Facebook: Werden Emotionen der Nutzer für zielgerichtete Werbung verwendet?

Facebook: Werden Emotionen der Nutzer für zielgerichtete Werbung verwendet?

Eine vertrauliche Facebook-Analyse beschreibt, wie das soziale Netzwerk die Gefühlslagen seiner jungen Nutzer zu Werbezwecken analysierte.

Laut einem gestern veröffentlichten Bericht der Tageszeitung The Australian, würde Facebook Jugendlichen genau dann zielgerichtete Werbeanzeigen präsentieren, wenn diese sich in einer, für Teenager typischen, labilen Situation befinden. In Australien soll Facebook Algorithmen genutzt haben, um diese Gefühlslagen zu erkennen und entsprechend werbewirksam umzusetzen.

Der Bericht, der auf einem 23-seitigen vertraulichen internen Facebook-Dokument (Confidential: Internal Only) basiert, behauptete, dass durch die Überwachung von Beiträgen, Posts, Bildern, Interaktionen und Internet-Aktivitäten in Echtzeit, Facebook-Algorithmen „Momente identifizieren können, wenn junge Menschen einen Vertrauensschub brauchen“. Werbetreibende könnten diese schwachen Momente gezielt für sich nutzen, heißt es laut Australien in dem Dokument.

Facebook sammelte in diesem Schriftstück psychologische Einblicke von 6.4 Millionen Schülern und Studenten in Australien und Neuseeland. Die Autoren des Berichts sind zwei australische Facebook-Manager. Screenshots, die das Dokument zeigen, veröffentlichte The Australian nicht.

Laut dem Dokument könne Facebook anhand des Nutzungsverhaltens genau feststellen, wann junge Leute sich „gestresst“, „besiegt“, „überwältigt“, „ängstlich“, „nervös“, „dumm“, „nutzlos“ fühlen oder einen „Misserfolg“ feststellen. Das Unternehmen ermöglicht es Werbetreibenden, Benutzer auf der Grundlage ihrer algorithmischen Auswertung, passgenau auf deren Wohlbefinden zu zielen.

Wenn also die eingesetzten Algorithmen zur Zielgruppen-Analyse anhand Auswertungen der aktuellen Nutzungsweise und der geposteten Inhalte zu der Ansicht kommen, dass ein Jugendlicher gerade mit starken Selbstwert-Problemen zu kämpfen hat, blenden sie genau in diesem Moment Werbung für bestimmte Status-Produkte ein, die das Versprechen einer Status-Aufwertung in sich tragen. In dem Dokument ist auch zu lesen, dass die jungen Nutzer zum Ende der Woche stärker ihre Gefühle reflektieren; das Wochenende werde vor allem dazu genutzt, Erfolge zu teilen.

Kritiker in Australien bewerten die Analyse als ethisch äußerst fragwürdig. Solche Gemütslagen auszunutzen, um Produkte zu verkaufen, führte natürlich zu einer regelrechten Empörung. Entsprechend zügig hat die kalifornische Konzernzentrale von Facebook auch ein Dementi veröffentlicht. Auf Nachfrage des Australian entschuldigte sich Facebook zunächst und kündigte eine Untersuchung an. In einem Statement heißt es, der Artikel des Australian sei irreführend: „Facebook bietet keine Tools an, um Nutzer basierend auf ihrem emotionalen Zustand anzusprechen“. Die Analyse sollte Vermarktern lediglich zeigen, wie sich die Nutzer auf Facebook „ausdrücken“. Die Informationen seien nie dazu gedacht gewesen, Werbeanzeigen zu personalisieren.

Allerdings wurde eingeräumt, dass entsprechende Analysen durchaus zu Forschungszwecken durchgeführt wurden. Hierbei habe man mit anonymisierten Daten gearbeitet. Das Ziel hierbei sei es gewesen, Werbetreibende zu einem besseren Verständnis der Nutzer zu verhelfen. Konkrete Beispiele, die daraus resultierten und auch in der Broschüre auftauchten, seien aber komplett fiktiv gewesen.

Bildquelle: nastya_gepp, thx! (CC0 Public Domain)

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.