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Buchpiraten nun bei Diaspora und im Usenet: Spiegelbest hat gewechselt

Der Nachfolger von Torboox verlagerte seine Aktivitäten auf das Usenet in Kombination mit Diaspora. Beides können die Verlage nicht kontrollieren.

Der illegale Vertrieb von E-Books baut nun auf eine Kombination aus den dezentral organisierten Binärbrettern des Usenet und des sozialen Netzwerks Diaspora auf. Spiegelbest hatte diesen Schritt ja angekündigt. Beides können Verlage oder Anti-Piracyfirmen schlecht bis gar nicht kontrollieren. Doch statt wie ein Goldesel zu fungieren, sollen die Leser lediglich die Werke bezahlen, die sie selbst DRM-befreit haben wollen. Damit erübrigt sich im Gegensatz zu Torboox die Zahlung von monatlichen Beiträgen. Wer sich umschaut, stellt schnell fest, dass es an Usenet-Providern neben UseNext und Firstload zahllose preiswerte Alternativen gibt. Doch es geht auch umsonst.

Natürlich ist das Usenet bei weitem nicht so populär wie Filehoster. Dafür gehen bei den Filehostern nach Berücksichtigung des DMCA andauernd E-Mails von Rechteinhabern ein, die eine Löschung ihrer Werke verlangen. So war es beispielsweise bei den ganzen Abuse-Mails bisher unmöglich, das komplette Archiv von TorBoox bei einem Filehoster länger als für ein paar Stunden online zu halten.

Der Binärbereich vom Usenet ist weitaus weniger populär, doch das stört Spiegelbest und seine Mitstreiter nicht. Wer etwas im Usenet herunterlädt, muss zumindest mit keiner Abmahnung rechnen. Das kann man von ungeschützten Peer-to-Peer-Transfers nicht sagen. Wer via BitTorrent oder mit einem anderen Filesharing-Tool an Transfers teilnimmt, spielt zumindest in Deutschland russisch Roulette. Wer verliert, erhält eine Abmahnung. Irgendwann ist bei populären und zudem urheberrechtlich geschützten Werken jeder einmal dran.

Das Usenet ist kostenpflichtig? Jein!

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Nach vorheriger Registrierung per E-Mail gibt es zum Beispiel bei XS Usenet aus Schweden einen kostenlosen Zugriff auf die Binärbretter, allerdings sind die Dateien dort nur für 10 Tage verfügbar. Danach kann man sie nur mithilfe eines kostenpflichtigen Usenet-Providers beziehen. Eigentlich ist das Usenet nicht viel anders, als herkömmliches Filesharing via P2P. Statt des Magnet-Links (ehemals Torrent-Datei) gibt es hier NZB-Dateien, die man von Usenet-Suchmaschinen (statt Torrent-Suchmaschinen) bezieht.

Wer einen Usenet Client installiert hat, übergibt die NZB-Datei lediglich dem Programm, dieses erhält dann alle für den Download nötigen Informationen. Nach Abschluss des Transfers wird das Archiv bei vielen Clients automatisch entpackt. Abuse-Mails gibt es auch hier. Allerdings passiert dies bisher eher selten, weil das Usenet hierzulande weitaus weniger bekannt ist. Manche Foren haben sich darauf spezialisiert, ihre Releases unter merkwürdig aussehenden Namen zu veröffentlichen. Unter dem Begriff 1.34.54.4.2.1  etc. sind die Filme, Musikalben etc. bei NZB-Suchmaschinen natürlich nicht auffindbar. Dafür und für das korrekte Passwort des Archivs würden die Mitarbeiter der Anti-Piracyfirmen einen gültigen Account in einem geschlossenen Usenet-Forum benötigen. Das ist natürlich kein perfekter Schutz vor einer Löschung der Dateien. Doch wie gesagt: Die Usenet-Filesharer fliegen zumeist unterhalb des Radars der privaten Ermittler.

Diaspora erlaubt anonyme Accounts

usenet-no-placeAuch Diaspora ist dezentral organisiert. Je nach Wunsch kann man dort anonym bleiben. Im Gegensatz zu Facebook oder Google Plus gibt es keinen zentralen Einwahlpunkt. Man kann sich also einen Einwahlpunkt in Schweden, der Ukraine oder der Schweiz etc. aussuchen. Mich hat es nach Poddery.com verschlagen. Der Server war bisher stets online, das Netzwerk konnte ausnahmslos schnell und flüssig bedient werden. Eine Liste von Diaspora Pods ist hier verfügbar. In der Liste wird auch vermerkt, in welchem Land die Server stehen.

Wer Facebook gewohnt ist, wird sich bei Diaspora nach wenigen Minuten zurecht finden. Die jetzige Version von Diaspora erinnert einen an Zuckerbergs soziales Netzwerk aus früheren Zeiten. Vorteil: Man darf ein Pseudonym benutzen. Werbung bleibt aus. Auch erhält man im Zweifel keine Anfrage des Pod-Betreibers. Niemand muss sich mit der Kopie seines Ausweises beim Betreiber identifizieren. Natürlich gibt es hier einige Features nicht, die man schon von Facebook gewohnt ist. Wie auch bei Facebook kann man nach speziellen Themen suchen. Einfach nach einem Begriff mit # davor suchen, fertig. Neue User stellen sich mit #neuhier vor. Übrigens: Wer die Buchpiraten mit im Stream haben will, verknüpft sich mit spiegelbest@poddery.com.

Ob die neue Initiative der Buchpiraten erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Mit dem Usenet und Diaspora hat man für Anfänger gleich zwei Hürden aufgestellt, die sie nehmen müssen. Doch einige Leser sind schon dem Ruf der E-Books gefolgt. Wer mich bei Diaspora kontaktieren möchte, einfach nach ghandy@poddery.com suchen!

Bild oben: Buchcover des Verlags O’Reilly von Alexandre Dulaunoy. – CC-BY-SA/2.0

Bild links: There’s no place like my own IP von yardcycleit. – CC-BY-SA/2.0

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.