat. Schön ist hier auch, dass man sich Favoriten unter den Servern anlegen kann. Allerdings kommen wir hier dann auch schon zu einem merkwürdigen Punkt. Der Anbieter wirbt mit 2000+ Servern in 75+ Locations. Länder sind jedoch nicht Locations, d.h. wenn man in einem Land in zwei Städten Verbindungspunkte hat, sind das zwei Locations. Also liegt die Zahl der Länder, in die man sich verbinden kann, deutlich unter „75+“. Aber selbst dann verstehe ich nicht, wie ich die „2000+“ Server überhaupt nutzen kann. Auch die Support-Seiten geben nur an, wie man Locations wechseln kann, nicht den spezifischen Server.

Aber vielleicht wird hier auch im Hintergrund rotiert, denn Netflix erlaubte den Zugriff, ebenso das von mir verwendete Testforum. Der BBC iPlayer erkannte den VPN aber und verweigerte das Abspielen. Das kann aber auch nur ein temporäres Problem gewesen sein, da man vielfach lesen kann, dass andere Tester den iPlayer problemlos nutzen konnten. Und auch wenn ich die Server durchweg auf ein paar Blacklists gefunden habe, technisch waren sie wohl gut aufgesetzt, denn die DNS-Server passten in meinen Versuchen immer zur Server-Location des VPN und leakten nicht. Einen Ad-Blocker gibt es nicht, aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass ein separater Ad-Blocker, zum Beispiel als Browser-Erweiterung deutlich flexibler einzusetzen ist.

Positiv finde ich durchweg die Apps, egal ob unter Windows oder auf Android. Sie liefen stabil, die Verbindungen wurden schnell hergestellt und das Ziel des Anbieters, dass man die Verwendung des VPN im Alltag nicht spürt, hat bei mir weitestgehend geklappt. Nur selten spürte ich den schlechten Ping, allerdings nur, wenn ich mich manuell auf einen entfernten Server verbunden hatte. Auch die Einstellungen sind umfangreich und dennoch verständlich dargestellt. Hier nur ein kleiner Einblick:

Das Icon im Windows-Tray hat mir besonders gut gefallen. Da gibt es ja teilweise grauenvolle Umsetzungen bis hin zu einem schwarzem Icon auf fast schwarzem Grund. Das Icon von Hide.me kann man hingegen in den Einstellungen farbig gestalten, was dann so aussieht:

Verbunden: image

Nicht verbunden: image

Verbindung wird ab- oder aufgebaut: image

Fazit: Hide.me gefällt mir gut. Die Performance ist gut, die Technik wirkt ausgereift und der Anbieter fiel mir bisher nicht durch dubiose Skandale auf. Die Anzahl der Server und Locations ist umfangreich, wenn auch nicht die beste Auswahl am Markt. Und die Features reichen von Wireguard über Kill Switch bis hin zu Split Tunnel und sind somit als umfangreich bzw. state-of-the-art zu bezeichnen. Auch Dual Stack (v4 und v6) wird unterstützt. Ich hatte über den gesamten Testzeitraum von über einem Monat nie Probleme mit dem Service. Manchmal vergaß ich sogar, dass ich ihn überhaupt nutzte.

Neben der Frage, wo die 2000+ Server sein sollen, stimmt mich aber auch die fehlende Transparenz der Betreiberfirma skeptisch. Auch der Preis, der selbst bei Aktionen mit langer Laufzeit selten unter 5 Euro geht, ist relativ hoch. Dafür gehört Hide.me aber auch nicht zu den zweifelhafte Anbietern wie ExpressVPN oder NordVPN, die in meinen Augen ein viel zu aggressives Marketing betreiben (Stichwort „Testsieger“). Hide.me wird hingegen oft das Verlinken von positiven Reviews vorgeworfen. Aber wer wäre nicht stolz auf gute Reviews und wer betreibt kein SEO? Kritisch finde ich lediglich die Superlativen auf der Homepage. So ist Hide.me z.B. nicht wirklich „der schnellste VPN“, hat dieses Prahlen aber aufgrund seiner durchweg tadellosen Performance gar nicht nötig. Schön ist hingegen, dass die Homepage keine Fremdtracker einsetzt, ebenso wie die Android-App.

Bezüglich der No-Logs-Policy könnte man höchstens noch skeptisch werden, weil Hide.me schließlich sowohl eine Begrenzung auf 10 Verbindungen hat, als auch im Free-Tarif das Datenvolumen beschränkt. Das sind alles Daten „per User“, also muss man hier wenigstens Zeitweise schon etwas loggen. Dazu kommt noch, dass Hide.me meines Wissens keine eigenen Server besitzt und sie lediglich sorgfältig auswählt, betreibt bzw. deren Sicherheit gewährleistet. Was auch immer das bedeuten mag.

Zusammenfassend ist Hide.me für mich durchaus ein interessanter Kandidat (allerdings hatte ich kürzlich eine recht miese Erfahrung mit dem Support). Technisch fand ich die App ebenso angenehm zu bedienen wie jene von Mullvad. Dafür bekam ich deutlich mehr Locations, zu denen ich mich verbinden konnte. Hinsichtlich Vertrauen haben für mich jedoch noch immer Anbieter wie Mullvad oder OVPN einen Vorsprung.

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